Pfarrnachrichten 52/2015 - 4. Advent und Weihnachten (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Zum Zeichen dafür, dass bei Gott nichts unmöglich ist, hatte Maria vom Engel Gabriel erfahren, dass ihre „Verwandte Elisabet noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen hat. Obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat.“ (vgl. Lk 1,36 f)

Dann lesen wir bei Lukas, und es wird uns als Evangelium am vierten Adventssonntag vorgetragen, dass sich Maria „nach einigen Tagen auf den Weg machte. Sie eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.“

Ganz Ähnliches wird uns Heilig Abend vorgetragen. Nachdem Engel den Hirten die große Freude über die Geburt Jesu, des Retters und Messias verkündet hatten, sagten die Hirten zueinander: „Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ.“ Und Lukas berichtet weiter: „So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.“ (vgl. Lk 2,10-16)

Schon die Kirchenväter haben hingewiesen auf die parallele Erzählstruktur: Wie Maria so eilen auch die Hirten zum Ort des heiligen Geschehens. Mit dieser Doppelung lädt Lukas jeden ein, es Maria und den Hirten gleich zu tun.

Wie damals in dem ärmlichen Stall, so möchte Gott auch in unsere arme Seele einziehen und sie hell erleuchten und mit seiner Liebe erfüllen, wie damals jene arme Behausung.

Von Herzen wünsche ich Ihnen und den Ihrigen ein gesegnete Weihnachtsfest und Gottes reichen Segen im Neuen Jahr!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 51/2015 - 3. Advent - Jahreskreis (C)

Johannes der Täufer, Anton Raphael Mengs 1728-1779, St. Petersburg-Eremitage

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Dem heutigen Evangelium am dritten Adventssonntag gehen in Anlehnung an das Alte Testament (vgl. Jes 40,3-5) deutliche Predigerworte von Johannes dem Täufer voraus (Lk 3,4f): „Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden.“

Diese Aufforderung dient einem klaren Ziel (Lk 3,6): „Und alle Menschen werden das Heil sehen, das von Gott kommt.“

Das Volk zog tatsächlich, wie Lukas es formuliert (Lk 3,7), „in Scharen zu ihm hinaus, um sich von ihm taufen zu lassen.“ Die Menschen schrecken auch nicht zurück, als Johannes ihnen ungeschminkt vorwarf (Lk 3,7-9): „Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen, und fangt nicht an zu sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen. Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.“

Nun finden Menschen es überraschenderweise gar nicht so falsch, wenn sie wie aus heiterem Himmel und ganz unerwartet punktgenau auf ihr Fehlverhalten angesprochen und dabei sogar kräftig beschimpft werden. Gewöhnlich verteidigen wir uns; und wir rechtfertigen unser Verhalten. Johannes aber lässt seinen Zuhörern und damit auch uns keine Chance dazu. Dadurch begreifen sie und wir, dass all die vielen Gründe für ihr und unser Verhalten am Ende dort nicht stichhaltig sind, wo wir uns verfehlt haben.

Johannes der Täufer lässt den Menschen, Gott sein Dank, keine andere Chance, als zutiefst aufrichtig mit sich und der Realität umzugehen und wieder dahin zurückzufinden. „Was sollen wir also tun?“, fragen sie ihn (Lk 3,10).

Johannes lässt mit seiner Antwort nicht warten und wird überraschend konkret (Lk 3,11): „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“

Es kommt zu einer weiteren Überraschungen, weil sogar die vom Volk verhassten Zöllner und Soldaten mit derselben Frage zu ihm kamen (Lk 3, 12-14): „Meister, was sollen wir (denn) tun?“ Den Zöllner antwortete Johannes (ibid.): „Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist“ und den Soldaten (ibid.): „Misshandelt niemand, erpresst niemand, begnügt euch mit eurem Sold!“

Die Antwort des Johannes fällt handfest und praktisch aus: Teilt, was ihr habt! Gebt großzügig, was ihr besitzt! Teilt und gebt, damit eure Mitmenschen nicht verachtet und unterdrückt werden; und auch nicht alleine bleiben und vereinsamen.

Johannes klopft keine frommen Sprüche. Er nimmt die Illusion, sich mit Frömmigkeitsleistungen bei Gott etwas kaufen zu können. Er spricht sich damit nicht grundsätzlich gegen jede Art von Frömmigkeit aus. Im Gegenteil. Johannes ist ja in die Wüste gegangen, um zu fasten und zu beten. Beten und Fasten sind unverzichtbar. Nur durch Beten und Fasten können wir erkennen, wie barmherzig Gott im Himmel mit uns verfährt.

Daraus erwächst die Kraft, es Gott nachzutun und mit jedem unserer Mitmenschen barmherzig zu sein. Nicht irgendwo in der Wüste, weit weg von unserem gewöhnlichen Leben, sondern mitten in unserem normalen Alltag. Mit der ehrlichen Frage der Menschen von damals: „Meister, was sollen wir tun?“ und den Antworten des Johannes (s.o.) werden auch wir verstehen, wo wir uns mit Gottes Hilfe verändern und mit seiner Unterstützung wieder zu unserem wahren Sein und zu einer ehrlichen Lebensweise zurückkehren sollen. Dann werden (s.o.) „alle Menschen das Heil sehen, das von Gott kommt.“

Teilen wir unser Geld mit anderen? Unseren Überfluss? Unsere Zeit? … und unser Leben mit denen, die auf unsere Liebe angewiesen sind?

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 50/2015 - 2. Advent - Jahreskreis (C)

Johannes der Täuer von El Greco

Liebe Mitchristenm und Freunde von St. Pantaleon!

Der zweite Adventssonntag kündet besondere Ereignisse an, die den vor uns liegenden Weg der Einstimmung auf Weihnachten säumen.

Am Dienstag, dem 8. Dezember begehen wir das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Bislang hat unsere Novene zur Einstimmung und Vorbereitung auf diesen Festtag bei denen, die mit dabei waren, sehr guten Anklang gefunden.

Am 8. Dezember beginnt zugleich das  das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Es dauert bis zum 20. November 2016. – Das Thema der Barmherzigkeit liegt Papst Franziskus besonders am Herzen. Auch das von ihm ausgerufene außerordentliche Heilige Jahr soll sich in besonderer Weise mit der Barmherzigkeit beschäftigen.

Auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz wird dazu erklärt: Die Barmherzigkeit soll während des Heiligen Jahres wieder neu in das Bewusstsein der Gläubigen gerückt werden. Dazu schreibt der Papst in der Ankündigungsbulle zum Heiligen Jahr: „Es gibt Augenblicke, in denen wir aufgerufen sind, in ganz besonderer Weise den Blick auf die Barmherzigkeit zu richten“ (MV 3)

Papst Franziskus hat am 13. März 2015 im Petersdom dieses außerordentliche Heilige Jahr angekündigt. Die Tradition des Heiligen Jahres geht auf eine hebräische Tradition zurück, so erfahren wir auf der oben genannten Internetseite. Das „Jubeljahr“ oder „Jubiläum” war ein besonderes Heiliges Jahr, das alle 50 Jahre begangen wurde. Das „Jubeljahr“ sollte die Gleichheit zwischen allen Söhnen und Töchtern Israels wiederherstellen, indem es den Sippen, die ihren Besitz und sogar die persönliche Freiheit verloren hatten, neue Möglichkeiten eröffnete. Die Reichen hingegen erinnerte das Jubeljahr daran, dass die Zeit gekommen war, wo die israelitischen Sklaven, die ihnen wieder gleich geworden sind, ihre Rechte würden einfordern können. „Nach dem Gesetz Israels bestand die Gerechtigkeit vor allem in der Beschützung der Schwachen” (Papst Johannes Paul II. in Tertio Millennio Adveniente 13).

Der Brauch, außerordentliche Jubiläen auszurufen, geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Im vergangenen Jahrhundert geschah dies zweimal: 1933 feierte Pius XI. den 1900. Jahrestag der Erlösung und 1983 – 50 Jahre später – erinnerte der hl. Papst Johannes Paul II. an die 1950 Jahre, die seit der Kreuzigung Christi vergangen waren. Die katholische Kirche hat dem hebräischen Jubeljahr eine mehr geistliche Bedeutung gegeben. Sie besteht in einer umfassenden Vergebung und der Einladung, die Beziehung mit Gott und den Mitmenschen zu erneuern. Damit ist ein Heiliges Jahr stets ein Anlass zur Vertiefung des Glaubens und zu einem erneuerten Lebenszeugnis aus dem Glauben.

Zur Eröffnung des „Heiligen Jahres des Barmherzigkeit“ wird an den päpstlichen Basiliken in Rom eigens eine Heilige Pforte geöffnet, um hiermit die Erfahrung von Vergebung und Barmherzigkeit zu verbinden. Wie in allen Bistümern der Weltkirche wird es auch im Erzbistum Köln eine Heilige Pforte geben, am Kölner Dom.

Das Heilige Jahr wird in Rom am Vormittag des 8. Dezember 2015 eröffnet. Am gleichen Tag wird unser Erzbischof, Kardinal Woelki, im Rahmen eines Pontifikalamtes um 18:30 Uhr die Heilige Pforte am Kölner Dom feierlich öffnen. Hierzu sind alle Gläubigen, Priester, Diakone und alle im Pastoralen Dienst Tätigen herzlich zur Mitfeier eingeladen (vgl. Aushang)!

Zeitgleich werden wir an diesem Tag um 18.30 Uhr unsere Novene feierlich beenden. Dom oder St. Pantaleon; das ist ganz Ihre Sache.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 49/2015 - 1. Advent - Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Mit dem ersten Adventsonntag beginnt das neue Kirchenjahr. Wie an Sylvester liegt es nahe, Neues zu erwarten, mit dem uns das beginnende Jahr überraschen will.

Von daher ist der Advent eine Zeit voller Hoffnung. Das Alte ist vergangen. Mit Gottes Barmherzigkeit und seiner Gnade können wir es für immer hinter uns lassen. Anders als bei den sonst üblichen Neujahrswünschen können wir gewiss sein, dass Gott unsere Hoffnung nicht ins Leere gehen lässt.

Zwischen dem Jahreswechsel des Kirchen- und dem des Kalenderjahres besteht in der Tat ein himmelweiter Unterschied. Aus eigener Erfahrung können wir abschätzen, wie oft Menschen gehofft haben, dass mit dem Neuen Jahr vieles anders werde. Aber kaum war der Sylvester-Kater ausgeschlafen, stand das Alte schon wieder vor der Tür.

Mit Gott ist das anders. Jesus erklärt es in Bildern und Worten, die vom Ende sprechen, das einmal über diese Welt kommen wird (Lk 21,25-27): „Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen.“

Es sind Worte und Bilder, die auf den ersten Blick alles andere als Hoffnung vermitteln. Was kann uns noch Halt geben, wenn selbst „die Kräfte des Himmels erschüttert werden“?

Diese Worte sind nicht pädagogisch zu verstehen. Das Ende der Welt wird wirklich kommen. Naturwissenschaftlich lässt es sich übrigens genau berechnen. Auch wenn das noch Zeit hat, sollte es uns berühren; denn das Ende der Welt hat mit dem Neuen zu tun, das Gott uns am Ende des Kirchenjahres schenken möchte.

So wie am jüngsten Tag der „Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit“ unaufhebbar wiederkommt, so will er Weihnachten in unserem Herzen aufleben, Mensch werden und uns vergöttlichen. Das gehört zum Wesentlichen des christlichen Glaubens: Gott ist vom Himmel auf Erden gekommen und Mensch geworden, damit wir als Menschen in und durch unser Leben auf Erden den Himmel finden. So werden wir Anteil erhalten an Jesu göttlicher Natur: „consors divinae naturae“, wie der Heilige Petrus (2. Petr. 1,4) es ausdrückt.

Diese Hoffnung ist nicht auf Sand, sondern auf Gott gebaut. Und was das Gute betrifft, „ist für Gott nichts unmöglich.“ (vgl. Lk 1,37).

Deshalb gibt Jesus seinen aufrüttelnden Worten vom Ende, dass „Völker bestürzt und ratlos sein werden“, eine überraschende Wendung: „Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe“ (Lk 21,28).

Die am Ende Bestürzten und Ratlosen sind die, die immer nur an sich selber glauben. Wohl haben auch sie einmal auf grundlegende Veränderung ihres Lebens gehofft, zu der sie aus eigener Kraft aber nicht in der Lage sind. Solange sie nur an sich glauben, müssen sie mit dem zufrieden sein, was ihnen möglich ist.

Für den Gläubigen, der gewöhnlich ein nüchterner Realist ist, ist das zu wenig. Der Herr bringt es auf den Punkt (Lk 21,34f): „Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, so, wie man in eine Falle gerät.“

Trunkenheit und nicht viel anders rauschhafter Erfolg im Beruf und im gesellschaftlichen Leben betäuben nur. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Um sie zu erfassen und um zu begreifen, „wo wirklich die Glocken hängen“, empfiehlt der Herr (Lk 21,36): „Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.“

Die fast ausschließlich auf irdischen Gewinn ausgerichtete Weihnachtsindustrie kann dem Gläubigen dabei sogar hilfreich sein. Weihnachtslieder, Tannenbäume, glitzernde Lichter und Lametta, die in den Kaufhäusern, Supermärkten und Shoppingmeilen das einträgliche Weihnachtsgeschäft optimieren sollen, können nachdrücklich daran erinnern, Gott zu danken, ihn anzubeten, ihn um Vergebung und aufbauende, d.h. verwandelnde Gnade zu bitten.

Der Heiligen Josefmaría Escrivá bringen es wie folgt auf den Punkt: „Zuerst ein Stoßgebet, und dann noch eins, und noch eins ... bis einem das ungenügend erscheint, weil Worte unzureichend sind ... und man lässt der Vertrautheit mit Gott freien Lauf, ist bei ihm, schaut auf ihn, beständig und mühelos. Wir leben dann wie Gefangene, gleichsam in Ketten. Während wir, bei all unseren Fehlern und Unzulänglichkeiten, so vollkommen wie möglich die Aufgaben und Pflichten unseres Standes erfüllen, sehnt sich die Seele nach Befreiung. Sie drängt zu Gott hin, angezogen von ihm wie das Eisen vom Magneten. Wir beginnen Jesus auf eindringlichere Weise zu lieben, in seliger Bestürzung.“

Das im Advent und darüber hinaus von Gott geschenkte Neue und Verwandelnde unterscheidet sich dann immer weniger von dem, was uns definitiv am Ende erwartet.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 48/2015 - 34. Sonntag im Jahreskreis (B)

Christus König - Monreale, Dom, Parlermo, Sizilien (public domain)

Zum CHRISTKÖNIGSSONNTAG:

Der sogenannte Christkönigssonntag gehört zu den Hochfesten. Er ist jedoch auch im Leben der Christen, die regelmäßig den Gottesdienst besuchen, nicht sehr präsent. Das Fest gibt es erst seit 1925. Das war eine Zeit, in der viele alte Königreiche zerfielen. Christus dagegen, der einzig wahre König bleibt.

Unmittelbarer Anlass für die Einfügung dieses Festes in den Jahreskalender der Kirche durch Papst Pius XI. war die Erinnerung an das erste Konzil von Nizäa (325). Mit seiner Enzyklika Quas Primas vom 11. Dezember 1925 verband dieser Papst die Feier zum 1.600-jährigen Jubiläum des frühkirchlichen Konzils mit der Einführung des Christkönigssonntags.

Zum Konzil von Nizäa hatte vor 1.690 Jahren der römische Kaiser Konstantin eingeladen. Auf diesem bedeutenden Konzil haben namhafte Kirchenvertreter der Antike das große Glaubensbekenntnis (das „Credo“) formuliert, das wir noch heute beten. In diesem Bekenntnis wird zusammengefasst, was wir glauben und wer Jesus ist.

Das Christkönigsfest knüpft daran an. Zuerst wurde es im Oktober gefeiert. Als im Zweiten Vatikanischen Konzil die Liturgie überarbeitet wurde, rutschte es auf den letzten Sonntag des Kirchenjahres und damit auf den Sonntag vor dem 1. Advent. Anlass der Verschiebung war der Inhalt dieses Hochfestes: Christus ist das Ziel allen irdischen Lebens.

Die Verschiebung ging einher mit einer Verbesserung der liturgischen Texte, wobei die Königsherrschaft Christi stärker auf die Endzeit, also auf die kommende Ewigkeit nach Ablauf der irdischen Zeit bezogen wurde. Nun werden im Christkönigs-Gottesdienst Texte vom Ende der Welt und der Wiederkunft Christi gelesen.

Damit gewährt das Christkönigsfest am Ende des Kirchenjahres einen Ausblick auf das Ende der Welt, von wo an Jesus seine Königsherrschaft in vollem Umfang ausüben wird. Dann ist das Reich Gottes verwirklicht.

Zugleich stimmt das Christkönigsfest auf den Advent ein, der nicht nur die Zeit der Wartens auf Weihnachten, der Geburt Christi ist, sondern immer auch eine Zeit, in der die grundsätzliche Erwartung gefeiert wird, in der wir Christen leben. So ist der Christkönigsonntag ein schöner Abschluss des Kirchenjahres, der die Aufmerksamkeit auf die Ewigkeit nach dem Ende der Welt lenkt, und eine schöne Einstimmung auf den nahenden Advent.

In der online-Enzyklopädie „Wikipedia“ sind noch folgende interessante Informationen zusammengefasst: „In der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus spielte die Christkönigsverehrung bei der katholischen Jugend eine große Rolle. Entgegen dem Führerkult der säkularen Gesellschaft setzten junge Katholiken mit Prozessionen und Feiern ein Zeichen gegen die Ideologie des Nationalsozialismus.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hatten am Dreifaltigkeitssonntag, dem Sonntag nach Pfingsten, die katholischen Jugendverbände an zentralen Orten den so genannten Bekenntnissonntag gefeiert. Im Rahmen von Gottesdiensten mit Fahnenabordnungen und durch das Tragen ihrer Uniformen bekannten sie ihre Zugehörigkeit zu Jesus Christus und boten auf diese Weise ein Zeichen gegen die diktatorische, faschistoide Vereinskultur.

Als die Nationalsozialisten das Reichssportfest auf diesen Termin legten, mussten die Jugendverbände ausweichen. Sie wählten stattdessen das Christkönigsfest am letzten Sonntag im Oktober als Termin für den Bekenntnissonntag.“

Hier wird deutlich, warum die Kirche bei der Verschiebung des Christkönigssonntags von Ende Oktober hin zum Ende des Kirchenjahres (s.o.) zugleich den Blick mehr auf das Reich Gottes in der kommenden Welt richtete: nach den Umwälzungen infolge des Ersten Weltkriegs und dem Ende der großen Monarchien betont das Christkönigsfest aus nachvollziehbaren Gründen die wahre Königsherrschaft Christi. Dabei kann die Christkönigsverehrung im Spannungsfeld zwischen Frömmigkeit und Politik leicht Schlagseite bekommen.

Von daher betont das Fest die Königsherrschaft Gottes. Es muss frei bleiben von einer falschen Beanspruchung durch weltliche Machthaber. – Deshalb ist das Fest einerseits mit dem Königtum Jesu Christi über das Volk Gottes (Israel) verknüpft, aber auch mit der Passion Christi: „Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er antwortete ihm: Du sagst es“ (Lk 23,3).

Jesus beansprucht die Königsherrschaft vor Pilatus, ist aber bereit, eine Dornenkrone statt einer Herrscherkrone aufzusetzen: „Dann flochten sie einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf und gaben ihm einen Stock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm auf die Knie und verhöhnten ihn, indem sie riefen: Heil dir, König der Juden!“ (Mt 27,29).

(Pfr. Dr. Volker Hildebrandt)

 

Pfarrnachrichten 47/2015 - 33. Sonntag im Jahreskreis (B)

Das Jüngste Gericht, Illustration aus den Très Riches Heures (um 1410) [public domain]

Die biblischen Texte zum Ende des Kirchenjahres lenken den Blick auf das irdische wie auf das ewige und damit auf das Ganze des Lebens. Diese Texte der Bibel bestärken und ermutigen insbesondere den Gläubigen, seinem mit Gottes Beistand eingeschlagenen Lebensweg treu zu bleiben und auf ihm – mit Gottes fortdauernder Hilfe – segensreichen voran zu schreiten.

Ob gläubig oder ungläubig: Jeder erfährt, dass das irdische Dasein für sich gesehen in gewisser Weise erfüllend ist. Trotz aller Unzufriedenheiten, die es im Leben gibt, kennt jeder in irgendeiner Form auch längere und intensivere Augenblicke der Freude, des Glücks, der Zuneigung, der Liebe und der Erfüllung. Würden solche Momente fehlen und vollständig ausbleiben, wäre das Leben sinnlos. Niemand hätte den Wunsch, und auch keiner die Kraft noch den Mut, leben zu wollen. Das irdische Leben ist nur lebens- und erhaltenswert, wenn schon in ihm, und nicht erst in einem jenseitigen Leben ein tiefer Sinn enthalten ist, der es lohnenswert macht.

Dieser Lebenssinn, der sich in den Jahren des irdischen Daseins auftut, vermag jedoch nie ganz zu erfüllen. ‚Wunschlos glücklich‘, wie man es so sagt, ist der Mensch meist nur gewisse Augenblicke lang. Zum einen scheint der irdische Lebenssinn vergänglich zu sein. Zum anderen scheint er aber zugleich über das irdische Dasein hinauszureichen. Nicht wenige sehen in ihrem Leben einen Sinn, der nach ihrem Tod fortdauert und nicht mit ihm zu Ende geht.

Eng damit verbunden ist die Beobachtung, dass der Mensch einem vermeintlich völligen Erlöschen seines Lebens und Wirkens nicht zustimmen möchte und es von seiner Erfahrung her auch gar nicht kann; es sei denn, er arbeitet systematisch an einer solchen Ablehnung. Dann muss er sich selber täuschen und sich intensiv einreden, dass mit dem Tod alles aus ist. Und er muss jede Hoffnung systematisch unterdrücken, die über den Tod hinausgehen möchte.

In Fällen, wo Menschen das zu gelingen scheint, ist das oft mit einer von anderen als unangenehm empfundenen exzessiven Kultivierung des irdischen Daseins und des ihm innewohnenden Sinns verbunden. Ein solches Leben ist meist geprägt ist von einer wenig sympathischen Komik an Eitelkeit und egozentrischer Selbstzelebration.

Zumindest die Fähigkeit, über sein eigenes, begrenztes und sterbliches Leben nicht nur weit hinauszudenken, sondern auch auf eine Erfüllung und ein Glück jenseits des irdischen Lebens zu hoffen, ist wohl unbestreitbar. Schaut man genauer hin, dann enthalten im Grunde alle Augenblicke der Freude, des Glücks, der Zuneigung, der Liebe und Erfüllung den Wunsch nach Ewigkeit.

Hier hilft die christliche Botschaft weiter. Sie überwindet jede unnatürliche, oft krampfhafte Reduzierung nur auf das irdische Dasein. Zugleich überwindet sie den Dualismus zwischen einem in Aussicht gestellten himmlischen Leben, das aber vom irdischen Leben sauber getrennt wird. Dualismen dieser Art entsprechen nicht der christlichen Botschaft. Sie sind unselig und verengen.

Die grundlegenden und höchst anschaulichen Worte Jesu an diesem Sonntag lassen keinen Zweifel (Mk 13,24f): „Die Sonne wird sich verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.“

Diese uns bekannte Welt, in der wir leben und die im minutiösen Rhythmus der Gestirne und physikalischen Gesetze allem Leben einen klar definierten Rahmen und eine verlässliche und kalkulierbare Verankerung geben, wird nicht nur erschüttert, sondern in ihren grundlegenden Vollzügen aufgelöst und ganz verschwinden. Aber damit wird nicht das körperlich-seelische Leben der Menschen verschwinden. Die christliche Botschaft ist hier eindeutig: „Ich glaube … (an die) … Auferstehung der Toten.“

Mit dem (naturwissenschaftlich übrigens präzise berechenbaren) Untergang der Welt verschwindet nur die irdisch-materielle Welt, in welcher der Mensch vorübergehend verankert und beheimatet ist bzw. war. Mit ihrem Verschwinden geht aber ihr Sinn nicht unter; denn dieser ruht in seiner ganzen Fülle nicht in der vergehenden Welt sondern in Gott als deren Schöpfer.

„Jede noch so alltägliche Situation birgt etwas Heiliges, etwas Göttliches in sich, und euch ist aufgegeben, das zu entdecken.“ So hat es einprägsam einmal der Heilige Josemaría Escrivá in seiner bekannten Predigt „Die Welt leidenschaftlich lieben“ gesagt. Deshalb wählt Jesus zur Veranschaulichung auch nicht das Bild des herbstlichen, sondern des sommerlichen Feigenbaums (Mk 13,28f): „Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen …, dass das Ende vor der Tür steht.“ Am Ende steht nicht blätterlose Winterstarre, sondern vitale Fülle.

So möchte Gott, dass der Menschen mit seiner Hilfe die von ihm in die Schöpfung hineingelegt Fülle für immer entfaltet, und am Ende neben der Schau Gottes sich auch an diesem, entsprechend fortbestehenden irdischen Sinn erfreut.

Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 46/2015 - 32. Sonntag im Jahreskreis (B)

Die arme Witwe am Opferkasten (nach Markus 12,41-44) - Mosaik aus St. Apollinare in Ravenna [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Die Tage sind merklich kürzer geworden. Ein Blatt nach dem anderen fällt von den Bäumen und lässt sie schließlich nackt und bloß dastehen. Schon haben wir die ersten kalten Tage als Vorboten des kommenden Winters erlebt, der unaufhörlich Einzug hält. Auch wenn in diesem Jahr der reichlich sonnige Herbst den Wintereinzug wiederholt hat aufhalten können, geht das Jahr merklich seinem Ende zu.

So ist es auch mit uns Menschen. Die Tage vergehen. Das eigene Leben schreitet unaufhörlich voran. Nach der Blüte des Lebens neigt es sich, und ein Ende ist absehbar. Da fällt es einem leicht zu verstehen, warum Allerheiligen und Allerseelen Anfang November gefeiert werden. Die Tage und Wochen danach sind ganz von dieser stimmungsvollen Erfahrung geprägt; auch die kirchliche Leseordnung.

So hören wir diesen Sonntag, wie der Heilige Markus (12,41-44) über Jesus berichtet, der einmal „im Tempel dem Opferkasten gegenübersaß. Er sah zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.“

Jesus alles geben. Das ist es doch wohl, wozu Markus auffordern möchte. – Aber: Ist das nicht ein wenig zu viel? Wie kann ich im alles geben, wo ich doch selber manches benötige, um leben zu können.

Einleuchtender ist da schon, dass man nicht nur von seinem Überfluss geben soll. Was Jesus damals beim Opfergang vieler Reicher beobachten konnte, erlebt man heute bei manch einer Kleidersammlung. Da hat man schon mal den Eindruck, einige verwechseln die Kleidersammlung mit der Müllabfuhr; und meinen dann auch noch, dass sie anderen damit geholfen hätten.

Aber alles geben? Wie ist das zu verstehen?

Eine ähnliche Geschichte wie die vom Opferkasten wird uns an diesem Sonntag aus dem ersten Buch der Könige (1 Kön 17,10-16) vorgetragen. Dort wird berichtet, dass der Prophet Elija auf Gottes Geheiß nach Sarepta ging. Am Stadttor „traf er eine Witwe, die Holz auflas.“ Er bat sie um „ein wenig Wasser zum Trinken! Als sie wegging, um es zu holen, rief er ihr nach: Bring mir auch einen Bissen Brot mit! Doch sie sagte: So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts mehr vorrätig als eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf und gehe dann heim, um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten. Das wollen wir noch essen und dann sterben.

Elija entgegnete ihr: Fürchte dich nicht! Geh heim, und tu, was du gesagt hast. Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck, und bring es zu mir heraus! Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten; denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Der Mehl Topf wird nicht leer werden und der Öl Krug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.

Sie ging und tat, was Elija gesagt hatte. So hatte sie mit ihm und ihrem Sohn viele Tage zu essen. Der Mehl Topf wurde nicht leer, und der Öl Krug versiegte nicht, wie der Herr durch Elija versprochen hatte.“

Das Wenige, das wir Gott geben können, ist nie zu viel. Darum geht es! – Die „Reichen“ hingegen, die meinen, alles was sie besitzen und vermögen auch verdient zu haben, die verstehen überhaupt nicht, worum es hier geht. – „Selig die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.“

Wo „Arme“ hingegen Gott und seinen liebsten Geschöpfen jeweils das geben, was am Ende sie selber auch nur empfangen haben, da werden Menschen selig; ein anderes Wort für glücklich. Und dann liegt Gottes und unser gemeinsamer Segen auf dieser Erde, bevor sie einmal zu Ende geht. – Lange davor sind wir an der Reihe. … Und „ein wenig“ Gott und dem Nächsten zu geben, das ist doch nie zu viel! Das ist doch jedem möglich.

So geht in Erfüllung, was Gott für uns alle möchte: dass wir unserem Ende „reich“ entgegen gehen und das Wenige, das wir selber nur empfangen haben, uneingeschränkt ganz und gar in den „Opferkasten“ werfen. Dann werden auch wir noch „viele Tage zu essen“ haben. Auch unser „Mehl Topf“ wird dann nicht mehr leer, „und der Öl Krug nicht mehr versiegen.“

Ihr Pfr. Dsr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 45/2015 - Allerheiligen (B)

Propheten, Heilige und Märtyrer - Fra Angelico (1423-24) [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

„Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ (Mt 5,12) Der christliche Jahreskreis wird nicht unerheblich bestimmt von diesen zwei Tagen, Allerheiligen und Allerseelen, die sogar den „Sonntag verdrängen“, also im Gottesdienst Vorrang haben vor den Messtexten, die vom Sonntag her an der Reihe wären.

„Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ Das Hochfest „Allerheiligen“ und der Gedenktag „Allerseelen“ nehmen großen Einfluss auf die Lebensperspektive des gläubigen Menschen. Sie erheben und erweitern seinen Blick. Die Blickrichtung wird entscheidend verändert.

„Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ An diesen beiden Tagen halten Menschen inne. Sie gedenken ihrer lieben Verstorbenen. Nicht zuletzt angesichts ihres eigenen, unaufhörlich auf sie zukommenden Todes stellt sich unweigerlich die Frage: Und wie wird es mit mir einmal sein? Auch ich werde einmal im Grab liegen. Und was dann?

„Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ Mit diesen Worten Jesu schließt Matthäus die neun von Jesus überlieferten Seligpreisungen ab. Diese Seligpreisungen führen einem vor Augen, weshalb Menschen, nämlich die Heiligen, sich mit großer Zuversicht und tiefem inneren Frieden aus diesem Leben haben verabschieden können.

Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. – Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. – Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. – Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. – Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. – Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. – Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. – Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich. – Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. – Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. (Mt 5,3-12)

Was auf an ein gutes, treues und gerechtes Leben folgt, was sich daran anschließt, das können wir nicht einmal erträumen. Es ist nicht der Lohn, den wir erhalten, so wie wir das aus bisheriger, zwischenmenschlicher Erfahrung kennen. Hier zu Lebzeiten wird unter uns Menschen und im Austausch mit der Natur nach Leistung vergütet. Gewöhnlich ist das mit einem gewissen Hinzugewinn, mit einem immer noch möglichen Wachstum verbunden. Aber im Grunde wird Gleiches mit Gleichem vergolten.

An Allerheiligen und Allerseelen wird jedoch etwas anderes besonders sichtbar. Gott hat den Menschen für die Ewigkeit erschaffen. Das irdische, sterbliche und vergängliche Leben ist nur die eine Seite der Medaille. Es ist nur die Vorbereitung und Einstimmung auf das, wofür Gott den Menschen gewollt, bestimmt und geschaffen hat.

Der heilige Paulus schreibt an die Korinther (1 Kor 2,9): „Wir verkünden euch, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ Damit drückt er aus, dass der von Jesus verheißene Lohn andere Maßstäbe hat, als sie uns rein irdisch nachvollziehbar und zugänglich sind.

Dennoch entscheidet sich in diesem Leben, wie das Ewige einmal sein wird. Oder sagen wir es genauer: Wir entscheiden, was einmal mit uns sein wird.

Gott lässt jedem die Freiheit. Er zwingt niemanden; auch nicht zu seinem Glück. Aber er bietet jedem seine Hilfe an, um nach den Seligpreisungen auch in dieser unserer durch die Verfehlung des Menschen gebrochenen Welt (die Tradition nennt das „Erbsünde“) leben zu können.

Am Ende wird nicht einfach der Lohn dafür ausgezahlt: Am Ende wird dieses oft mühsam erstrittene und an den Seligpreisungen ausgerichtete Leben, in das sich dennoch – leider – immer wieder die Brüche des irischen Lebens (die Tradition nennt das „Sünde“) einschleichen, durch Gottes Gnade von allem gereinigt (die Tradition spricht hier von „Fegefeuer“), was es noch belastet und niederdrückt.

Dann ist dieses unser Leben nicht mehr sterblich. Durch den Tod hindurch und die dann ggf. noch notwendige Läuterung (s.o.: „Fegefeuer“), wird das von Gott in den Menschen hineingelegte Gute von ihm, Gott selber „verewigt“. Das geschieht im Höchstmaß, so ist es in der Bibel dokumentiert, wenn der Mensch nach der Auferstehung seines Fleisches, das sich dann mit seiner Seele für immer unsterblich verbinden wird, Gott so sehen kann, wie er ist. Die Tradition nennt das „Himmel“.

„Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so wie Er heilig ist.“ (1 Joh 3,2-3)

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 44/2015 - 30. Sonntag Jahreskreis (B)

Der blinde Bartimäus - von Eustache Le Sueur (1625–1650) {public domain]

Mit dem blinden Bettler Bartimäus, über dessen Heilung an diesem Sonntag berichtet wird, beschreibt der Heilige Markus in seinem Evangelium (Kapitel 10, Verse 46-52) den Weg eines jeden Menschen, der mit Gottes Hilfe aus der Dunkelheit ins Licht findet. Markus veranschaulicht dabei die wesentlichen Schritte, die jeder gehen muss, der wie Bartimäus sehen, erkennen und begreifen möchte.

In einem ersten Schritt „hörte“ Bartimäus am Straßenrand sitzend, dass es Jesus ist, der „mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho verließ.“ Unverzüglich „rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!“ Obwohl „viele ärgerlich wurden und ihm zu schwiegen befahlen, schrie er nur noch lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!“

Um Jesus zu begegnen, vom Licht Gottes erfüllt und in einem tieferen Sinne sehend zu werden, muss man gegen den Strom schwimmen. Nicht in der Masse, sondern allein vor Gott findet der Mensch zum Glauben.

In diesem Sinne kommt es zu einer persönlichen Begegnung des Blinden mit Jesus, weil Bartimäus unbeeindruckt vom Mainstream nicht aufhört zu beten, zu betteln und zu bitten. Und er bettelt anders als üblich; nicht wie sonst um eine bescheidene Gabe, nur um den Tag zu überleben und über die Runden zu kommen.

Markus berichtet weiter: „Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.“

Manchmal hilft sogar die Masse der „Stromlinienförmigen“, dass man den richtigen Weg findet. Aber man darf ihnen, die ihre Fahnen nach dem Wind hängen, nicht vertrauen. Die Erzählfolge des Heilige Markus hebt das besonders hervor. Die Heilung am Straßenrand von Jericho ist interessanterweise die letzte Wundererzählung im Markusevangelium.

Der Blinde wusste, dass er blind war, und schrie um Hilfe. Er wurde sehend und folgte fortan Jesus. Die Vielen hingegen – und sogar seine Jünger – scheinen immer noch blind zu sein. Sie ziehen zwar alle mit Jesus nach Jerusalem hinauf, aber sie verstehen seinen Weg nicht. Die meisten von ihnen liefern ihn schließlich der Kreuzigung aus. Von den Schriftgelehrten dazu angehalten schreien sie: „Ans Kreuz mit ihm.“ Nur der heidnische Hauptmann, der die Kreuzigung beaufsichtigt, sieht und begreift beim Tod Jesu (Markus 15,39): „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.“

Im Ablauf der letzten Wundererzählung vor der Kreuzigung erzählt Markus dann das Folgende: Von der Menge dazu ermutigt, „warf er – der blinde Bartimäus – seine Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.“

Mit diesem Detail stellt Markus einem jeden tief ins Gewissen reichende Fragen: Bist auch du auf dem Sprung, wenn dir klar wird, dass Jesus dich anspricht und ruft? … Bist auch Du bereit, deinen schäbigen Bettlermantel abzuwerfen und zurückzulassen, der dich an dein blindes Bettlerdasein bindet und nur vermeintlich schützt? …

Vor Jesus angekommen, ist der Blinde noch nicht am Ziel. Jesus stellt ihm tatsächlich die Frage: „Was soll ich dir tun?“

Schon die Kirchenväter haben auf diesen „Überraschungsmoment“ hingewiesen und ihn gedeutet. Wie konnte Jesus, der als Gott doch alles sieht, angesichts der offensichtlichen Situation dem Blinden diese Frage stellen?

Ist es mit uns nicht genauso? Gott weiß doch genau, was uns bewegt, wichtig ist und was wir benötigen. Aber es ist für uns notwendig, all das vor Gott zu bringen. Nur so werden wir uns unserer tatsächlichen Situation bewusst. Nur so kann der nächste Schritt auf dem Weg zum Heil gegangen werden: Wenn wir erkennen, wie es wirklich um uns bestellt ist! Erst daraufhin kann Jesus auch uns sagen, wie damals dem blinden Bartimäus: „Geh! Dein Glaube hat dir geholfen.“

 

Pfarrnachrichten 43/2015 - 29. Sonntag Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im heutigen Evangelium nimmt der Herr deutlich Stellung gegen egoistisches Machtbegehren und den Missbrauch der eigenen Fähigkeiten zur Beherrschung und Unterdrückung der Schwächeren. Wörtlich sagt Jesus (Mk 10,42-44: „Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.

Mit seinen Fähig- und Möglichkeiten segensreich umzugehen und Gutes zu tun, lernt der Mensch vor allem in der Familie. Wo sie zerbricht, bleibt dieser Lernprozess auf der Strecke. Schulen und andere Erziehungseinrichtungen können nicht ausgleichen und ersetzen, was die Familie nicht mehr leisten kann. In der Folge ist dann eine ganze Gesellschaft gefährdet. Das erleben wir derzeit.

Zu Vorbereitung der derzeit in Rom tagenden Bischofssynode über Ehe und Familie hat Papst Franziskus in den Mittwochsaudienzen eine Katechese zum Thema gehalten. Er ist dabei auch auf die Grundlagen eingegangen, die viel zu wenig bekannt sind. So dokumentieren wir zwei Katechesen in der offiziellen deutschen Zusammenfassung.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

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Liebe Brüder und Schwestern, diese Katechesen (Generalaudienz am 15. und 22. April 2015) handeln vom Unterschied und der wechselseitigen Entsprechung von Mann und Frau.

Zur Gottebenbildlichkeit des Menschen gehört auch der Unterschied der Geschlechter. Als Mann und Frau, aber auch als Paar ist der Mensch Abbild Gottes. Ohne die Erfahrung der Gegenseitigkeit von Mann und Frau kann der Mensch nicht harmonisch heranwachsen und nicht recht verstehen, was Mann- und Frausein bedeutet.

Die heutige Kultur hat neue Möglichkeiten eröffnet, um das Verständnis dieses Unterschieds zu vertiefen, zugleich aber auch Zweifel und Skepsis gebracht. Man fragt sich, ob die Gender-Theorie oft nicht Ausdruck von Frustration und Resignation ist und den Unterschied der Geschlechter auslöschen will, weil sie nicht fähig ist, sich damit auseinanderzusetzen. Doch den Unterschied zu beseitigen, ist nicht die Lösung, sondern das Problem.

Gott hat dem Bund von Mann und Frau die Erde anvertraut. Das Scheitern dieses Bundes hat folglich schwerwiegende Auswirkungen. Zwei Punkte scheinen vordringlich.

Zum einen muss noch viel mehr für die Frau getan werden, um der Gegenseitigkeit von Männern und Frauen mehr Kraft zu verleihen. Der Umgang Christi mit den Frauen erhellt dabei den weiteren Weg, der mit Kreativität und Kühnheit beschritten werden muss.

Zum anderen müssen wir über den Zusammenhang zwischen der allgemeinen Krise des Gottesvertrauens und der Krise der Verbindung von Mann und Frau nachdenken. Der Verlust des Vertrauens in Gott schafft Konflikt und Spaltung zwischen Mann und Frau. Von daher ist es wichtig, die Schönheit des Schöpfungsplans, der die Gottebenbildlichkeit auch in den Bund von Mann und Frau einschreibt, wieder zu entdecken.

Im zweiten Schöpfungsbericht des Buches Genesis hören wir, wie Gott den ersten Menschen erschafft und erkennt, dass es nicht gut ist, wenn er allein bleibt. Adam ist Herr seiner selbst, aber es fehlt ihm die Gemeinschaft, die Fülle. Gott will ihm daher eine Hilfe machen, die ihm entspricht.

Unter den Tieren, die Gott ins Dasein ruft, findet der Mann keinen wahren Partner. Erst als er die Frau sieht, weiß er, dass allein sie Bein von seinem Bein und Fleisch von seinem Fleisch ist. Allein die Frau entspricht ihm und ergänzt ihn.

Leider erwidern Mann und Frau das große Vertrauen Gottes, seine Schöpfung zu bebauen und zu hüten, mit Misstrauen und Ungehorsam. Die Sucht nach Allmacht zerstört die Harmonie zwischen Gott und Mensch, aber auch zwischen Mann und Frau.

Denken wir an die verschiedenen Formen des Chauvinismus wie auch die Kommerzialisierung des Körpers der Frau in der heutigen Medienkultur. Ohne die stabile und fruchtbare Verbindung von Mann und Frau nimmt die ganze Gesellschaft schweren Schaden und besonders die Kinder werden immer mehr entwurzelt.

Den Weg der Ehe und Familie treu zu gehen ist eine Herausforderung. Aber Gott bekleidete Mann und Frau mit Röcken aus Fellen (vgl.Gen 3,21). Das ist ein Zeichen seiner Zärtlichkeit und väterlichen Fürsorge gegenüber dem schwachen Menschenpaar. Betet und vertraut darauf.  (PAPST FRANZISKUS)

 

Pfarrnachrichten 42/2015 - 28. Sonntag Jahreskreis (B)

Mk 10,21f: "Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! - Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen." [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Evangelium dieses Sonntags erzählt der heilige Markus (10,17-30) von einem Mann, der vor Jesus auf die Knie fällt und ihn fragt: „Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“

Die Frage dieses Mannes weitet den Horizont. Dieser Mann von damals besaß ihn offenbar. Denken wir und unsere Zeitgenossen demgegenüber nicht viel zu sehr nur an das Heute und an das Morgen; ohne das Übermorgen vor Augen zu haben und was danach sein wird?

Das Evangelium tut uns kleinen Geistern gut. Es weitet den Horizont und schenkt Zukunft weit über das Irdische hinaus.

Es ist eine Binsenwahrheit, dass mit dem Ablauf des irdischen Lebens nicht alles vorbei ist. Das ist in vielerlei Erfahrungen fassbar. Wenn zum Beispiel all die Sinnerfahrung, die das irdische Leben bereits schenkt, mit dem Tod endgültig zu Ende sein sollte, dann ist die irdische Sinnerfahrung am Ende ohne Sinn. Aber das wäre zutiefst widersprüchlich.

Und dennoch stellen wir die Frage nach dem ewigen Leben eher selten. Das ist sehr schade und beraubt uns der Weite menschlicher Möglichkeiten: der Weite unseres Handelns und Denkens.

Auf diesen Mann mit seiner Frage hingegen – „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ – konnte Jesus voller Liebe schauen (vgl. Mk 10,21). Es war nicht zuletzt die Suche nach Antwort auf diese Frage, die ihm zu einem guten und gerechten Leben verhalf (s.u.); denn das glaubende Wissen darum, dass wir einmal gerichtet werden, macht uns Menschen frei von subjektiver Willkür. Es führt dazu, unser Leben unter einen Anspruch zu stellen, der ihm weit über die Grenzen unseres beschränkten Horizonts hinaus dann auch wirklich genügt.

So waren die Zehn Gebote für den Mann kein Problem. Als Jesus ihm die Erfüllung der 10 Gebote ans Herz legte, um das ewige Leben zu erlangen, erklärte der Mann (Mk 10,20): „Alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.“

Trotz dieser guten Voraussetzung hatte der Mann am Ende doch ein Problem, über das schließlich sogar die Jünger Jesu bestürzt und erschrocken waren (vgl. Mk 10,24 und 26). Jesus schaute den Mann nämlich seiner guten Voraussetzungen wegen voller Liebe an. Und gerade weil er ihn liebt, und gewissermaßen aus dieser Liebe heraus, forderte er ihn dazu auf, alles zu verkaufen, das Geld den Armen zu geben und ihm, Jesus, zu folgen. Daraufhin ging der Mann traurig weg. Er hatte nämlich ein großes Vermögen (vgl. Mk, 10,22).

Mit den Jüngern Jesu sind vielleicht auch wir erschrocken. Bittet Jesus womöglich jeden von uns um einen Kassensturz, damit wir, wie er diesen Mann aufforderte (vgl. Mk 10,21), unser ganzes Geld an die Armen verteilen und ihm dann völlig mittellos folgen?

Wer Jesus nachfolgen und ein guter Mensch werden will, der muss in der Tat radikal sein. Er muss an die Wurzeln gehen. (Das lateinische Wort für Wurzel ist „radix“. Von dort ist das Wort „radikal“ abgeleitet.)

Für jeden, der Jesus folgen und ein guter Mensch sein will, bedeutet dies zweierlei. Zuerst einmal: Erfülle die zehn Gebot! Alle ohne Ausnahme! Versuche es zumindest immer wieder.

Auch wenn bereits das deutlich über dem Durchschnitt liegt, reicht das nicht. Ein Zweites ist notwendig: Bete regelmäßig. Wende dich an Gott mit deinen Fragen und Anliegen. Wenn du suchst, dann findest du. Er gibt dir Antwort auf das, was dich bewegt und was du ihm anvertraust. – Und dann folge dem, was Gott dich hören, mit dem Herzen sehen und erkennen lässt.

Gewöhnlich sind es kleine Schritte, die Gott uns ans Herz legt. Und immer ist es nur ein Schritt nach dem anderen. Und ebenso liegen diese Schritte, zu denen Gott uns einlädt, weil er uns liebt und das Beste von uns will, ganz in dem Bereich, der unseren Möglichkeiten entspricht.

Versuchen Sie es, statt achselzuckend traurig wegzugehen, wie dieser Mann. Gott wird Sie mit seinem Glück erfüllen und für immer erfreuen können. Was hingegen aus diesem Mann mit all seinen Vorzügen geworden ist, das wissen wir nicht.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 40/2015 - 26. Sonntag Jahreskreis (B)

Auch die Heilige Familie war auf der Flucht – Rembrandt {public domain]

Liebe Mitchristen und liebed Freunde von St. Pantaleon!

Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass wir in St. Pantaleon in absehbarer Zeit – vielleicht schon in einigen Monaten – christliche Flüchtlinge, vor allem Familien, solange aufnehmen und ein zuhause anbieten werden, bis sie Wohnung und Arbeit gefunden und somit eine ausreichende Selbständig gefunden haben. Wir schauen dieser Aufgabe mit Zuversicht und Erwartung entgegen und sind sicher, dass sich noch viele melden werden, die dabei ehrenamtlich helfen wollen.

Zur Situation der weltweiten Flucht vieler Menschen hat sich Papst Franziskus am Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2015 mit einer Botschaft zu Wort gemeldet. Wir geben im Folgenden den dritten und letzten Teil dieser Botschaft wieder.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

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Auf der internationalen Tagesordnung stehen häufige Debatten über die Zweckmäßigkeit, die Methoden und die Rechtsvorschriften, um dem Migrationsphänomen zu begegnen. Es gibt Organismen und Einrichtungen auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene, die ihre Arbeit und ihre Energien in den Dienst derer stellen, die mit der Auswanderung ein besseres Leben suchen. Trotz ihrer großherzigen und lobenswerten Bemühungen ist eine tiefer greifende und wirksamere Aktion notwendig, die sich eines universalen Netzes der Zusammenarbeit bedient, gegründet auf den Schutz der Würde und der Zentralität jedes Menschen. Auf diese Weise wird der Kampf gegen den schändlichen und kriminellen Menschenhandel, gegen die Verletzung der Grundrechte, gegen alle Formen von Gewalt, Überwältigung und Versklavung wirkungsvoller sein. Gemeinsam zu arbeiten verlangt jedoch Wechselseitigkeit und Zusammenwirken mit Bereitschaft und Vertrauen, in dem Bewusstsein, dass „Kein Land … den Schwierigkeiten, die mit diesem Phänomen verbunden sind, alleine gegenübertreten [kann]; es ist so weitreichend, dass es mittlerweile alle Kontinente in der zweifachen Bewegung von Immigration und Emigration betrifft“ (Botschaft zum Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2014).

Auf die Globalisierung des Phänomens der Migration muss mit der Globalisierung der Nächstenliebe und der Zusammenarbeit geantwortet werden, um die Lage der Migranten menschlicher zu gestalten. Zugleich müssen die Bemühungen verstärkt werden, Bedingungen zu schaffen, die geeignet sind, eine fortschreitende Verminderung der Gründe zu gewährleisten, welche ganze Völker dazu drängen, aufgrund von Kriegen und Hungersnöten, die sich häufig gegenseitig bedingen, ihr Geburtsland zu verlassen.

Mit der Solidarität gegenüber den Migranten und den Flüchtlingen müssen der Mut und die Kreativität verbunden werden, die notwendig sind, um weltweit eine gerechtere und angemessenere Wirtschafts- und Finanzordnung zu entwickeln, gemeinsam mit einem verstärkten Einsatz für den Frieden, der eine unabdingbare Voraussetzung für jeden echten Fortschritt ist.

Liebe Migranten und Flüchtlinge! Ihr habt einen besonderen Platz im Herzen der Kirche, und ihr helft ihr, die Dimensionen ihres Herzens zu erweitern, um ihre Mutterschaft gegenüber der gesamten Menschheitsfamilie zum Ausdruck zu bringen. Verliert nicht eure Zuversicht und eure Hoffnung! Denken wir an die in Ägypten im Exil lebende Heilige Familie: Wie sich im mütterlichen Herzen der Jungfrau Maria und im fürsorglichen Herzen des heiligen Josefs das Vertrauen hielt, dass Gott uns niemals verlässt, so möge es auch euch nie an diesem Vertrauen auf den Herrn fehlen. Ihrem Schutz vertraue ich euch an und erteile euch allen von Herzen den Apostolischen Segen. – Papst Franziskus, aus dem Vatikan, am 3. September 2015

Pfarrnachrichten 39/2015 - 25. Sonntag Jahreskreis (B)

Barmherzige Samariter - Ferdinand Hodler, um 1883 [public domain]

Angesichts des unerwarteten Zustroms so vieler Menschen sind wir alle herausgefordert, dieser Situation großzügig und verantwortungsvoll zu begegnen. Die Worte von Papst Franziskus anlässlich des Welttages der Migranten und Flüchtlinge helfen dabei sehr. Mit Gottes Hilfe werden die Stimme des Herzens und die des Verstandes zueinander finden. So wird jeder für sich und auch wir als Gemeinschaft werden Wege finden, die segensreich für alle sind.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Papst Franziskus, Botschaft zum Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2015 (Teil II)

Heute nimmt all das (Gebet und Werke der Barmherzigkeit) eine besondere Bedeutung an. In einer Zeit so umfangreicher Migrationen verlässt nämlich eine große Zahl von Menschen ihre Ursprungsorte und tritt die gewagte Reise der Hoffnung an mit einem Gepäck voller Sehnsüchte und Ängste, auf der Suche nach menschlicheren Lebensbedingungen. Nicht selten lösen jedoch diese Wanderungsbewegungen auch in kirchlichen Gemeinden Misstrauen und Feindseligkeiten aus, noch bevor man die Geschichten des Lebens, der Verfolgung oder des Elends der betroffenen Menschen kennt. In dem Fall geraten Verdächtigungen und Vorurteile in Konflikt mit dem biblischen Gebot, den bedürftigen Fremden mit Achtung und Solidarität aufzunehmen.

Einerseits wird man im Innersten des Gewissens den Ruf gewahr, das menschliche Elend zu berühren und das Liebesgebot in die Tat umzusetzen, das Jesus uns hinterlassen hat, als er sich mit dem Fremden, dem Leidenden und mit allen unschuldigen Opfern von Gewalt und Ausbeutung identifizierte. Andererseits verspüren wir aber aufgrund der Schwäche unserer menschlichen Natur „die Versuchung, Christen zu sein, die einen sicheren Abstand zu den Wundmalen des Herrn halten“ (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 270).

Der Mut des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe ermöglicht es, die Abstände zu vermindern, die uns von den menschlichen Tragödien trennen. Jesus Christus ist immer in der Erwartung, in den Migranten und den Flüchtlingen, in den Vertriebenen und den Heimatlosen erkannt zu werden, und auch auf diese Weise ruft er uns auf, die Ressourcen zu teilen und manchmal auf etwas von unserem erworbenen Wohlstand zu verzichten. Daran erinnerte Papst Paul VI., als er sagte: „Die am meisten Bevorzugten müssen auf einige ihrer Rechte verzichten, um mit größerer Freigebigkeit ihre Güter in den Dienst der anderen zu stellen“ (Apostolisches Schreiben Octogesima adveniens, 14. Mai 1971, 23).

Überdies ermutigt der multikulturelle Charakter der heutigen Gesellschaften die Kirche, neue Verpflichtungen der Solidarität, des Miteinanders und der Evangelisierung zu übernehmen. Die Wanderungsbewegungen regen nämlich dazu an, die Werte zu vertiefen und zu stärken, die notwendig sind, um das harmonische Zusammenleben von Menschen und Kulturen zu gewährleisten. Zu diesem Zweck kann die bloße Toleranz, die den Weg zur Achtung gegenüber den Verschiedenheiten öffnet und ein Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft und  Kultur in Gang bringt, nicht genügen. Hier fügt sich die Berufung der Kirche ein, die Grenzen zu überwinden und einen „Übergang von einer Haltung der Verteidigung und der Angst, des Desinteresses oder der Ausgrenzung … zu einer Einstellung, deren Basis die ‚Kultur der Begegnung‘ ist“, zu fördern. „Diese allein vermag eine gerechtere und brüderlichere … Welt aufzubauen“ (Botschaft zum Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2014).

Die Wanderungsbewegungen haben allerdings solche Dimensionen angenommen, dass nur eine systematische und tatkräftige Zusammenarbeit, welche die Staaten und die internationalen Organisationen einbezieht, imstande sein kann, sie wirksam zu regulieren und zu leiten. Tatsächlich rufen die Migrationen alle auf den Plan, nicht nur wegen des Ausmaßes des Phänomens, sondern auch „wegen der sozialen, wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Probleme, die es aufwirft, wegen der dramatischen Herausforderungen, vor die es die Nationen und die internationale Gemeinschaft stellt“ (Papst Benedikt XVI., Enzyklika Caritas in veritate, 29. Juni 2009, 62).

(Fortsetzung folgt)

Pfarrnachrichten 38/2015 - 24. Sonntag Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St.Pantaleon!

Die unerwartet vielen Menschen, die im Augenblick für sich eine Zukunft bei uns und in den europäischen Nachbarländern suchen, bewegen uns sehr. Als Christen wissen wir uns gedrängt zu einer christlichen Großherzigkeit, die über menschliche Solidarität mit Hilfsbedürftigen und Vertriebenen deutlich hinausgeht. Zugleich gehen uns handfeste Bedenken und berechtigte Sorgen angesichts eines unkontrollierten Zustroms von Einwanderern durch den Kopf, deren Absicht sehr unterschiedlich und womöglich nicht ausnahmslos friedfertig ist.

Papst Franziskus hat anlässlich des Welttages der Migranten und Flüchtlinge Leitlinien formuliert, die sehr hilfreich sind. Ich möchte sie in diesem und den zwei folgenden Pfarrbriefen wiedergeben. In einem Augenblick wie diesem tut es not, im Vertrauen auf Gott einen klaren Kopf zu bewahren und das Herz zu öffnen. Die Stimme des Herzens und die des Verstandes finden mit Gottes Hilfe zueinander. So wird jeder für sich und auch wir als Gemeinschaft werden Wege finden, die segensreich für alle sind.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Papst Franziskus, Botschaft zum Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2015 (Teil I)

Liebe Brüder und Schwestern, Jesus ist „der Evangelisierende schlechthin und das Evangelium in Person“ (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 209). Seine Sorge, besonders für die am meisten Gefährdeten und an den Rand Gedrängten fordert alle auf, sich der Schwächsten anzunehmen und sein leidendes Angesicht vor allem in den Opfern der neuen Formen von Armut und Sklaverei zu erkennen. Der Herr sagt: „Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen“ (Mt 25,35-36). Aufgabe der Kirche, der Pilgerin auf Erden und Mutter aller, ist es daher, Jesus Christus zu lieben, ihn anzubeten und ihn zu lieben, besonders in den Ärmsten und den am meisten Vernachlässigten; zu ihnen gehören gewiss die Migranten und die Flüchtlinge, die versuchen, harte Lebensbedingungen und Gefahren aller Art hinter sich zu lassen. Darum hat der Welttag der Migranten und Flüchtlinge in diesem Jahr das Thema: Kirche ohne Grenzen, Mutter aller.

In der Tat breitet die Kirche ihre Arme aus, um unterschiedslos und unbegrenzt alle Völker aufzunehmen und um allen zu verkünden: „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8.16). Nach seinem Tod und seiner Auferstehung hat Jesus seinen Jüngern die Aufgabe anvertraut, seine Zeugen zu sein und das Evangelium der Freude und der Barmherzigkeit zu verkünden. Am Pfingsttag haben sie mutig und begeistert den Abendmahlssaal verlassen; die Kraft des Heiligen Geistes hat sich über Zweifel und Unsicherheiten behauptet und hat bewirkt, dass jeder ihre Verkündigung in der eigenen Sprache verstand. So ist die Kirche von Anfang an eine Mutter, deren Herz der ganzen Welt ohne Grenzen offensteht. Diese Sendung zieht sich bereits über zwei Jahrtausende der Geschichte hin, doch schon von den ersten Jahrhunderten an hat die missionarische Verkündigung die universale Mutterschaft der Kirche betont, die dann in den Schriften der Väter entfaltet und vom Zweiten Vatikanischen Konzil wieder aufgegriffen wurde. Die Konzilsväter haben von der Ecclesiae mater gesprochen, um ihr Wesen zu erklären. Sie bringt nämlich Söhne und Töchter hervor, gliedert sie ein und umfasst sie in liebender Sorge (vgl. Dogm. Konst. Lumen gentium, 14).

Die Kirche ohne Grenzen und Mutter aller verbreitet in der Welt die Kultur der Aufnahme und der Solidarität, der zufolge niemand als unnütz, als fehl am Platze oder als Auszusondernder betrachtet wird. Wenn die christliche Gemeinschaft ihre Mutterschaft tatsächlich lebt, schenkt sie Nahrung, Orientierung, Wegweisung, geduldige Begleitung. Sie kommt den Menschen im Gebet wie in den Werken der Barmherzigkeit nahe. (Fortsetzung folgt)

Pfarrnachrichten 37/2015 - 23. Sonntag Jahreskreis (B)

Effata: Jesus heilt den Taubstummen [public domain]

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Panaleon!

Wie ein roter Faden zieht sich durch die drei Sonntagslesungen die Aufforderung, an Gott als den zu glauben, der uns Menschen zu einer lebensfrohen Gemeinschaft erlösen kann.

Jeder von uns hat erfahren, wie schnell man in eine Sackgasse geraten und den Mut verlieren kann. Demgegenüber ermutigt der Propheten Jesaja (35,4-7) von Gott her: „Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! … Er selbst wird kommen und euch erretten. Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen. Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf. In der Wüste brechen Quellen hervor, und Bäche fließen in der Steppe. Der glühende Sand wird zum Teich und das durstige Land zu sprudelnden Quellen.“

Der heilige Jakobus (Jak 2,1-4) möchte, dass dieser vertrauende Glaube lebendig bleibt. So fügt er den folgenden aufschlussreichen Akzent hinzu: „Haltet den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit, frei von jedem Ansehen der Person.“ Dahinter verbirgt sich seine Klage, dass sich manche durch einige Reiche ablenken lassen, die „mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung“ zu den Versammlungen kommen. In der Folge werden Gott und das Vertrauen auf ihn, von dem alles andere getragen wird, zweitrangig. Im Mittelpunkt steht auf einmal etwas anderes.

Das hat schlimme Folgen: Die Armen werden übersehen. Das Verhältnis ihnen gegenüber wird getrübt und belastet damit grundsätzlich die Gemeinschaft der Menschen: Sie wird aufs Spiel gesetzt. Jakobus findet eindringliche Worte zur Aufhebung dieses Missstandes: „Hört, meine geliebten Brüder: Hat Gott nicht die Armen in der Welt auserwählt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben des Königreichs zu machen, das er denen verheißen hat, die ihn lieben?“

Vor diesem Hintergrund ist eine weitreichende Interpretation der Heilung des Taubstummen möglich, wie sie uns im Sonntagsevangelium (Mk 7,31-37) erzählt wird. Dieser Wunderbericht veranschaulicht die heilende, von Gott geschenkte Erlösung aller Menschen aus der Bedrohung der Sprach- und Gehörlosigkeit. Diese Bedrohung ist heute sehr aktuell. Wir beobachten eine zunehmende Isolierung und Vereinsamung in unsere Gesellschaft.

Das Leben scheint schnell in diese Sackgasse führen zu können. Sehr leicht nehmen Menschen einander nicht mehr wahr. Die Kommunikation wird dann einseitig. So ist der gegenseitige Austausch bedroht und kann ganz verloren gehen. Der Taubstumme steht für diese Situation. Er lebt unter vielen anderen weitgehend isoliert in seiner eigenen Welt. Ein Leben ohne Kommunikation aber führt zum Tod. So brachte man den Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.“

Ungebrochen geht auch heute eine ganz große Kraft von den „Berührungen“ Jesu besonders durch die Sakramente aus. Auch heute möchte Jesus jeden einzelnen beiseite nehmen, wie damals den Taubstummen. Deshalb erzählt der Hl. Markus den Heilungsprozess so detailreich: „Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich!“

Es tut unsere Welt Not, Jesu „Seufzen“ zu beachten. Es ist das Seufzen Gottes angesichts all der Egomanie, die es vielen so schwer macht, einander und in der Mitte von allen besonders auch Gott wahrzunehmen.

Wir dürfen nicht länger all den Dreck in unseren Ohren, und die vielen sich überlagernden und gegenseitig auslöschenden Frequenzen zulassen, die uns für das Entscheidende taub machen. Wir müssen zulassen, dass Gott uns ein feines Gehör schenkt, um ihn und all die Notleidenden zu hören. Er möchte auch unsere Zunge geschmeidig und lebendig machen, wo sie ausgetrocknet, wortkarg und todbringend ist.

Der Heilige Markus kann vom Taubstummen, der sich zu Jesus mit der Bitte führen ließ, er möge ihn berühren, schließlich berichten: „Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 36/2015 - 22. Sonntag Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Der heilige Markus berichtet im Sonntagevangelium, dass die Pharisäer Jesus wegen einiger seiner Jünger zur Rede stellten Sie „aßen ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen.“ Für den nichtjüdischen Leserkreis fügt Markus erklärend hinzu: „Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.“

Auf ihre Anklage antwortet Jesus den Pharisäern unerwartet scharf mit Worten des Propheten Jesaja, den er zitiert: „Der Prophet Jesaja hatte Recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.“

Wo liegt das Problem?

Im Laufe der Jahrhunderte waren immer mehr Vorschriften und Regelungen zu den 10 Geboten als dessen Ausführungsbestimmungen hinzugekommen, dass sie schließlich den tieferen Sinn und den eigentlichen Inhalt der zehn Gebote bis zur Unkenntlichkeit entstellten. Es waren so viele Reinheits- und sonstige Religions-Vorschriften, dass ein gewöhnlicher Jude sie weder alle kennen noch alle erfüllen konnte. Manch einer aus der Klasse der Schriftgelehrten und Pharisäer war pausenlos damit beschäftigt, sie möglichst alle einzuhalten. Für den eigentlichen Gehalt und den tieferen Sinn der 10 Gebote fehlte aber das angemessene Gespür. Das blieb auf der Strecke.

Fehlgeleiteter religiöser Aktivismus kann dazu führen, mehr auf sich selber als auf Gott und seinen Nächsten gerichtet zu leben. Religion wird so in ihr Gegenteil verkehrt. Anhaltendes scheinbar religiöses Tun kann unbemerkt dazu führen, den inneren Zugang zu Gott, zu seinem Nächsten und zu sich selber zu verlieren. Damit geht auch der Gehalt der 10 Gebote verloren.

Um mit den 10 Gebote im Besonderen, aber auch mit den immer nötigen „Ausführungsbestimmungen“ in rechter Weise umzugehen und sie dadurch wahrheitsgemäß zu verstehen und zu leben, sind die Worte wichtig, die einst Mose an das Volk richtete. Es sind Worte der ersten Lesung dieses Sonntags aus dem Buch Deuteronomium: „Ihr sollt dem Wortlaut dessen, worauf ich euch verpflichte, nichts hinzufügen und nichts davon wegnehmen; ihr sollt auf die Gebote des Herrn, eures Gottes, achten, auf die ich euch verpflichte. Ihr sollt auf sie achten und sollt sie halten.“

Der dargelegten Zusammenhang macht deutlich, dass die 10 Gebote und ihre „Ausführungsbestimmungen“ nur so viel wert sind, wie sie eine Herzenssache sind. Die äußere Erfüllung bringt nichts. Es ist also notwendig, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sie zu durchdringen, ihre Tragweite auszuloten und dann auch ihnen gemäß zu leben.

Worum geht es beim dritten Gebot, der Heiligung des Sabbats, und der katholischen „Ausführungsbestimmung“ der sogenannten Sonntagspflicht? Was ist mit den Geboten „Du sollst Vater und Mutter ehren …, du sollst nicht töten … nicht die Ehe brechen“ … usw. alles gemeint: quantitativ und qualitativ?

Es geht nicht darum, Gebote und Ausführungsbestimmungen über Bord zu werfen. Man kann weder auf ihre Formulierung noch darauf verzichten, sich an sie zu halten und sie einzufordern. Sonst würde das Kerngebot der Liebe ohne Inhalt bleiben und niemand würde es in rechter Weise verstehen geschwiege denn umsetzen können. Es geht vielmehr darum, sich mit den Geboten sowohl im Gespräch mit Gott und vor seinem Antlitz aber zugleich auch in Gemeinschaft mit der Kirche und ihrer von Gott geleiteten Tradition auseinander zu setzen. So kann sich jeder bewusst werden, wieweit er danach lebt und in welche Richtung er sich mit Gottes Gnade weiter entwickeln sollte.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 35/2015 - 21. Sonntag Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Mit Blick auf die Eucharistie, das große Geheimnis des Glaubens, fordern uns die biblischen Lesungen dieses 21. Sonntages im Jahreskreis heraus, unser Glaubensleben einer aufrichtigen Prüfung zu unterziehen.

In der alttestamentlichen Lesung wird berichtet, wie Josua „zum ganzen Volk sagte: Wenn es euch aber nicht gefällt, dem Herrn zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter jenseits des Stroms dienten, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt.“

Offenbar war das religiöse Leben des Volkes oberflächlich geworden. Die religiösen Bräuche wurden nur noch äußerlich, aber nicht mehr von innen vollzogen. Dem Volk waren die Auseinandersetzung und der lebendige Umgang mit dem einen Gott abhandengekommen. Gedankenlose Gewohnheiten aber prägen und verändern nicht. Das alltägliche Leben verliert sich dann in Plattitüden.

So hatten die Glaubensvollzüge und religiösen Rituale ihre positive Auswirkung verloren. Insbesondere wurden der Alltag und der tägliche Umgang miteinander nicht länger von der Überzeugung getragen, dass der Mensch alles Gute vor allem Gott verdankt und dass er sich ohne Gott am Ende verliert. Damit war das Überleben des auserwählten Volkes gefährdet.

In dieser Krisensituation entschied das Volk sich für den einzigen und wahren Gott und „antwortete: Das sei uns fern, dass wir den Herrn verlassen und anderen Göttern dienen. Denn der Herr, unser Gott, war es, der uns und unsere Väter aus dem Sklavenhaus Ägypten herausgeführt hat und der vor unseren Augen alle die großen Wunder getan hat. Er hat uns beschützt auf dem ganzen Weg, den wir gegangen sind, und unter allen Völkern, durch deren Gebiet wir gezogen sind. Auch wir wollen dem Herrn dienen; denn er ist unser Gott“

Ähnliches, aber doch auch anders und noch entscheidender, wird uns von Jesus und seinen Jüngern im Evangelium dieses Sonntages berichtet.

Die eucharistischen Worte Jesu hatten Unmut und Befremden hervorgerufen: „Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.“ (Joh 6,55f) Nach diesen Worten „sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?“ Der Evangelist berichtet uns, dass Jesus das „Murren seiner Jünger erkannte, und sie (deshalb) fragte: Daran nehmt ihr Anstoß?“

Sein Hinweis, dass der Geist „lebendig macht; das Fleisch (hingegen) nichts nützt“, wird von den meisten überhört, die sich daraufhin zurückzogen „und nicht mehr mit ihm umherwanderten.“

In anderer, aber durchaus vergleichbaren Weise wie einst Josua „fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“

Nach neutestamentlichem und bereits altchristlichem Verständnis ist das eucharistische Abendmahlsbrot in der Tat der Leib Christi, und der verwandelte Wein wirklich das Blut Jesu, mit seiner ganzen Gott- und Menschheit. So erklärt etwa der hl. Johannes Chrysostomus († 14. September 407): „Nicht der Mensch bewirkt, dass die Opfergaben Leib und Blut Christi werden, sondern Christus selbst, der für uns gekreuzigt worden ist. Der Priester, der Christus repräsentiert, spricht diese Worte aus, aber ihre Wirkkraft und Gnade kommen von Gott. Das ist mein Leib, sagt er. Dieses Wort verwandelt die Opfergaben.“ (prod. Jud. 1,6).

„Wollt auch ihr weggehen?“ Heute, an diesem Sonntag, stellt der Herr diese Frage auch uns, die ich für unser Beten und Nachdenken vor und mit Gott mit den folgenden drei Fragen konkretisieren möchte: (1) Ist das Weihwasser, mit dem ich mich beim Betreten der Kirche bekreuzige, bewusste Erinnerung und gläubiger Nachvollzug, dass Gott bei meiner Taufe den alten Menschen in mir „abgewaschen und ertränkt“ hat? (2) Ist meine Kniebeuge vor dem Tabernakel überzeugender Ausdruck meines Glaubens, dass in der Hostie im Tabernakel Gott in ganz besonderer Weise gegenwärtig ist? (3) Gehe ich zu Kommunion in der Haltung, dass ich nicht irgendeinem Minister, auch keinem Staatspräsidenten und keinem Papst, sondern dem allmächtigen Gott begegne, der sich mir zu meinem irdischen und ewigen Heil als Nahrung und Speise anvertraut und hingibt?

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 34/2015 - 20. Sonntag Jahreskreis (B)

Darstellung des Sanctus in der Heiligen Messe; wahrscheinlich St. Amand, um 875 [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im heutigen Sonntagsevangelium wird anlässlich der sogenannten „eucharistischen Rede des Herrn“ in Kafarnaum (Johannes-Evangelium, Kapitel 6) berichtet, dass „sich die Juden stritten und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?“ Wie die Ankündigung des Leidens hat auch die erste Ankündigung der Eucharistie die Jünger entzweit und Entrüstung hervorgerufen. Am kommenden Sonntag werden wir hören, dass die Worte und Erklärungen Jesu sogar dazu führten, dass sich schließlich „viele Jünger zurückzogen und nicht mehr mit ihm umherwanderten“ (Joh 6,26).

Die Worte des Herrn, die diese heftige Reaktion auslösten, sind hinlänglich bekannt: “Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt. … Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.“ (Joh 6,51.53, 56)

Aber weniger bekannt ist, was alles damit gemeint ist. – Die sogenannte „eucharistische Rede des Herrn“ in Kafarnaum, die wir im Augenblick über mehrere Sonntage verteilt als Sonntagsevangelien hören, führt uns eine der ganz großen Wirklichkeiten unseres Glaubens vor Augen, erinnert uns an sie und möchte uns schrittweise tiefer in sie hineinnehmen.

Am Gemeinten unterscheiden sich die Geister. Die einen erklären, es scheint die quantitative Mehrheit gewesen zu sein: „Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?“ (Joh 6,60) Sie ziehen sich zurück und gehen ihre eigenen Wege. Demgegenüber waren es wohl nur einige wenige, die geblieben sind. Der Herr lief diesen wenigen nicht hinterher. Er fordert sie vielmehr zum Glauben heraus mit der Frage: „Wollt auch ihr weggehen?“ (Joh 6,67)

Petrus nahm die Herausforderung an und antwortete: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (Joh 6,68f) Seine Antwort macht deutlich, dass er die Tragweite der Worte Jesu erkannt hat; denn in den anstoßerregenden Worten erklärt Jesus unmissverständlich: Wer die Gabe der Eucharistie empfängt, empfängt den menschgewordenen Gott selber; und mit ihm alle Verheißungen und überhaupt alles, was er unter uns lebend für uns getan hat.

Die Antwort des Hl. Petrus lässt jedoch offen, wie weit er zu diesem Zeitpunkt bereits in die Inhalte der Aussage Jesu hat eindringen können. In dieser Hinsicht überlässt Petrus sich ganz dem Heilige Geist und seinem zukünftigen Wirken in der Kirche.

Von da an reflektiert die Kirche das Mysterium der Eucharistie immer wieder. Sie lotet die Tiefe dieses ganz großen „Geheimnis des Glaubens“ aus und beginnt sie umfassend zu „buchstabieren“. So etwa in einem alten Gebet, in dem die Kirche dieses Geheimnis mit den Worten lobpreist: „O heiliges Mahl, in dem Christus unsere Speise ist; Gedächtnis seines Leidens, Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigen Herrlichkeit“ (Antiphon vom Magnificat der 2. Vesper vom Fronleichnamsfest).

Die Eucharistie, so wurde in der Gemeinschaft der Kirche also erkannt, ist die Gedächtnisfeier des Pascha des Herrn, in der mit der realen Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie als Gott und Mensch zugleich auch all das vergegenwärtigt ist, was Jesus für unser Heil bewirkt hat: die uneingeschränkte Erlösung aller, die sich darauf einlassen und im Glauben zustimmen.

Die Eucharistie ist darüber hinaus die Vorwegnahme der himmlischen Herrlichkeit. Diese fortschreitende Einsicht der Kirche findet sich ausformuliert ebenfalls in ihren Gebeten wieder, etwa im „Römischen Hochgebet“: dass wir „durch unsere Teilnahme am Altar ... mit aller Gnade und allem Segen des Himmels“ erfüllt werden.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 31/2015 - 17. Sonntag Jahreskreis (B)

Mosaik der Brotvermehrungskirche in Tabgha am See Genezareth. Aber wo ist das fünfte Brot? – Es mag unter den anderen liegen. Es kann aber auch auf dem Altar liegen; und wir essen noch heute davon. [public domani]

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Gott gibt im Überfluss. Um davon empfangen und leben zu können, müssen allerdings auch wir Gott und unserem Nächsten geben, was wir haben. Gottes Großzügigkeit setzt notwendigerweise unsere voraus; auch von einer inneren Logik und Notwendigkeit her, die weiter zu entfalten hier nicht möglich ist.

Der Wunsch, dass es doch einfacher wäre und nicht so viel von uns abverlangt werde, ist bekannt. Aber die Erfahrung und ihre Reflektion lehren, dass es anders nicht geht und auch nicht gehen kann. Da Erfahrungen und ihre Reflektion mehr im nachherein und weniger in der Vorausschau möglich sind, bleibt es eine Sache des Glaubens – wenn auch eines reflektierten und wohlbegründeten Glaubens –, sich auf diese „Spielregeln“ jedes Mal neu einzulassen und ihnen gemäß zu leben.

Die für diesen Sonntag vorgesehene erste Lesung (2 Kön 4, 42-44) ermutigt dazu. Sie ist zugleich eine Einstimmung auf das in dieser Sache noch eindringlichere Sonntagsevangelium.

Es wird von einem Mann berichtet, der dem Gottesmann Elischa zwanzig Gerstenbrote und frische Körner in einem Beutel brachte. Elischa befahl seinem Diener: Gib es den Leuten zu essen! Doch dieser sagte: Wie soll ich das hundert Männern vorsetzen? Elischa aber sagte: Gib es den Leuten zu essen! Denn so spricht der Herr: Man wird essen und noch übrig lassen. Nun setzte er es ihnen vor; und sie aßen und ließen noch übrig, wie der Herr gesagt hatte.“

Im Sonntagsevangelium (Joh 6, 1-15) ist es viel weniger („fünf Gerstenbrote und zwei Fische“), was die Jünger auf Jesu Wort hin viel mehr Leuten („es waren etwa fünftausend Männer“) zu essen geben. Auch scheint das übrig Gebliebene, das hier nun genau beziffert wird, viel mehr zu sein: Die Jünger Jesu „füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren.“ Die Augenzeugen und Nutznießer waren so beeindruckt, dass sie sagten: „Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll.“

Was Jesu Ihnen damit sagen wollte, haben sie jedoch nicht verstanden. Als sie ihn „in ihre Gewalt bringen und zum König machen“ wollten, „zog er sich … auf den Berg zurück, er allein.“

Wollen wir Jesus verstehen?

Dann müssen wir glauben und vertrauen (s.o.), und die immer wieder neue Versuchung überwinden, nur Nutznießer zu sein. Andernfalls gingen auch wir am Ende leer aus.

Die Geschichte der Vermehrung von den fünf Broten und den zwei Fischen führt das Ganze anschaulich vor Augen. Sie beginnt damit, dass Jesus angesichts der vielen Menschen, die zu ihm kamen, den Philippus fragte: „Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?“ Der Evangelist Johannes fügt hinzu: „Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte.“ Es geht also in der Tat um Glauben und Vertrauen!

„Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll.“ Zweihundert Denare – gut zwei Drittel vom Jahresgehalt eines Tagelöhners – wird Philippus nicht in der Tasche gehabt haben. Die weiteren Ereignisse, wie der Evangelist sie erzählt, bringen nun alles auf den Punkt: „Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!“

Daraufhin trägt Jesus seinen Jünger auf: „Lasst die Leute sich setzen! … Dann nahm er die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen.“

Wo Menschen, wie der kleine Junge und die scheinbar hilflosen Jünger, das geben, was sie können – um Gott zu danken, zu ehren und um zum Wohl aller beizutragen –, da ist Gott überraschend und auch „beschämend“ großzügig, weil er in seiner Großzügigkeit den immer zu kleinen Glauben übertrifft. Die Erfahrung bestätigt es.

Überwinden auch wir, glaubend und vertrauend, die inneren Widerstände? Geben auch wir großzügig, um in Gottes Großzügigkeit leben zu können?

Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 29/2015 - 15. Sonntag Jahreskreis (B)

Katalanischer Meister: Christus und die Apostel {public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am letzten Sonntag hörten wir von der Ablehnung Jesu in seiner Heimatstadt Nazareth. Lapidar hieß es da am Schluss: „Und er wunderte sich über ihren Unglauben.“ Die Leute glaubten, Jesus zu kennen, und darum glaubten sie ihm nicht. Die Ablehnung gehört von Anfang an zur Glaubensgeschichte. Auch uns Christen heute macht sie zu schaffen.

Heute erfahren wir, wie der Herr auf die Ablehnung und den Unglauben reagiert. Er zieht sich nicht zurück und jammert nicht über die Verstocktheit der Seinen. Er sammelt vielmehr seine Jünger um sich. Das wird ganz kurz angedeutet mit den Worten: „Jesus rief die Zwölf zu sich...“

Zugleich ruft er auch die zu sich, die zu ihm gehören wollen, also auch uns. Vor der Sendung steht die Sammlung. Als gläubige Christen versammeln wir uns, um uns auf die wichtigen Dinge im Glauben zu besinnen.

So hat es auch Paulus gemacht, als er im Gefängnis saß und nichts anderes mehr tun konnte als Briefe zu schreiben. Er beginnt seinen Brief an die Epheser mit einer Besinnung auf Gottes erwählende Liebe: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus...“

Der tiefste Grund unseres Lebens liegt darin, schon immer von Gott erwählt zu sein, als seine Kinder, als Kinder Gottes zu leben. Was uns auch immer im Einzelnen widerfährt: über unserem Leben liegt Gottes Segen.

Darauf müssen wir uns als gläubige Christen immer wieder besinnen. Ohne die Sammlung beim Herrn sind wir auf uns selber gestellt, und wir bleiben anfällig dafür, von den oberflächlichen Strömungen des Lebens hin und her gerissen zu werden. Auch aus diesem Grund ist die Mitfeier der sonntäglichen Eucharistie so wichtig.

Dann kann der zweite Schritt folgen: unsere Aufgaben im alltäglichen Leben wirklich gut zu erledigen. So geben wir Zeugnis ab von der Größe und Liebe Gottes, die sich in unserem Tun widerspiegelt. Darüber hinaus sind auch wir gesandt, über das Evangelium und Jesu Worte zu reden und sie im Freundeskreis bekannt zu machen.

Bemerkenswert ist, dass Jesus seine Jünger zu zweit ausgesandt hat. Kein Apostel sollte allein sein mit seinen Schwierigkeiten. Das ist auch heute sinnvoll, wenn Christen das Evangelium unter ihresgleichen bringen wollen. Es ist hilfreich, Gleichgesinnte zu suchen; um sich gegenseitig zu stärken.

Im heutigen Evangelium lesen wir zudem noch, dass die Umkehr ganz am Anfang steht: „Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf.“

Es darf nicht bei Schönrederei oder unverbindlichen Vorsätzen bleiben. Ohne Umdenken und tatsächliches Umkehren bleiben wir dem Reich Gottes fern. Die Ferienzeit ist gewiss eine gute Gelegenheit, um uns in der Gegenwart des Herrn neu zu sammeln, den Ruf zur Umkehr in uns aufzunehmen und die jeweils notwendigen Weichen zu stellen, um gut erholt und mit neuem Schwung in diesem Sinne als Kinder Gottes zu leben.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 27/2015 - 13. Sonntag Jahreskreis (B)

Jesus weckt die Tochter des Jairus von den Toten auf (Mk 5,21 ff). - In den Bericht über diese Totenerweckung hat Markus die Heilung der blutkranken Frau kunstvoll eingewoben. [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

An diesem Sonntag wird in der kürzen Fassung des Evangeliums der mittlere Teil ausgelassen, auf den im Folgenden näher eingehen werden soll. Dort wird von einer Frau erzählt, „die schon zwölf Jahre an Blutungen litt“, ohne dass ihr ein Arzt helfen konnte (vgl. Mk 5,25 f). Sie drängte sich durch die Menge, um von hinten Jesu Gewand zu berühren. „Denn sie sagt sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt.“ (Mk 5,28).

Erzählt Markus hier von einer Frau, die meint, einen physischen Kontakt zu Jesu Gewand herstellen zu müssen, um geheilt zu werden? Das wäre Aberglaube.

Als aufgeklärte Gläubige wissen wir, dass Weihwasser kein Wundermittel, sondern nur ein „Sakramental“ ist. Natürliches Lourdeswasser ist nicht einmal das. Auch können wir mit einem Kreuz keine Fledermäuse vertreiben. Und schützt eine Christophorus-Medaille im Auto wirklich vor Unfällen, wenn doch unsere Unaufmerksamkeit sie verursachen? Muss man zur Unfallvermeidung nicht zuerst dort ansetzen, statt das Auto mit zusätzlichen Medaillen auszustatten? Ebenso wenig kann ein tief fromm gesprochener Wettersegen einen guten Blitzableiter bzw. eine professionelle Wettervoraussage ersetzen.

Wenn, dann ist es doch Gott, der hilft; und ihn können und sollen wir auf direktem Wege bitten. – Sind damit Weihwasser, Medaillen, Taschenkreuze etc. wertlos, nur nutzlose Zwischeninstanzen, oder gar „Brimborium“ und „Aberglaube“?

Sogenannte aufgeklärte Christen, insbesondere protestantischer Richtungen, haben es in dieser Denkweise soweit getrieben, dass sie sogar in der Kommunion nur noch ein Zeichen sehen wollen, aber nicht mehr den Kraft schenkenden und Sünden vergebenden Gottessohn. Entscheidend sei allein der Glaube, so sagen sie. Nur Gott schenke Heil und Erlösung. Alles andere, Weihwasser, Medaillen etc. verneble das nur und müsse deshalb abgeschafft werden.

Haben anfangs vielleicht sogar die Apostel ein wenig in dieser Richtung gedacht? Jedenfalls verstehen sie nicht, was Jesus mit der Frage meint: „Wer hat mein Gewand berührt?“

Jesus hört über die dann folgenden Frage und Einwände der Jünger einfach hinweg. So dürfen also auch wir in solchen Fragen des Glaubens „aufgeklärte“ Kritiker und Zweifler ggf. einfach „überhören“. Man muss ihnen nicht immer Gehör schenken. Jesus hat das auch so gemacht. Hauptsache, man behält ein offenes Ohr für Gott und seine Kirche.

Jesus bezeichnet dann die Überzeugung der Frau als „Glaube“, der ihr „geholfen“ hat. Es ist jedoch nicht irgendeine geheime Kraft im Gewand Jesu, die ihr geholfen hätte. Ihr hat vielmehr der Glaube an Jesu Christus geholfen, der dieses Gewand trägt. So, und nicht anders, schenkt ihr dieses Gewand im Zeichen der Berührung Kraft und Heilung.

In eben diesem Sinne sind die Sakramentalien (Weihwasser, gesegnete Bilder und Kreuze etc.) „heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und Kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, 1667) Deshalb ist es sinnvoll, und es hilft wirklich, wenn man sich im Gedächtnis an die eigene Taufe mit Weihwasser bekreuzigt, etwa beim Betreten einer katholischen Kirche, oder wenn man ein Kreuz am Computerbildschirm befestigt, um von gewissen Versuchungen befreit zu werden.

Wenn wir an Gottes Macht glauben, dann schützen ebenfalls eine Christophorus-Medaille, ein Wettersegen oder ein Herrgottswinkel im Wohnzimmer; dann haben Reliquien und Andenken einen guten Platz in unserem Leben. Wenn wir so wie die Frau im Evangelium, unserer erste Hoffnung auf Gott setzen, dann kann all das jenes Heil vermitteln, das Gott uns schenkt.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 26/2015 - 12. Sonntag Jahreskreis (B)

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Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Einmal, an einem Abend, hat Jesus seine Jünger aufgefordert, „ans andere Ufer hinüberzufahren.“ So berichtet der Hl. Markus, und wir hören es jetzt als Sonntagsevangelium (Mk 4,35-41): „Die Jünger schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg. … Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, so dass es sich mit Wasser zu füllen begann.“

Der See Genezareth, auf dem sich das zugetragen hat, ist wegen seiner heimtückischen Wirbelstürme einschlägig bekannt. Sie werden selten aber zugleich auch kaum vorhersehbar immer wieder einmal durch die hohen Temperaturunterschiede der vom See aus im östlichen Bergland sehr viel höher als im Westen liegenden Luftmassen hervorgerufen. Diese Wirbelstürme verursachen oft größere Seenot.

An diesem Abend nun brach einer dieser gefürchteten Wirbelwinde mitten auf dem See über die Jünger ein, so dass sie um ihr Leben kämpften mussten. Jesus „aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief.“ Das ist schon sehr erstaunlich; und wir werden darauf gleich zurückkommen. Die Apostel „weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“

„Da stand er auf“, berichtet der Evangelist, „drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich, und es trat völlige Stille ein. Zu ihnen (aber) sagte er: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“

Beim letzten Schulgottesdienst fragten Grundschüler aus der zweiten Klasse, ob das denn alles wahr und so geschehen sei. – Nun: Grundsätzlich sind vor allem die neutestamentlichen Erzählungen Augenzeugenberichte. Das erklärt u.a. der Evangelist Johannes (1 Joh 1,1): „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: das Wort des Lebens.“

Und das letzte große, das zweite vatikanische Konzil hat in der dogmatischen Konstitution „Dei Verbum“, (Nr. 19) nicht ohne Anlass erneut betont, dass „unsere heilige Mutter, die Kirche, entschieden und unentwegt daran festgehalten hat und daran fest hält, dass die vier genannten Evangelien, deren Geschichtlichkeit sie ohne Bedenken bejaht, zuverlässig überliefern, was Jesus, der Sohn Gottes, in seinem Leben unter den Menschen zu deren ewigem Heil wirklich getan und gelehrt hat bis zu dem Tag, da er aufgenommen wurde.“

Die Frage der Kinder ist dennoch berechtigt; und es ist nicht nur ihre Frage. Denn wenn Jesus tatsächlich den Sturm zum Schweigen gebracht hat, dann ist er mehr als ein gewöhnlicher Mensch. Dann hat er göttliche Kraft. Dann ist er nicht nur Mensch sondern zugleich auch Gott. Das deutet auch abschließend der Evangelist an: „Da ergriff sie (die Apostel) große Furcht, und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen?“

Die Evangelienberichte haben aber darüber hinaus meist noch einen tieferen Sinn. So lässt sich bezogen auf den Wunderbericht von diesem Sonntag u.a. fragen, wer hier eigentlich wen aufweckt. Auf den ersten Blick wecken natürlich die Apostel den Herrn auf. Aber ist es in Wirklichkeit nicht umgekehrt so, dass der Herr die Apostel aufweckt?

Sie sind ganz mit sich und ihrer aktuellen Lebenssituation so beschäftigt, dass sie für nichts und für niemanden mehr etwas übrig haben. So kann Gott nicht mehr bei ihnen sein. Deshalb zieht Jesus sich zurück und legt sich demonstrativ, fast schon provokativ auf ein Kissen und schläft seelenruhig. Erst dadurch, dass es den Aposteln an den Kragen ging, haben sie sich wieder Jesus und damit Gott zugewandt; und dann wohl auch ihrem Nächsten.

Hier wird der Sinn der Stürme und der scheinbaren Abwesenheit Gottes in den schwierigen Stunden unseres Lebens deutlich. Gott lässt das zu, um uns aufzuwecken aus dem Schlaf falscher Selbstgenügsam- und Selbstgerechtigkeit.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 25/2015 - 11. Sonntag Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Angesichts unserer Festwoche vom 14. bis 21. Juni erlauben wir uns, in diesen Pfarrnachrichten einmal ganz in eigener Sache zu schreiben. Allem voran bitte ich um tatkräftige Mithilfe in den nächsten Tagen; vor allem beim Pfarrfest am kommenden Sonntag.

Wir haben jedes Jahr mit vereinten Kräften immer wieder ein wunderschönes Pfarrfest auf die Beine stellen können. Das wird auch in diesem Jahr so sein. Allerdings haben sich die dafür notwendigen Helfer jedes Jahr später und im wahrsten Sinn des Wortes zunehmend erst "auf den letzten Drücker" gemeldet. Das scheint in diesem Jahr sogar noch eindeutiger als in den Vorjahren so zu sein. Noch weist die im Eingangsbereich der Kirche ausliegende „Helferliste“ mehr Lücken auf als ausgefüllte Felder.

So möchte ich Sie hiermit und auf diesem Weg auf Ihre Mithilfe ansprechen. Im Einzelnen: Wer hilft noch mit (je mehr, umso besser):

·         Beim Aufbau für das Pfarrfest am Samstag, 20. Juni ab 10 Uhr (bis gegen 13 Uhr);

·         Beim Aufstellen der Pavillons am Sonntag, 21. Juni von 9 bis 10 Uhr;

·         Beim Abbau am Sonntag, 21. Juni ab 17.30 Uhr.

Wer kann am Sonntag, 21. Juni bei folgenden Ständen / Theken mithelfen (noch überwiegen die Lücken):

Uhrzeit

12-13

13-14

14-15

15-16

16-17

17-18

Limotheke

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XXXX

 

 

 

 

Biertheke

 

 

 

 

 

 

Kuchenstand I

 

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Kuchenstand II

 

 

 

 

 

 

Grillstand I

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XXXX

 

 

 

 

Grillstand II

 

 

 

 

 

 

Waffeln backen

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XXXX

 

 

 

 

Kuchenspenden können am Samstag zwischen 10 und 12 Uhr im Pfarrbüro oder am Sonntag an der Kuchentheke abgegeben werden.

Wer von den Mädchen möchte wieder die ehrenvolle Aufgabe übernehmen, das Allerheiligste links und rechts von den „Himmelsträgern“ mit Blumen zu begleiten? – Bitte gebt mir Bescheid und kommt unmittelbar nach der Heiligen Messe am Pfarrfest-Sonntag vor der Sakristei!

Wer von den Jugendlichen trägt wieder die Fahnen? Wer möchte die Verstärker bei der Prozession tragen? Bitte gebt auch Ihr mir Bescheid. – Die Messdienern haben mir ja schon gesagt, dass sie als Kreuzträger; für den Weihrauch; die Glocken …) dabei sind!

Wer möchte bei der ehrenvollen Aufgabe als Vorbeter bei der Prozession ggf. noch unterstützen? – Welcher Ortskundige führt die Prozession an, sichert bei jeder Straßenkreuzung?

Desweitern freuen wir uns sehr auf die beiden vielversprechenden Konzerte in unserer Festwoche und auf unser diesjähriges Theophanugedenken mit dem an die Heilige Messe für die Einheit der Christen in Ost und West sich anschließenden orthodoxen Totengedächtnis am Grab der Kaiserin.

Der ökumenische Geist unseres langjährigen Theophanugedenkens hat den Wunsch unseres Kardinals bestärkt, hier in St. Pantaleon in naher Zukunft im ehemaligen Altenheim, für dessen langjährigen Leerstand nicht die Pfarrei sondern andere verantwortlich sind, vor allem christliche Flüchtlinge und bald wohl auch ein sozial-pastorales Zentrum vor allem für Christen aus Syrien unterzubringen.

Vor dem Pfarrfest am Sonntag findet Freitagabend unsere vielversprechende Filmnacht statt. Es wird ein besonderes Event vor unvergesslicher Kulisse: ein bemerkenswerter Film, den man so schnell nicht vergisst. Teils auch sehr deftig (FSK 16), aber immer irisch-katholisch konfrontiert er mit existentiellen Fragen, denen sich am Ende niemand wird verschließen können. Das überraschende Ende geht einem nach!

Man kann wegen der Qualität des Filmes nichts falsch macht, viele Freunde und Bekannte einzuladen. Auf der letzten Berlinale hat der Film sehr gute Kritiken erhalten!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hidlebrandt

 

Pfarrnachrichten 21/2015 - 7. Sonntag Osterzeit (B)

Christi Himmelfahrt - Fresko von Gebhard Fugel (1863-1939 - Pfarrkirche Obereschbach [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der siebte Sonntag in der Osterzeit ist sowohl der Sonntag nach Christi Himmelfahrt wie der Sonntag vor Pfingsten. An diesem siebten Sonntag betet die Kirche im Schlussgebet der Sonntagsmesse: „Erhöre uns Gott, unser Heil und schenke uns die feste Zuversicht, dass durch die Feier der heiligen Geheimnisse die ganze Kirche jene Vollendung erlangen wird, die Christus, ihr Haupt, in deiner Herrlichkeit schon besitzt.

Was damit gemeint ist lässt sich gut veranschaulichen, wenn beide Hochfeste, das Fest Christi Himmelfahrt und das Pfingstfest, zusammen gesehen werden. Das reale Geschehen, das an beiden Festtagen gefeiert wird – die Wirklichkeit der Himmelfahrt Christi wie die Herabkunft des Heiligen Geistes am Pfingsttag – ist zugleich phantasievoll wie zwei große sich ergänzende Gemälde, wie zwei korrespondierende Bilder.

Die Apostelgeschichte überliefert (vgl. Apg 1,8-11), wie der Herr die Apostel ein letztes Mal bestärkt und ihnen verspricht: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein.“ Dann „wurde er vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.“ Über die Apostel wird dann berichtet, dass sie „unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten“.

Man wird erinnert an bewegende Abschiedszenen, vielleicht aus der Kindheit, wo man dem Geliebten, auch nachdem er schon längst den Blicken entschwunden ist, noch lange hinterherwinkt. Grund dafür ist die Hoffnung, man möge ihn doch noch einmal erblicken oder zumindest so bald wie möglich wiedersehen.

Diese Hoffnung der Apostel wird durch „zwei Männer in weißen Gewändern“ gestärkt, die plötzlich neben ihnen stehen: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“ Schon wenige, genau 10 Tage später erfüllt sich diese Hoffnung.

Gott lässt die Seinen nicht alleine. Er lässt sie nach seiner der Himmelfahrt in Jesus Christus nicht ohne seine besondere Gegenwart zurück. Wiederum ist es die Apostelgeschichte (vgl. Apg 2,1 ff), die davon berichtet: „Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.

Himmel und Erde sind durch Jesus Christus wieder miteinander versöhnt. Sie kommen zusammen, treffen aufeinander und verschmelzen miteinander nicht nur in der Ferne am Horizont. Sie werden tatsächlich eins im Herzen der Menschen, die glauben und sich dem Wirken Gottes nicht verschließen.

Darum betet die ganze Kirche an diesem Sonntag, wie oben wiedergegeben. Und das wird uns an diesem siebten Sonntag in der Osterzeit im Tagesevangelium (vgl. Joh 17, 6a.11b-19) mit Worten Jesu eindringlich gesagt: „Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. … Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.“

Das Böse, von dem hier die Rede ist, ist jene unheilvolle Entfremdung der Welt von Gott, ihrem Schöpfer und Erlöser, in der falschen Überzeugung, in sich selber, ohne und getrennt von Gott sein zu können. Darin ist auch der Hass begründet, den „die Welt“ gegen alles hat, was von Gott kommt und ihm gemäß sein will (vgl. Joh 17,14). – Der Teufel will Gott nicht. Die Gläubigen und die Heiligen wohl. Deshalb leben sie in der Wahrheit (vgl. Joh 17,19): In der Welt und durch Gottes Gnade und ihren Glauben zunehmend schon im Himmel.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 20/2015 - 6. Sonntag Osterzeit (B)

Corneliustaufe – Fresko von Johannes Zick 1746 - Pfarrkirche in Biberach [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

In der Apostelgeschichte wird detailreich erzählt, wie ein römischer Hauptmann namens Kornelius mit seinem ganzen Haus Christ wurde (Apg. 10, 1-48). Im Neuen Testament ist es der ausführlichste Einzelbericht der Bekehrung einer Großfamilie. Mit der Taufe des Kornelius und seines Hauses hat die junge Kirche den ersten Schritt in die sogenannte Welt der Heidenvölker vollzogen.

Über diesen Kornelius aus Cesarea wird berichtet, dass „er mit seinem ganzen Haus fromm und gottesfürchtig“ lebte. Da Cornelius und alle anderen in seinem Haus Heiden waren, ist damit folgerichtig eine Frömmigkeit und Gottesfurcht gemeint, wie sie dem Menschen von Natur aus entspricht.

Frömmigkeit als „pietas“ (Pietät) ist jene Achtung Gott und dem Nächsten gegenüber, die den Menschen sensibel werden lässt für das Große, das jedes Geschöpf, besonders jeden Menschen ausmacht. Dieses Große und Besondere – man spricht hier auch von (Menschen)Würde – ist nicht irgendein Zufallsprodukt, das auch nicht sein könnte. Die besondere Würde und Größe ruht darin, dass jedes Geschöpf, insbesondere jeder Mensch, ausdrücklich zumindest von Gott gewollt, gewünscht und geliebt ist.

Unsere Gesellschaft ist dabei, im Verlauf einer zunehmenden Gottlosigkeit, dieses Gespür wieder zu verlieren. Für Kornelius und die Seinen war dieses Gespür die Vorrausetzung dafür, dass Gott ihnen die Fülle des Glaubens, der Gnade und damit die Fülle an Frömmigkeit, an Pietät und Achtung vor Gott und den Menschen schenken konnte. Davon ist in der ersten Lesung des heutigen Sonntags die Rede.

Vorausgegangen waren sowohl dem Kornelius wie dem Heiligen Petrus von Gott geschenkte Visionen, die beide zusammen führten. Als Petrus schließlich im Haus des Kornelius vom Wirken Gottes durch Jesus von Nazareth erzählte, „kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten“. Über „die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren“, wird berichtet (Apg. 10,45), dass sie „nicht fassen konnten, dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde“.

Schließlich ordnet Petrus an, was am Anfang der Kirche noch unvorstellbar war, diese Heiden „im Namen Jesu Christi zu taufen“, ohne dass sie vorher Juden wurden. Petrus begründet diesen Schritt. Er sagt: „Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?“

Damit schließt sich der Kreis hin zum Sonntagsevangelium, in dem uns aus den sogenannten Abschiedsreden die folgenden Worte Jesu vorgetragen werden: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.“

Gratia praesupponit naturam“, so lautet ein bekannter Lehrsatz. Übersetzt: „Die Gnade setzt die Natur voraus“. Mit diesem Lehrsatz wird auf den Punkt gebracht, was uns unter anderem in den biblischen Lesungen an diesem Sonntag gesagt wird. Man kann es so formulieren: Wer die Gebote hält, d.h. wer so lebt, wie er es als gegeben vorfindet – modern formuliert: wer auf die Ökologie des Mikrokosmos Mensch hört und ihr gemäß lebt –, der entfaltet und kultiviert die Achtung und Wertschätzung vor Gott und dem Menschen; der lebt „pietätvoll“.

Wo Menschen so leben, ihrer Natur gemäß, da werden sie Gott und seiner Liebe begegnen, mit der alles steht oder – ohne sie – alles fällt. Das ist Gnade. Gott möchte – und kann sich folglich – nur dort mitteilen und als Gnade verschenken, wo der Mensch seine Natur pflegt und das entfaltet, was er in sich von Natur aus vorfindet. Deshalb sagt Jesus: „Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben.“ – Kennen wir die Gebote? Ist uns das Einhalten der Gebote ein Herzensanliegen? Leben wir gemäß der Natur, damit Gott uns mit seiner Gnade verwandeln und gleichsam vergöttlichen kann?

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 19/2015 - 5. Sonntag Osterzeit (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Jesus spricht über sich selber sehr oft in Bildern: in den sogenannten „Ich bin … - Worten“. Vergangenen Sonntag ging es um den Hirten und seine Schafe. In diesem Bild veranschaulicht Jesus die Beziehung zwischen sich als Hirt und den Seinen als Schafe (Joh 10,14): „Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen und die Meinen kenne mich.

An diesem Sonntag nun spricht Jesus über sich und die Seinen im Bild vom Weinstock und den Reben (vgl. Joh 15, 1-8). Zudem ist vom Vater die Rede: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab, und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.“

Das Bild vom Weinstock war den Zuhörern von damals gut vertraut. Bereits im alttestamentlichen Buch des Propheten Jesaja (Kapitel 5, Verse 1-7) wird das auserwählte Volk Gottes mit einem Weinberg verglichen: „Der Weinberg des Herrn der Heere ist das Haus Israel, und die Männer von Juda sind die Reben, die er zu seiner Freude gepflanzt hat.“

Aus diesem Grunde war an der Stirnseite des Jerusalemer Tempels ein großer goldener Weinstock angebracht, um daran zu erinnern. So war also das Bild vom Weinberg oder Weinstock den Zuhörern von damals vertraut. Allerdings wurde der alttestamentliche Weinberg von seinem Herrn am Ende zerstört, da er nicht die erwarteten Früchte brachte (Jes 5,4-6):

„Was konnte ich noch für meinen Weinberg tun, das ich nicht für ihn tat? Warum hoffte ich denn auf süße Trauben? Warum brachte er nur saure Beeren? Jetzt aber will ich euch kundtun, was ich mit meinem Weinberg mache: Ich entferne seine schützende Hecke; so wird er zur Weide. Seine Mauer reiße ich ein; dann wird er zertrampelt. Zu Ödland will ich ihn machen. Man soll seine Reben nicht schneiden und soll ihn nicht hacken; Dornen und Disteln werden dort wuchern. Ich verbiete den Wolken, ihm Regen zu spenden.“

Wenn nun Jesus mit diesem damals bekannten Bild sich selber als Weinstock und seinen Vater als den Winzer umschreibt, dann konnten seine Zuhörer eindeutig den hier enthaltenen Anspruch herauslesen: Jesus macht sich damit zum Herrn seines Volkes. Nachdem der erste Weinberg nicht die erwarteten Früchte hervorbrachte und zu Ödland wurde, sucht nun Gott Vater als Winzer durch seinen Sohn als Weinstock einen noch innigeren Umgang mit den Seinen als Reben.

Das neutestamentliche Bild ist gegenüber dem alttestamentlichen weitaus intimer. Es betont die enge Beziehung zwischen dem Vater als Winzer, dem Sohn als Weinstock und den mit ihm verbundenen Reben. Der Weinstock gibt den Reben Halt; er nährt die Rebe und lässt sie gedeihen: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“

Am häufigsten kommt in dieser bildhaften Weinstock-Rede das Wort „bleiben“ vor. Insgesamt neun Mal. Gemeint ist die gegenseitige und dann überaus segensreiche Verbundenheit in erster Linie von Weinstock und Rebe, von Jesus und den Seinen: „Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. … Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.“

Der Vater wiederum übernimmt die wichtige Aufgabe, all das heraus zu schneiden, was das gute Gedeihen der Reben verhindert. Jede gute Rebe ist ihm wichtig. Er reinigt sie, „damit sie mehr Frucht bringt.“ Auch hier wird die besondere Innigkeit deutlich, die das neutestamentliche Bild vom alttestamentlichen unterscheidet.

Der Glaube findet durch solche Bilder Orientierung. Auch decken sich die Erfahrungen, die ein Mensch auf seinem irdischen Weg mit Gott macht, mit dem, was diese Bilder anschaulich ausdrücken. So stärken diese Bilder den Wunsch, sich einerseits Gott dem Vater als Winzer uneingeschränkt anzuvertrauen, damit er „reinige“, und zugleich dem Sohn besonders durch die Sakramente verbunden zu bleiben, damit er einen stärke und wachsen lasse.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

 

Pfarrnachrichten 18/2015 - 4. Sonntag Osterzeit (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der vierte Sonntag der Osterzeit wird seines Evangeliums wegen auch "Guter-Hirte-Sonntag" genannt. Zudem wird er als „Weltgebetstag um geistliche Berufungen“ begangen. Auch der ökumenische Gedanke liegt an diesem Tag nahe, denn Jesus spricht im Evangelium „von noch anderen Schafen, die nicht aus diesem Stall sind“. Als „der gute Hirt“ nimmt er sich auch dieser an: „und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten“.

Jesus knüpft ganz offensichtlich an den Propheten Jesaja an. Schon er spricht vom guten Hirten (vgl. Jes 34,11-22), der die versprengten und verirrten Schafe zurückholt und wieder zu einem Volk zusammenführt: zu dem einen Volk Israel. Zugleich geht Jesus aber deutlich darüber hinaus, denn er gibt sein „Leben hin“, damit die verirrten Schafe wieder den guten Weg und so auch zurück finden. Darüber hinaus spricht er von verschiedenen Herden, die er zu einer neuen Herde zusammenbringen werde.

Das Bild vom Hirt und seiner Herde war dem antiken Menschen vertraut. Es wurde im Altertum gerne für die Könige und die Führer eines Volkes verwendet; und in den jüdischen Schriften darüber hinaus (s.o.) auch für Gott: Gott ist zu den Menschen wie ein Hirt, der für alle da ist. Auch die hebräische Gottesbezeichnung (Jahwe = ich bin der, der für euch da ist) ist in diesem Bild enthalten.

So wird der Hirt wie ein Erlöser gesehen, dem man im Leben begegnen und erfahren kann: als Erlöser-Hirt, der bereit ist, für alle und besonders für die Notleidenden da zu sein. Der Erlöser-Hirt arbeitet, lebt und leidet für die Notleidenden. Er ist sogar bereit, für sie zu sterben.

Im Sonntagsevangelium sagt Jesus, dass er ein solcher gute Hirte sei. Damit setzt er sich letztlich auch Gott gleich: „Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.“ Für die religiösen Führer des Volkes Israel muss dies ein Skandal gewesen sein, der einer Gotteslästerung gleichkam.

Gleichzeitig wirft Jesus ihnen vor, in ihrer Aufgabe als Hirten für das Volk versagt haben: „Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; und der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.“

Mit dem bezahlten Knecht sind also jene gemeint, denen – wie den Pharisäern – nicht viel an den Menschen liegt. Sie neigen zudem dazu, die Menschen nach eigenen Maßstäben zum vermeintlichen Heil zu führen. Darüber hinaus sind sie nicht bereit, sich einer größeren Autorität unterzuordnen.

Ähnlich wie Jesus in dieser Bildrede vom guten Hirten legt nach der ersten Lesung von diesem Sonntag (Apostelgeschichte, 4,8-12) der Heilige Petrus einige Zeit später vor dem Hohen Rat dar, dass nur einer die Menschen zum Heil führen kann: Jesus Christus, der Sohn Gottes. „Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.“

Die Heilsmacht „Jesu Christi, des Nazoräers, den ihr gekreuzigt habt und den Gott von den Toten auferweckt hat“ – die durch Petrus exemplarisch am Gelähmten sichtbar wurde: „durch ihn steht dieser Mann gesund vor euch“ – will sich an allen Menschen erweisen. Daran erinnert auch der Name Jesu in seiner hebräischen Form: Jehoschua = Jahwe ist Retter, Helfer, Heiler.

All das aber bleibt erbaulich-gelehrsame und biblisch-theologische Theorie, wenn es im Leben praktisch keine Rolle spielt. Jesus selber weist eindeutig und entschieden darauf hin: „Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich.“

Jesus kennt uns. Aber kennen wir Jeus? Wollen wir ihn überhaupt kennenlernen? Suchen wir das Gespräch und den freundschaftlichen Umgang mit ihm? Ohne regelmäßiges Beten und ohne den regemäßigen Besuch des Sonntagsgottesdienstes wird aus all dem Gesagten nicht allzu viel werden können.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 17/2015 - 3. Sonntag Osterzeit (B)

Die sieben Sakramente, die zum entscheidenden Teil ohne unser Zutun sondern von Gott aus wirksam sind. – Rogier van der Weyden um 1448. Linke Tafel: Taufe, Firmung, Bußsakrament; rechte Tafel Weihesakrament, Ehe, Krankensalbung; in der Mitte das Kreuzesopfer mit der Eucharistie. [public domani]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Die sogenannten nachösterlichen Evangelien erzählen überraschend, unter welchen Begleitumständen Jesus den Aposteln und Jüngern nach seiner Auferstehung mehrfach erschienen ist. An diesem Sonntag etwa hören wir nach Lukas (24, 35-48), wie die aus Emmaus zurückgekehrten Jünger „den Elf und den anderen Jüngern erzählten, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach.“ Dann heißt es: „Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken und hatten große Angst, denn sie meinten, einen Geist zu sehen.“

Durchaus nachvollziehbar ist das Erschrecken der Jünger, als Jesus, über den sie gerade sprachen, völlig unerwartet in ihre Mitte trat und ihnen in vertrauter Weise, wohl ganz ähnlich wie vor seinem Tod, den Frieden wünschte. Aber dass sie „große Angst hatten“ und meinten, „einen Geist zu sehen“, und ihn nicht als den Auferstandenen erkannten, über den sie sich doch gerade austauschten, das überrascht.

Im weiteren ist bemerkenswert, dass Jesus zum Beweis seine Hände und Füße zeigt. Wörtlich: „Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen? Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an, und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht. Sie staunten“, berichtet Lukas, „konnten es aber vor Freude immer noch nicht glauben.“

Nicht einmal die Freude, dass Jesus bei ihnen war, half ihnen zu glauben. Ihre Freude schien eher sogar ein Hindernis zu sein.

Gegen Freude ist nichts einzuwenden; sie gehört auch unbedingt zum Glauben dazu. Aber Freude ist nicht die Grundlage, nicht das Fundament, sondern die Folge des Glaubens. Deshalb kann die Freude durchaus ein Hindernis für den Glauben sein, etwa wenn jemand den Gottesdienst nur solange besucht, wie er ihm Freude bereitet; oder wenn einer den Gottesdienst daran bemisst, ob er einem Spaß bereitet.

Nicht die Freude ist die Grundlage des Glaubens, sondern das Wort Gottes, genauer die Gnade, die in seinem Wort enthalten ist. Grundlage des Glaubens ist Christus selber, dem wir im Gottesdienst begegnen, ganz unabhängig davon, ob der konkrete Vollzug des Gottesdienstes uns anspricht und wir davon ergriffen sind oder nicht. Und am Ende auch ganz unabhängig davon, ob wir den Eindruck haben, dass Gott uns dabei anspricht oder nicht.

Heute erkennen viele den Herren nicht, und begegnen ihm auch nicht, weil sie im Gottesdienst nicht Christus den Herren, sondern Spaß und Freude, am Ende nur die eigene Erfüllung und sich selber suchen. Das ist ähnlich wie damals bei den Aposteln und Jüngern: Sie stehen vor dem verklärten Leib des Herrn, doch noch haben sie keinen Blick dafür.

Die Nachricht vom leeren Grab ist noch keine Osterbotschaft, nicht einmal die Gegenwart des Auferstandenen, sondern die persönliche Begegnung, die vom Auferstandenen ausgeht: seine helfenden Worte und die besonderen Zeichen, die er für seine Jünger verrichtet.

Damals wie heute gilt, dass Gott als Folge unserer Bereitschaft, ihm zu begegnen (vor allem im Sonntagsgottesdienst) und ihn wirken zu lassen (vor allem in den Sakramenten, den wirksamen Zeichen seiner Gnade) Freude, Frieden und Glück schenkt, die weitaus größer sind, als was wir selber zu wünschen wagen. Man muss folglich damit aufhören, nur dann zum Gottesdienst zu gehen, wenn man ihn „braucht“ oder nur dann, wenn er einem „etwas bringt“. Man muss vielmehr zum Gottesdienst gehen, um das Wort Gottes zu hören und um Gott die Gelegenheit zu geben, uns ansprechen und in uns wirken zu können.

In der gleichen Haltung muss man regelmäßig die Sakramente der Beichte und der Eucharistie empfangen, die aus sich selber heraus und zum entscheidenden Teil ganz ohne unser Zutun wirksam sind. Dann werden wir auch heute, wie damals die Jünger und Apostel, die Grenzen der eigenen Wahrnehmung überschreiten und Gottes Willen erkennen und geschehen lassen können. Das ist Ostern; und so ist die Osterbotschaft auch heute versteh- und erfahrbar.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 15+16/2015 - Ostern (B)

Der Auferstandene - Mainzer Meister (1410-1420) [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Über das Fest der Auferstehung äußert sich der katholische Jungendkatechismus „Youcat“ wie folgt:

Man kann nicht Christ sein, ohne an die Auferstehung Christi zu glauben: „Ist Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ (1 Kor 15,14) - Die Jünger, die zuvor jede Hoffnung verloren hatten, kamen zum Glauben an Jesu Auferstehung, weil sie ihn nach seinem Tod auf unterschiedliche Weise sahen, mit ihm sprachen und ihn als lebend erfuhren.

Die Osterereignisse, die sich um das Jahr 30 in Jerusalem abspielten, sind keine erfundene Geschichte. Unter dem Eindruck des Todes Jesu und der Niederlage ihrer gemeinsamen Sache flohen die Jünger („Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde“, Lk 24,21) oder verbarrikadierten sich hinter verschlossenen Türen. Erst die Begegnung mit dem auferstandenen Christus löste sie aus ihrer Erstarrung und erfüllte sie mit einem begeisterten Glauben an Jesus Christus, den Herrn über Leben und Tod.

Für die Auferstehung Jesu gibt es keine Beweise im naturwissenschaftlichen Sinn. Es gibt aber sehr starke individuelle und kollektive Bezeugungen durch eine Vielzahl von Zeitgenossen der Jerusalemer Ereignisse. Das älteste schriftliche Zeugnis für die Auferstehung ist ein Brief, den der hl. Paulus ca. 20 Jahre nach Christi Tod an die Korinther schrieb: „Vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.“ (1 Kor 15,3–6)

Paulus berichtet hier von einer lebendigen Überlieferung, die er in der Urgemeinde vorfand, als er zwei oder drei Jahre nach Jesu Tod und Auferstehung selbst Christ wurde – aufgrund seiner eigenen umwerfenden Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Als ersten Hinweis auf die Wirklichkeit der Auferstehung begriffen die Jünger die Tatsache des leeren Grabes (Lk 24,5–6).

Ausgerechnet Frauen – sie waren nach damaligem Recht zeugnisunfähig – entdeckten es. Obwohl es vom Apostel Johannes bereits am leeren Grab heißt, er „sah und glaubte“ (Joh 20,8), festigte sich die Gewissheit, dass Jesus lebt, erst durch eine Fülle von Erscheinungen. Die Vielzahl der Begegnungen mit dem Auferstandenen endete mit Christi Himmelfahrt. Dennoch gab es danach und gibt es bis heute Begegnungen mit dem lebendigen Herrn: Jesus Christus lebt.

Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 14/2015 - Palm-Sonntag (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am Palmsonntag gedenken wir des feierlichen Einzugs Jesu in Jerusalem (s. Mk 11,1-10). Dieser triumphale Empfang Jesu in die Stadt seines Sterbens ist ein Ereignis, das noch einmal daran erinnern soll: Er ist der verheißene Sohn Davids; der Messias und Erlöser, dessen Reich kein Ende hat.

Zugleich ist der Palmsonntag der Einstieg in die Woche des Leidens unseres Herrn, in die Karwoche. In dieser Woche wird besonders am Gründonnerstag und am Karfreitag der Leidensweg Jesu bis zum Tod am Kreuz in besonderen Gottesdiensten gegenwärtig, die sich von den gewöhnlichen deutlich unterscheiden.

So bringt der Palmsonntag zusammen, was zusammen gehört; was jedoch in seiner umfassenden Bedeutung und unauslotbaren Tiefe nie bis zum Ende begreifbar sein wird: Gott ist in Jesus Mensch geworden und nimmt als „wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich“ bereitwillig den Tod, und in diesem Tod all unsere Schuld auf sich, wodurch er sie uns Menschen abnimmt, uns vom Bösen befreit, und diese umfassende Erlösung in seiner Auferstehung für immer vollendet.

Wir können das immer nur ansatzweise und Stück für Stück ein wenig besser verstehen, wobei wir das neu Verstandene in den größeren Zusammenhang wieder ein- und zurückbinden müssen. Aber ganz verstehen werden wir es nie, dass Gott diesen Weg der Erlösung des Menschen als Mensch über den schmachvoll am Kreuz erlittenen Tod in die Auferstehung und damit in den Sieg über die Sünde und den Tod hat gehen wollen.

Die freundlicherweise vom Gerd Mosbach (http://www.gerd-mosbach.de/), einem freischaffenden, in Köln lebenden Künstler, überlassene Graphik veranschaulicht etwas von diesem Erlösungsgeschehen. Der Vater, im Hintergrund als Jesus mit der Dornenkrone dargestellt, lässt seinen Sohn notgedrungen gewähren, der, reichlich unerfahren, den Verlockungen der digitalen Welt ergeben die Gefahren noch nicht erkennt, denen er sich da ausliefert, und vielleicht schon verfangen ist.

Es berührt den Vater, was sein Sohn da tut; wovon er sich blenden lässt. Damit gibt der Vater den Sohn nicht auf; er ist ihm alles andere als egal. Den Vater lässt es nicht gleichgültig, dass der Sohn bis auf sein Smartphone und wegen dieses Gerätes alles andere ausblendet, was im Leben wichtig ist und es erst gelingen lässt. Mit diesem Vater ist der Sohn deshalb auch nicht verloren. Er wird gehalten und wenn er auf den Vater blickt, bringt ihn dieser Blick schnell wieder zur Vernunft.

Die Karfreitagsliturgie bringt bei der Kreuzverehrung den angedeuteten Zusammenhang etwa bei den „Heilandsklagen“, den sogenannten „Improperien“, eindringlich zur Sprache. Es heißt dort: „Mein Volk, was habe ich dir getan, womit nur habe ich dich betrübt? Antworte mir. Aus der Knechtschaft Ägyptens habe ich dich herausgeführt. Du aber bereitest das Kreuz deinem Erlöser.“

So erinnern die Heilandsklagen an die Wohltaten, die Gott seinem Volk erwiesen hat, welche dieses aber damit beantwortet, dass es sich Gottes entledigen will: „Vierzig Jahre habe ich dich geleitet durch die Wüste. Ich habe dich mit Manna gespeist und dich hineingeführt in das Land der Verheißung. Du aber bereitest das Kreuz deinem Erlöser.“

Schließlich legt die Liturgie dem gekreuzigten Gottessohn die Frage und die darauf folgende Klage in den Mund: „Was hätte ich dir mehr tun sollen und tat es nicht? Als meinen erlesenen Weinberg pflanzte ich dich, du aber brachtest mir bittere Trauben, du hast mich in meinem Durst mit Essig getränkt und mit der Lanze deinem Erlöser die Seite durchstoßen.“

Auch hier wird deutlich: Nur stückweise kann man sich dem Geheimnis der Erlösung durch das Kreuz nähern. Aber es lohnt sich. Die Todesstunde Jesu ist zum einen die dunkelste Stunde der menschlichen Geschichte überhaupt. Zugleich ist sie aber auch die Stunde der Reinigung von allen Sünden, die Menschen je begangen haben und noch begehen werden. Damit ist sie die Sternstunde schlechthin, die jeden Menschen mit sich selber konfrontiert, ihn heilt und zu Gott führt.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 13/2015 - 05. Fasten-Sonntag (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

„In jener Zeit traten einige Griechen, die beim Osterfest in Jerusalem Gott anbeten wollten, an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und sagten zu ihm: Herr, wir möchten Jesus sehen.“ Dieses Ereignis steht am Anfang des Evangeliums vom fünften Fastensonntag (Johannes 12,20-33).

Bei diesen Griechen handelt es sich wohl um „Sympathisanten“ des antiken Judentums, die sich für das „Opferfest“ auf den Weg nach Jerusalem gemacht hatten, ohne dass sie zwingend Vollmitglieder der jüdischen Gemeinde sein mussten. Sie hatten sie von Jesus gehört. Das hatte sie neugierig gemacht.

„Wir möchten Jesus sehen.“ Mit dieser Bitte wandten sie sich an die Apostel, damit diese eine Begegnung mit Jesus arrangieren. – Das Anliegen der Griechen spiegelt sich in gewisser Weise wider in den ab diesem Sonntag verhüllten Kreuzen in unseren Kirchen.

Was sonst für den Blick offen liegt, ist nun verhüllt. Mit dieser „Verhüllungstradition“ wird die Erfahrung aufgegriffen, dass Gewohntes durch Verhüllung anders wahrgenommen wird. Die bisherige Wahrnehmung wird durchbrochen. Diese „Bildstörung“ lässt inne halten. Was unsere Augen und unsere Wahrnehmung scheinbar schon kennen, wird „durchkreuzt“. So schaut man wieder genauer hin. Mit solchen Erfahrungen haben zeitgenössische „Verhüllungskünstler“ mit Erfolg experimentiert.

Von daher ist der Redaktion des Evangelisten Johannes auch kein Fehler unterlauf, wenn Jesus auf den Wunsch der Griechen scheinbar nicht eingeht: „Philippus ging und sagte es (Anmerkung: dass einige Griechen Jesus sehen wollten) Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus. Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird. Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht auf die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.“

Damit werden zwei Dinge im Evangelium von diesem Sonntag gesagt, um sich mit ihm gewinnbringend auseinandersetzen zu können.

Zum einen geht es um den alles entscheidenden Wunsch, Jesus kennenzulernen. Der christliche Glaube ist keine „Buchreligion“. Er ist auch keine Ansammlung von Lebensweisheiten oder Handlungsanweisungen. Das gehört zwar alles mit dazu. Aber der christliche Glaube steht und fällt in der glaubenden Begegnung mit Gott, der durch seinen Sohn Jesus Christus weiterhin bei uns ist.

„Wir möchten Jesus sehen.“ – Um ihn „sehen“, ihm begegnen zu können, muss es in der Seele still werden. Man muss den Wunsch nach Erlösung, nach dem heilbringenden Segen, der nur von Gott und vom Himmel aus gegeben werden kann, wahrnehmen und vertrauen. Zu oft wird all das, was ganz tief im Herzen aller und eines jeden Menschen ruht, vom Lärm der Welt und den Versuchungen, sich zu vergnügen, erstickt. Nur wer die Sehnsucht nach Erlösung aufsteigen lässt und der in ihr wachsenden und verwandelnden Kraft von oben vertraut, ist fähig, die wunderbare Erfahrung der Begegnung mit Jesus zu machen.

Zum anderen helfen die „Bildstörung“ der verhüllten Kreuze und das scheinbare Ignorieren der Bitte jener Griechen, Jesus am Ende wirklich zu begegnen und in aller nur denkbaren Tiefe kennenzulernen.

Über die Tiefe jeder Begegnung von Mensch zu Mensch hinaus muss man Jesus gegenüber bereit sein, in ihm jenen Gott anzutreffen, der in Jesus Mensch geworden sein irdisches Leben wie ein Weizenkorn hingab, damit das Leben aller zum Segen werde. Eine in dieser Weise vorbehaltlose Begegnung mit Jesus öffnet jedes in sich verschlossenes und auf sich selber bedachtes Herz. Wer in diesem Sinne Jesus zu begegnen bereit ist, kann die Bezogenheit auf sich selber aufgeben und überwinden. Er wird Gott, seinen Nächsten und sich selber in der erlösten und einer „paradiesischen“ Wirklichkeit finden, wie Gott sie ursprünglich gewollt und geschaffen hat.

Ihr Pfr. Dr. Volkker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 12/2015 - 04. Fasten-Sonntag (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Sonntagsevangelium nimmt Jesus Bezug auf eine Episode in den Jahren der entbehrungsreichen Wüstenwanderung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens in die Freiheit des gelobten Landes. Als die Israeliten angesichts der Schwierigkeiten unterwegs den Mut verloren, Gott nicht mehr vertrauten und sich von ihm abwandten, „schickte der Herr Giftschlangen unter das Volk ... und viele Israeliten starben“ (Num 21,6). Da bekannten die Menschen Mose: „Wir haben gesündigt, denn wir haben uns gegen den Herrn und gegen dich aufgelehnt.“ Daraufhin „betete Mose für das Volk“ (Num 21,7) und machte auf Gottes Anordnung hin „eine Schlange aus Kupfer und hängte sie an einer Fahnenstange auf. Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben.“ (Num 21,9)

Im Gespräch mit Nikodemus erinnerte Jesus daran (Joh 3,14f): „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat.“ Die „Erhöhung“ Jesu am Kreuz prägt zunehmend den zweiten Teil der Fastenzeit, die in Vorbereitung des Osterfestes am Karfreitag im Tod Jesu gipfelt. Dank seiner Erlösung werden auch wir, wie damals die Israeliten, gerettet und am Leben bleiben, wenn wir zum Gekreuzigten aufblicken und unsere Sünden bekennen.

Jesus selber legt nahe, die alttestamentliche Wüstenerfahrung des Gottesvolkes Israel in diesem Sinn als Vorausbild der Kreuzigung, und die Kreuzigung als endgültige Befreiung von der unheilvollen Schlange zu deuten. Vom Neuen Testament und den Erfahrungen des Menschen aus gelesen, lässt sich der tiefe Sinngehalt der alttestamentlichen Überlieferung überraschend aufschließen; und diese wiederum lässt das erlösende Geheimnis des Todes Jesu am Kreuz weiter erschließen.

Gott muss keine fremden Schlangen schicken, die den Sünder totbeißen. Der Mensch selber ruft durch sein Fehverhalten und seine Sünden die tödlichen Schlangen herbei. Diese tödlichen Schlangen äußern sich im unerfüllten und unzufriedenen Sein des Sünders mit sich selber und seinem Leben. Der Prophet Jesaja drückt es so aus: In jedem Sünder steckt der Wurm, der niemals stirbt. Die Sünder sind „ein Ekel für alle Welt“ (Jes 66,24).

Ähnlich wie in der erhöhten Schlange am Fahnenmast zeigt sich im erhöhten Christus am erlösenden Kreuz das ganze Elend des Menschen. Dieses Elend, das der Sünder durch sein ungerechtes Leben selber herbeigerufen und zu verantworten hat, schlägt Jesus am Kreuz dem Sünder allerdings nicht um die Ohren. Wie im alttestamentlichen Lied vom Gottesknecht von Jesaja prophetisch vorausgesagt – „Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jes 53,5) –, nimmt Jesus als wahrer Gott und wahrer Mensch die ganze Schuld der Menschheit auf sich.

Dem suchenden Nikodemus erklärt Jesus es so: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

Der heilige Augustinus schreibt dazu: „Der Arzt kommt immer in der Absicht, den Kranken zu heilen. Wenn jemand den Anweisungen des Arztes nicht folgt, schadet er sich selbst. Der Erlöser ist in die Welt gekommen… Wenn du nicht von ihm gerettet werden möchtest, verurteilst du dich von selbst“ (Über das Johannesevangelium, 12, 12: PL 35, 1190).

In seiner barmherzigen Liebe kennt Gott keine Grenzen. Er hat seinen einzigen Sohn hingegeben, um unser Leben zu retten. Deshalb muss der Gläubige sich hüten, seine „Krankheit“ zu verharmlosen. Er muss auf jeden Fall bekennen, dass er krank ist, um geheilt werden zu können. Ein jeder muss seine Sünden eingestehen, damit die Vergebung Gottes, die uns schon vom Kreuz aus geschenkt wurde, im Herzen und im Leben wirken kann. Ganz in diesem Sinne schreibt Augustinus weiter: „Gott verurteilt deine Sünden; wenn auch du sie verurteilst, bist du mit Gott einig… Sobald du beginnst, deine Taten zu bereuen, beginnen auch deine guten Taten, weil du deine schlechten Taten verurteilst. Die guten Taten beginnen damit, dass man seine schlechten Taten erkennt“ (Ebd., 13: PL 35, 1191).

Manchmal liebt der Mensch die Finsternis mehr als das Licht, weil er an seinen Sünden hängt. Aber nur wenn man sich für das Licht öffnet, nur wenn man aufrichtig seine Schuld vor Gott eingesteht, findet man echten Frieden und echte Freude. Daher ist es wichtig, sich regelmäßig dem Sakrament der Beichte zu nähern, besonders in der Fastenzeit, um die Vergebung des Herrn zu empfangen und auf unserem Weg der Umkehr Nägel mit Köpfen zu machen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 11/2015 - 03. Fasten-Sonntag (B)

Rembrandt (Harmensz van Rijn)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Das Evangelium dieses dritten Sonntags der Fastenzeit erzählt uns, in der Version von Johannes, die berühmte Geschichte der Vertreibung der Tierhändler und Geldwechsler aus dem Tempel zu Jerusalem (vgl. Joh 2,13-25). Diese Episode, von der alle Evangelisten berichten, ereignete sich kurz vor dem Osterfest und machte einen großen Eindruck auf alle Anwesenden und auch auf die Jünger.

Zur damaligen Zeit hatte der Handel mit Opfertieren im sogenannten Vorhof des Tempels ein unerträgliches Ausmaß angenommen. Aufgrund des jüdischen Bilderverbotes mussten gläubige Juden dafür die römischen Münzen, auf denen der römische Kaiser wie ein Gott dargestellt wurde, zuerst einmal gegen die jüdische, die sogenannte „Tempelwährung“ eintauschen. Man schätzt, dass kurz vor dem Paschafest etwa tausend Rinder und deutlich mehr als zehntausend Tauben verkauft wurden. Diese wurden anschließend im Tempel geopfert.

Im Vorbereiche des Tempels blühte also ein Handel, der mindestens dem schlimmsten Devotionaliengeschäft im Umfeld frommer Wallfahrtsorte gleichkam, oder unseren gottlosen Weihnachtsmärkten. Allerdings hat die „Reinigung“ des Tempels mancherorts die Phantasie zu abwegigen Vorstellungen verleitet.

Jesus hat keine Massenvertreibung der Gottlosen aus dem Tempelvorhof initiiert. Er hat auch nicht den Aufstand gegen die römisch-heidnische Fremdherrschaft erprobt, die sich an einem solchen, auch für sie vorteilhaften Handel nur mit hämischer Freude und verachtender Genugtuung ergötzten konnten. Der Bericht über die Vertreibung der Händler aus dem Tempel kann vom Text her nicht im Sinne einer politisch-revolutionären Tat gedeutet werden, um Jesus auf eine Linie mit der Bewegung der Zeloten zu bringen.

Die Zeloten waren „eifrig“ in der Verteidigung der Gesetze Gottes und bereit, Gewalt anzuwenden, um sie einhalten zu lassen. Zur Zeit Jesu erwarteten sie einen Messias, der das Volk Israel von der Herrschaft der Römer befreien sollte. Doch Jesus enttäuschte diese Erwartungen, so dass manche seiner Jünger ihn verließen und Judas Iskariot ihn sogar verriet. Die Berichte der Evangelien lassen allerdings eine solche Auslegung, Jesus als Zeloten darzustellen, nicht zu.

Auffällig ist, dass kein Ordnungshüter versuchte, Jesus aufzuhalten. Auch die berühmt-berüchtigte Tempelwache rückte nicht aus der dem Tempel gegenüber liegenden gewaltigen Herodes-Burg Antonia aus, und trat nicht dazwischen. Das hätte sie zur Bewahrung der öffentlichen Ordnung bei einer „Massenvertreibung“ und einem gewaltsamen Vorgehen Jesu unbedingt tun müssen.

Schon von daher ist es unmöglich, Jesus als gewalttätig zu betrachten. Darüber hinaus ist Gewalt unvereinbar mit dem Reich Gottes. Sie ist ein Mittel des Antichristen. Gewalt dient der Menschheit nie, sie macht unmenschlich. Wie ist dieses Ereignis, und was Jesus da getan und gesagt hat, folglich zu verstehen?

Alle damals Anwesenden haben Jesu Auftreten als prophetisch erkannt. Die Propheten rügten oft moralisch zweifelhafte Geschäfte und taten dies manchmal mit symbolisch eklatanten Gesten. Auf seine Legitimation angesprochen – „Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst?“ (Joh 2,18); d.h., beweise uns, dass du wirklich in Gottes Namen handelst – weist Jesus auf seinen Tod und seine Auferstehung hin, durch die er die Menschen erlösen wird.

Weiterführend sind vor allem die erklärenden Worte Jesus: „Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“. Und der Evangelist fügt hinzu: „Da erinnerten sich die Jünger, dass ein Psalm sagt: „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich(69,10).

Rembrandt hat den tieferen und eigentlichen Sinn der „Tempelreinigung“ im hier wiedergegebenen Gemälde eindrucksvoll veranschaulicht.

Jesus steht im Hintergrund des Geschehens. Entscheidend ist das göttliche Licht vom Himmel: Der Händler links oben flieht entsetzt vor diesem Licht, um sich „als Geschäftemacher“ davor zu „retten“. Der Händler unten links neben ihm hält sich entsetzt die Hand vor das Gesicht, so dass sie über den Augen einen „rettenden“ Schatten wirft, damit Gottes Licht seine Geschäfte nicht durchkreuzen bzw. durchleuchten und er weiterhin ein gottloses Leben führen kann.

Der Händler vor ihm, rechts unten im Vordergrund, nimmt das erlösende Licht Gottes in seiner Einfältigkeit nicht einmal wahr. Er sieht nur sein Geld. Der Händler in der Mitte jedoch hält zwar noch seinen Geldbeutel mit der rechten Hand fest und er legt seine linke Hand schützend über sein Geld. Aber sein Gesicht deutet an, dass er sich staunend und fragend auf Gottes Licht einlässt und sich ihm stellt. Wird er sein Leben fortan von daher erleuchten und aus dieser Gnadenquelle speisen lassen?

Unweigerlich lässt Rembrandts Gemälde den Betrachter sich fragen: Wo stehe ich? Bei dem Flüchtenden, dem Entsetzten, dem Einfältigen? Oder lasse ich mich, wie der Händler in der Mitte, von Gottes Licht treffen – zudem inmitten der Fastenzeit –, um zu verstehen, was Jesus jedem und auch mir sagen möchte?

Mit dem „Haus meines Vaters“ ist nicht nur der Jerusalemer Tempel, sondern jeder Mensch gemeint – „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ erklärt der Hl. Paulus (1 Kor 3,16) – und von Jesus zur Reinigung und Läuterung aufgefordert: „Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 08/2015 - 06. Sonntag im Jahreskreis (B)

Aus dem „Codex Aureus“ (Echternacher Evangeliar um 1040) [public domain]

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

An diesem Sonntag wird aus dem Evangelium nach Markus verkündet (1,40 ff), dass ein Aussätziger zu Jesus kam und ihn um Hilfe bat. Der Aussätzige fiel vor Jesus „auf die Knie und sagte: Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde.“ Es heißt dann weiter: „Jesus hatte Mitleid mit ihm; er streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: Ich will es - werde rein! Im gleichen Augenblick verschwand der Aussatz, und der Mann war rein.“

In diesen wenigen Sätzen werden über die konkrete Heilung hinaus entscheidende Wesenszüge Jesu, die Art seines segensreichen Wirkens und die notwendige Haltung des Menschen dafür veranschaulicht. Die Miniatur aus dem Codex Aureus, dem kostbaren Evangeliar von Echternach um 1040, zeichnet diese bewundernswert nach.

Jesu Weg führt in die Tiefe. Hinter ihm, nach oben hin, stehen zwei Personengruppen von Menschen, die er bislang aus der Tiefe bis ganz nach oben, bis vor den Himmel gebracht hat. Der Unterste in der oberen Personengruppe hält noch seine Krücke, auf die er einst angewiesen war. Längst kann er auf sie verzichten.

Es sind Menschen, die mit Jesus in Berührung gekommen waren: Kranke und Arme. Ihnen gegenüber hat Jesus als der menschgewordene Gott seine himmlische Macht und sein Wohlwollen ohne Grenzen erwiesen.

Unterhalb der obersten Personengruppe sieht man zwei Apostel, die sich von den oberen Personen dadurch unterscheiden, dass sie Jesu in seinem Abstieg begleiten und folgen. – Die herabsteigende Bewegung erfolgt auf treppenartigen Wellen in bunter Farbschattierung, die von oben auf die Erde herunter zu fließen scheinen. So unterstreichen sie den Abstieg.

Unten rechts gelangt der bewegte und bewegende „Abstieg“ an sein Ziel: eine dunkelgefleckte Gestalt eines aussätzigen Mannes. Bittend und zugleich empfangend streckt er seine Hände Jesus entgegen, der ihn wiederum mit ausgestreckter Hand zu begrüßen und zu empfangen scheint. – Der durch vertikal gerichtete Farbfelder, von blau über golden nach rosa, klar gegliederte Hintergrund setzt sich deutlich vom Vordergrund ab und hebt ihn damit hervor.

Das Bild zeigt eindrucksvoll die Lage des Aussätzigen. Nach altjüdischer Vorstellung war er nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich unrein. Das machte alles nur noch schlimmer. Wegen der Seuchengefahr musste er getrennt und isoliert, von den Gesunden „ausgesetzt“ dahinleben. Es war meist nur noch ein Dahinvegetieren. Allen, die sich ihm näherten, musste er das „Unrein, unrein“ zurufen, und er durfte sich ihnen nur bis auf 10 Meter nähern. Die rein irdisch betrachtete Situation des Aussätzigen war nicht nur körperlich, sondern auch seelisch aussichtslos und ohne Lebenswert.

Am tiefsten Punkt angelangt beginnt die Heilung. „Wenn du willst“, sagt der Aussätzige zu Jesus, kannst du machen, dass ich rein werde.“ Der Aussätzige hat erkannt, dass seine Situation ohne Ausweg ist. – Gilt das allerspätestens angesichts des Todes nicht auch für uns? – Deshalb legt er sein Schicksal ohne jeden Vorbehalt und uneingeschränkt in Gottes Hand; ganz so, wie Jesus es in dem bekanntesten aller christlichen Gebete gelehrt hat: „Dein Wille geschehe. Dein Reich komme.“

Jesus hat nicht nur gelehrt. Er hat auch gehandelt. Er ist vor allem herabgestiegen; denn das Heil kommt von oben. Er stieg und steigt weiterhin zu uns herab aus der lebendigen Beziehung mit dem Vater, wobei er zugleich in der Einheit und Beziehung mit dem Vater bleibt. So stiftet er eine ganz besondere Beziehung unter den Menschen, die er in Gott alle zusammenführt.

In Jesus steigt Gott selbst herab bis in die tiefste menschliche Not (vgl. Phil. 2,6ff.). Er leidet mit uns Menschen: „Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten ertragen.“ (Jes 53,4; Mt 8,17) Und so richtet er uns auf, wenn wir das wollen, wünschen und zulassen. – Deshalb ist es nicht nur heilsam, sondern wirklich nötig, Sonntag für Sonntag den Gottesdienst mitzufeiern und uns in regelmäßigen Abständen im Sakrament der Versöhnung, der Hl. Beichte, wieder rein waschen zu lassen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 07/2015 - 05. Sonntag im Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Wenn an diesem Sonntag in der ersten Lesung Ijobs Klage (Ijob 7, 1-4.6-7) erklingt, dann wird sich niemand dem entziehen können: „Ist nicht Kriegsdienst des Menschen Leben auf der Erde? Sind nicht seine Tage die eines Tagelöhners? Wie ein Knecht ist er, der nach Schatten lechzt, wie ein Tagelöhner, der auf den Lohn wartet.

Neben den Tagen, an denen man zufrieden ist, wo alles zu passen scheint, wo man mit sich selber im Reinen und mit den Seinen im Einklang ist, gibt es auch Phasen, wo dieses Glück und was man erreicht hat, schwinden und nicht mehr die Lebensfülle und das Glück vermittelt, wie einst einmal.

Dann wird das Leben mühsam. Es kann wie ein wahrer Krieg, wie ein Kampf um Leben und Tod daherkommen. Altvertrautes, das einen zuvor noch erfreut hatte, scheint den Geschmack und die Kraft des Glücks verloren zu haben. – „Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, der Faden geht aus, sie schwinden dahin“ lautet Hiobs Klage. „Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist. Nie mehr schaut mein Auge Glück.“

Das Schicksal, das Ijob ereilt hatte, war unvorstellbar hart. Alles, was sein Leben froh, zufrieden und lebenswert erscheinen ließ, wurde ihm genommen. Am Ende war auch sein nacktes Leben von gnadenloser Krankheit zermartert. – Meisterhaft drückt Léon Bonnat (s. rechts) Hiobs Schmach und Erniedrigung bis zum Äußersten aus. Dennoch verzweifelt Hiob nicht an seinem Gott, hält fest an ihm und erwartet allein von ihm Heil und Erlösung. – Am Ende nicht vergebens!

Im Tagesevangelium dieses Sonntags (Mk 1,29-39) wird dazu passend von der Schwiegermutter des Petrus berichtet. Sie „lag mit Fieber im Bett.“ Als „Jesus zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas ging, sprachen sie mit Jesus über sie.“

Sie sprachen wohl nicht nur über das Fiber. In ihren Augen hatte Jesus ihrem Schwiegersohn Petrus „den Kopf verdreht“. Mitten aus seiner Arbeit heraus hatte er ihn und seinen Bruder Andreas zum Apostel berufen (Mk 1,17): „Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.

Was sollte jetzt aus der Familie werden? Wie sah die Zukunft der Frauen aus: der Schwiegermutter und der Ehefrau des Petrus, ihrer Tochter? Mussten sie nun das damals gnadenlose Schicksal der verlassenen Frauen teilen? – Da ging Jesus „zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr, und sie sorgte für sie.“

Man muss es zwei-, ja drei- oder mehrmals lesen, um nicht zu übersehen was Markus alles sagen möchte.

„Da ging Jesus zu ihr.“ – Gott macht immer den ersten Schritt. So war es auch bei Ijob. Ob und wann wir das wahrnehmen, ist demgegenüber sekundär. Ganz unabhängig von dem, was wir wahrnehmen, ist es wirklich so: Gott macht immer den ersten Schritt.

„Er fasste sie an der Hand und richtete sie auf.“ – Auf das erste folgt das zweite. Der Mensch muss die zupackende Art Gottes zulassen; er muss sich Gott und seinem „proaktiven“ Wesen öffnen. Jeder Zweifel Gott gegenüber, jedes sich Verschließen vor Gottes voraushandelnder Art lässt den Menschen mit sich und seinem Schicksal alleine. Wo hingegen auch nur ein Spalt wirklich offenbleibt, wird Gott am Ende jeden aufrichten.

„… und sie sorgte für ihn. – Auf das zweite folgt das dritte. Die Welt ist wieder in Ordnung. Und sie ist noch schöner als vorher. Die zermürbende und krankmachende Skepsis Jesus gegenüber hat sich in Zuneigung verwandelt. Was auch immer mit der Schwiegermutter in diesem kurzen Augenblick der Heilung geschehen ist: Nun ist auch sie eine Jüngerin Jesu. Wie schon bei Jiob und ihrem Schweigersohn Petrus, nicht aufgrund eigener Verdienste, sondern dank der Wirklichkeit Gottes, der „Gott sei dank“ eben so ist, wie er ist.

Das erklärt auch, warum Jesus noch vor Sonnenaufgang „in aller Frühe, als es noch dunkel war“ nicht länger schlafen wollte. „Er stand auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten.“ – „Das Gebet“, so schrieb Peter Wust kurz vor seinem Tod am 3.4.1940 an seine Philosophiestudenten, „macht objektiv. … Die großen Dinge des Daseins werden nur den betenden Geistern geschenkt.“ – Folgen also auch wir dem Herrn, wie schon viele vor uns, „an einen einsamen Ort, um zu beten.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 06/2015 - 04. Sonntag im Jahreskreis (B)

Jesus treibt Dämonen aus - Konrad von Friesach - Fastentuch von 1458 im Gurker Dom © Public Domain

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Ein Wort zum Sonntag ist nicht der Ort, um den Teufel an die Wand zu malen. Aber genauso wenig ist ein Wort zum Sonntag der Ort, um den Teufel zu verschweigen. Nicht nur das Evangelium an diesem vierten Sonntag im Jahreskreis, sondern alle vier Evangelien berichten, dass eine der Haupttätigkeiten Jesu drin bestand, den Teufel auszutreiben.

In den vier Evangelien ist jedenfalls überraschend oft vom Teufel, vom Satan und von den bösen Geistern die Rede, die Jesus austrieb. So auch an diesem vierten Sonntag im Jahreskreis, wo uns im ersten Kapitel nach Markus, Vers 23-26 überliefert ist: „In ihrer Synagoge saß ein Mann, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei.

Die erste Frage des unreinen Geistes ist noch leicht zu verstehen: „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret?“ – Das Übel besteht ja genau darin, dass die „unreinen Geister“ jene von Gott geschaffenen Geistwesen sind, die nichts mit Gott zu tun haben wollen. Im christlichen Sprachgebrauch wird das mit dem Begriff vom „Höllensturz“ oder auch „Engelsturz“ anschaulich vermittelt. Mit dem Begriff „Engelsturz“ wird nicht nur das Unheil all dieser Geschöpfe, sondern überhaupt das Unheil auf den Punkt gebracht: Von Gott geschaffen, nichts mit ihm zu tun haben zu wollen. Darin besteht punktgenau das Böse.

In der Folge davon sind die unreinen Geister nun „Unheilstifter“. Rastlos sind sie nun unterwegs und unterliegen mit beständiger Zwanghaftigkeit der aus ihrem Unheil folgenden Neigung, Mitstreiter und Gesinnungsgenossen im Bösen zu finden. Auch hier bringt es der christliche Sprachgebrauch treffend auf den Punkt: „der Teufel versucht“. Er sucht „Anhänger“ gerade auch unter den ihm an Einfluss und Stärke unterlegenen Menschen.

Wie aber ist die zweite Frage des unreinen Geistes zu verstehen: „Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?

Es gibt viel Böses und Unheilvolles in der Welt. Man denke nur an die Terroranschläge der jüngsten Zeit. Oder an die derzeit, bei abnehmender Tendenz, 100.000 jährlichen Abtreibungen laut statistischem Bundesamt allein in Deutschland. Das ist eine Großstadt von ungeborenen Kindern, denen man Jahr für Jahr das Leben verweigert! Oder an die ethnischen Säuberungen in Afrika oder Asien, denen jüngst Millionen von Menschen zum Opfer gefallen sind. Oder an den Holocaust und weitere Genozide in der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts.

Noch haben der Satan und die Dämonen eine gewisse Bewegungsfreiheit. Noch können sie ihr Unwesen treiben. Aber sie wissen, dass sie gegen Gott nichts ausrichten werden. Mit der Witterung des Hasses und des schlechten Gewissens wissen sie ganz genau, wer Jesus ist: „der Heilige Gottes“ (s.o.). Und sie wissen, dass sie einmal nichts mehr zu sagen haben werden.

Es wird die Zeit kommen, die Zeit „der neuen Erde und des neuen Himmels“ (vgl. 2 Petr 3,13; Offb 21,1 ff), wo das Böse keine Macht mehr hat und das Unheil zum endgültigen Schweigen verdammt sein wird. Das wissen die unreinen Geister bereits. Von daher erschließt sich die Frage: „Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?“

Das Verderben des Teufels liegt darin, dass er in seiner Ohnmacht gegenüber Gott und dem Guten seine Gottlosigkeit derzeit noch in die Welt hinausbrüllen kann; aber nicht mehr in die „neue Erde und den neuen Himmel“ (s.o.). Dann sind seine noch vorhandene Macht und seine dämonische Größe am Ende.

Zum Zeichen dafür, wie Markus dann weiter berichtet, „befahl Jesus dem unreinen Geist: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle, und einer fragte den andern: Was hat das zu bedeuten? Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet. Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl.“

Der „Gehorsam“ des Teufels, den Gott durch seine Macht erzwingt, führt in die Dunkelheit, ins Verderben. Der freiwillige und von Herzen gewollte Gehorsam Gott gegenüber („dein Wille geschehe“) führt ins Licht. – Sie, liebe Leser, haben die Wahl.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 05/2015 - 03. Sonntag im Jahreskreis (B)

Mosaik - Die Berufung von Simon-Petrus und Andreas

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

An fast allen Sonntagen in diesem Jahr (Lesejahr „B“) wird das Evangelium nach Markus vorgetragen. Es ist das älteste Zeugnis der urchristlichen Überlieferung über Jesus Christus, den Herrn. Die anderen Evangelien, vor allem das nach Matthäus und Lukas, bauen drauf auf und orientieren sich an ihm.

Markus fasst die Verkündigung Jesu als erster in dem Wort „Evangelium“ zusammen (Mk 1,14): „Nachdem man Johannes den Täufer ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes.“

Das „Evangelium Gottes“ sind nicht nur Worte; nicht nur Ratschläge und gut gemeinte Ermahnungen. Jesus Christus selber, der Gekreuzigte und Auferstandene, ist der wichtigste Inhalt dieses Evangeliums. Man kann sagen: Das „Evangelium Gottes“, die gute Botschaft, die Gott uns gebracht hat, ist vor allem Jesus Christus. Im Evangelium von diesem Sonntag (Mk 1,14-20) wird das sehr schön deutlich.

Nach der Überlieferung des heiligen Markus beginnt Jesus sein öffentliches Predigen mit den Worte: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ Was Jesus damit meint, wird durch Markus in der unmittelbar darauf folgenden Berufung der ersten Apostel anschaulich dargelegt: „Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihr Netz auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.

Die zukünftigen Apostel hatten ihr Auskommen. Sie hatten einen anständigen Beruf, sie hatten Arbeit, sie hatten Familie, und Petrus war auf jeden Fall auch verheiratet. Und dennoch ließen sie alles stehen und liegen und folgten ihm. – Ein anständiger Beruf, eine gute Arbeit, ja sogar eine gute Familie und eine harmonische Ehe: das ist nicht alles im Leben. Durch die Begegnung mit dem Herrn rückt all dies an die zweite Stelle, dort wo es hingehört.

Wer ehrlich ist und sich nicht davor scheut, auch seine geheimsten Wünsche wahrzunehmen, der ist sich bewusst, dass wir als Menschen nach einem tiefen Sinn und bleibender Erfüllung suchen, die deutlich über ein gutes Auskommen, einen tollen Beruf, soziale Anerkennung und auch über eine gutgeratene Ehe und Familie hinausgehen.

Genau das spricht der heilige Paulus in der zweiten Lesung an diesem Sonntag an (1 Kor 7,29-31): „Ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine, wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer, wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht.“

Paulus spricht sich weder gegen die Familie, noch gegen die Freude, noch gegen das Kaufen und Besitzen aus. Paulus möchte vielmehr helfen, sich nicht in falsche Abhängigkeiten hineinziehen zu lassen; und damit die Rangordnung der Dinge auf den Kopf zu stellen. Das würde dann ja auch uns den Kopf verdrehen.

Um es recht zu verstehen: Es ist gut, sich die Welt zunutze zu machen. Dafür hat Gott sie uns anvertraut. Aber wir werden diese Erde uns nur dann in rechter Weise zunutze machen, wenn wir uns von ihr nicht beherrschen lassen. Sonst werden auch wir mit der „Gestalt dieser Welt“ vergehen.

Die Apostel folgen dem Herrn, weil im „Evangelium Gottes“ – das Jesus selber ist, das er verkörpert und predigt – jedem Menschen das gewünschte und gesuchte Leben in tiefster Erfüllung bereits gegeben ist. Um das zu erkennen, bedarf es der Gnade Gottes; zugleich aber auch der Bereitschaft, durch Gottes Gnade über den eigenen Schatten zu springen.

Konkret kann das etwa im täglichen Gebet so aussehen: „Herr, wo lass ich mich in falscher Weise fesseln durch meinen Erfolg und mein Prestige, durch meine Niederlagen und meine Enttäuschungen. Wie würdest Du damit umgehen? Welchen Weg, davon los zu kommen, möchtest Du mir zeigen?“ Dann versteht man sehr genau und auch für sich ganz persönlich, was Jesus an den Beginn seines öffentlichen Auftretens stellt: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 04/2015 - 02. Sonntag im Jahreskreis (B)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

In den biblischen Lesungen von diesem Sonntag hören wir am Anfang eine anrührende Begebenheit aus dem Leben des noch jungen Samuel. Seine Mutter hatte ihn schon als kleines Kind in den Tempel, in das Heiligtum von Schilo gebracht, damit er dort heranwachse und den Priestern bei ihrem Tempeldienst zur Seite stehe.

Noch ehe der junge Samuel es recht begreifen konnte, hat Gott ihn angesprochen und gerufen (vgl. 1 Sam 3b-10.19): „Samuel kannte den Herrn noch nicht, und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart worden.“

Es ereignete sich in der Nacht, als „der junge Samuel im Tempel des Herrn schlief, wo die Lade Gottes stand.“ Dort „rief der Herr Samuel, und Samuel antwortete: Hier bin ich. Dann lief er zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder schlafen! Da ging er und legte sich wieder schlafen.“

Zwei weitere Male wiederholt sich fast dasselbe. Der Herr rief „Samuel!“, und zwei weitere Male eilt Samuel bereitwillig zu Eli: „Hier bin ich, du hast mich gerufen.“

Aber nur beim zweiten Mal schickt Eli den kleinen Samuel mit demselben Kommentar wie beim ersten Mal wieder zurück zum Schlafen: „Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn. Geh wieder schlafen!“ Beim dritten Male, so steht es im gleichnamigen Buch Samuel, „merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte. Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen! Wenn er dich wieder ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört.“

So ging Samuel wieder an seinen Platz zurück und legte sich nieder. „Da kam der Herr, trat zu ihm heran und rief wie die vorigen Male: Samuel, Samuel! Und Samuel antwortete: Rede, denn dein Diener hört.“

Dem verweilend Nachdenkenden führt diese anschauliche Geschichte vor Augen, wie Samuel mit der ganzen Sammlung und Kraft seines jungen Herzens das Wort hört, das Gott ihm sagt. Dabei wird Folgendes deutlich:

Wie Samuel ist auch jeder andere nicht in der Lage, ganz ohne Hilfe und Begleitung Gott im eigenen Leben zu entdecken und zu begegnen, geschweige denn, ihm treu zu bleiben. Dafür hat Gott nach der Zeit des Alten Bundes nun seine Kirche gestiftet. In ihr gibt es von alters her neben dem Bußsakrament zudem noch die geistliche Begleitung und Anleitung. Je nach Umständen kann sie im Beichtgespräch, oder auch außerhalb davon gesucht und erteilt werden. Sie ist eine besondere und überaus wertvolle Hilfe und führt dazu, aus den vielen Stimmen um und vor allem auch in einem mit Gewissheit die Stimme Gottes herauszuhören.

Zum anderen wird deutlich, dass das wahre Beten sich nicht auf jenes Bitten und Flehen beschränkt, das aus reiner Not geboren und gesprochen wird. Weit entfernt davon ist Beten viel mehr ein Hören; ein Hinhören auf das, was Gott mir sagen, was er mich erkennen und verstehen lassen möchte.

„Dein Wille geschehe; Dein Reich komme!“ Diese Worte aus ganzem Herzen und im vollen Vertrauen zu sagen, ist oft viel anspruchsvoller, als sie flüchtig daher gesagt beim Vaterunser über die Lippen gehen. – Was ist denn der Wille Gottes in dem, was ich gerade mache, wo ich zurzeit dabei und unterwegs bin? … Das höre ich nur heraus, wenn ich zutiefst bereit bin, meine eigene Wahrnehmung und Vorstellung dem viel besseren, größeren und angebrachterem Willen Gottes zu öffnen.

Deshalb ist Beten bei weitem mehr als das eigene Reden und Sprechen vor Gott. Zum wahren Beten ist notwendig, das man vor Gott still wird. Treffend hat es einmal der christliche Philosoph Sören Kierkegaard wie folgt formuliert: „Beten heißt nicht, sich selbst reden hören; beten heißt, still werden und warten, bis der Betende Gott hört.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 03/2015 - Taufe des Herrn (B)

In der Taufe Jesu – hier: Giotto di Bondone (1266-1337) in der „Capella degli Scroverni“, Padua - wird erkennbar, dass Gott Himmel und Erde wieder näher zusammenbringen und miteinander versöhnen will. [public domain]

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaelon!

Mit dem Fest der Taufe des Herrn an diesem Sonntag endet die Weihnachtszeit. Dieses Fest führt uns zugleich vor Augen, was bei unserer Taufe geschehen ist und wie sie uns verändert hat. So verbindet das Fest der Taufe des Herrn das Ende der Weihnachtszeit mit der Zeit im Jahreskreis, in der wir uns durch Weihnachten gestärkt nun wieder ganz der gewöhnlichen Arbeit zuwenden.

Die Zeit im Jahreskreis ist die Zeit der Bewährung, wo sich das für unser Leben als tragfähig und bereichernd erweist, was wir an Weihnachten vielfältig gefeiert haben.

Im Fest-Evangelium (Mk 1,7-11) überliefert Markus, wie Johannes der Täufer das Kommen Jesu ankündigt: „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich … Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.“ Der Parallel-Überlieferung bei Matthäus (Mt 3,13-17) verdanken wir den Hinweis, dass Johannes den Herrn anfangs nicht zulassen wollte: „Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir?“ Darauf antwortet ihm Jesus: „Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit (die Gott fordert) ganz erfüllen.“

Gemeinsam mit Markus und Matthäus berichtet schließlich auch Lukas über die Taufe Jesu. Als Jesus nach der Taufe betete (Lk) und aus dem Wasser stieg (Mk und Mt) „öffnete sich der Himmel und der Geist kam wie eine Taube auf ihn (Jesus) herab. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“

Mit diesem Schritt beginnt Jesus nach langen Jahren der Vorbereitung im Verborgenen sein öffentliches Leben, für das in der Taufe der Grundstein gelegt wurde; genauer: in der das Fundament seiner Sendung sichtbar wurde.

Jesus ist der geliebte Sohn des Vaters. Das wird in der Taufe am Jordan ausdrucksstark bestätigt. – Ähnlich verhält es sich bei uns. Auch in unserer Taufe wurde für immer und eindeutig geklärt, dass wir Gottes geliebte Kinder sind. Aber anders als Jesus bedürfen wir unverzichtbar der Taufe. An ihr führt für uns kein Weg vorbei, um das wahre Heil hier auf Erden und dann für immer im Himmel erlangen zu können.

Deshalb ist der Herr diesen Weg, ohne ihn gehen zu müssen, für uns vorangegangen. Er, der ohne Sünde ist, reiht sich ein in die Schar derer, die der Reinigung bedürfen. Jesus vollendet diesen Weg am Kreuz, wo er endgültig die Sünden aller auf sich nimmt und „zu Grabe trägt.“ Deshalb nennt Jesus seinen Tod am Kreuz wiederholt „Taufe“ (vgl. Mk 10,38f; Lk 12,50).

Neben dem Sakrament der Taufe, das durch das dreimalige Waschen mit Wasser und den Worten „Ich taufe Dich im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ gespendet wird, kennt die Kirche noch die sogenannte „Wunsch-Taufe“, die auch den ein Kind Gottes werden lässt, der keine Möglichkeit hatte, die christliche Taufe als Sakrament zu empfangen. – So ist die Taufe absolut notwendig für alle, die zum Heil, zu Glück und Erfüllung im Leben diesseits und in Fülle dann jenseits finden wollen.

Die Taufe ist von Gott geschenkt, und sie wird von der Kirche als von Gott her lebende Gemeinschaft gespendet. Ihr entspricht eine Lebenseinstellung; ein Haltung, die für ein gelingendes Leben unverzichtbar ist.

Wie in der Taufe grundgelegt und vorgezeichnet muss der Getaufte diesen Weg in seinem Alltag immer wieder gehen. Er muss eintauchen in die Gnade Gottes, indem er sein verräterisches „Ego“, sein „altes Ich“ im Bad der Taufe und ihrem „Update“, der Beichte, abwaschen und im Ein- und Untertauchen ganz „ertränken“, von sich nehmen und „absterben“ lässt.

Das sagt der Heilige Paulus im Römerbrief (6,3f): „Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben.“

Auf die „Taufe“ der Ablegung des alten Menschen in rechter Selbstverleugnung der Kreuzesnachfolge folgt die „Auferstehung“, das Leben als wiederhergestellter, als erlöster und von Schuld befreiter Mensch: ansatzweise schon in diesem irdischen und dann vollendet im ewigen Leben.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 02/2015 - 2. Sonntag nach Weihnachten (B)

"Unsere Sternsinger" vor dem Kölner Dom nach der Aussendung durch Kardinal Woelki

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

„Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht bis zur Mitte gelangt war, da stieg dein allmächtiges Wort, o Herr, vom Himmel herab, vom königlichen Thron.“ Diese Worte aus dem biblischen Buch der Weisheit (18,14-15) stehen am Anfang des Gottesdienstes, wie er am zweiten Sonntag nach Weihnachten gefeiert wird.

In ganz überraschender Weise ist dieser alttestamentliche Vers Wirklichkeit geworden; in einer Weise, wie seine Verfasser es lange vor Christus unmöglich erahnen konnten. Vom neuen Testament her gelesen ist es nicht nur ein „allmächtiges Wort“ Gottes, sondern Gott selber, der vom Himmel herab als Mensch und Gott zugleich auf unsere Erde herabgestiegen ist. Das hätten in der Zeit des Alten Testamentes auch die ganz Frommen nicht einmal als Hypothese zu formulieren gewagt.

Genau dies ist dann das große Thema, dem die Evangelisten – bis auf Markus – in besonderer Weise die ersten Kapitel ihrer Evangelien widmen. Sie geben Antwort auf die auch später in den Evangelien wiederkehrende Frage: Wer ist dieser Jesus; dieser „Prophet“, der eine ganz neue Lehre verkündet und doch zugleich in der alten Tradition steht, an sie anknüpft, sie weiterführt und damit ganz offensichtlich vollendet, was sich im Alten Bund abzeichnet. Zudem tritt dieser Jesus mit einer augenfälligen Vollmacht auf, die einer Erklärung bedarf.

So legen Matthäus und Lukas die göttlich-menschliche Herkunft Jesu dar durch die unterschiedlichen Stammbäume und die bekannten Episoden aus seiner Kindheit. Der heilige Johannes hingegen erklärt es abstrakt, ganz in der Art der Gelehrten seiner Zeit: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ (Joh 1,1-4)

Präzise legt Johannes dar, worum es Weihnachten geht. Er spricht vom „Logos“, von dem „Wort“, das im Anfang war; und dass dieses Wort bei Gott und zugleich Gott selber war; und dass dieses „Wort Fleisch geworden ist“ (Joh 1,14), damit wieder „aus Gott geboren“ werde, wer ihn aufnimmt (vgl. Joh 1,12).

Das griechische Wort „Logos“, das mangels Alternativen gewöhnlich mit „Wort“ übersetzt wird, ist weit umfassender, als es die Übersetzung deutlich macht. „Logos“ bedeutet nicht nur „Wort“: Es bedeutet auch Sinn; Kraft; Liebe; Tat. Sogar Gott selber ist damit gemeint: „und das Wort war Gott“ (Joh 1,1).

Hier geht es nicht um die vielen Worte, die Menschen machen: etwa in den zu Neujahr gefassten Vorsätzen. Wie oft bleiben sie Lippenbekenntnis, eine Aneinanderreihung von Worten, denen nichts folgt. Hier geht es am Ende um das Wort, in dem alles ausgesprochen ist und das im Aussprechen zugleich schon Wirklichkeit ist.

Das wird erstmals angedeutet bei der Schöpfung: Gott sprach, und es wurde. Alles wurde so, wie Gott es aussprach. Vergessen wir also, was uns bei den vielen Worten von Menschen durch den Kopf geht. Bei Gott ist das anders. Ein einziges Wort, ein einziger Gedanke genügt; dann ist alles so, wie Gott es gesagt, gedacht und gewollt hat.

Wir Menschen müssen oft viele Worte machen, um zu erklären, selber zu verstehen und etwas auszudrücken. Gott hingegen drückt sich selber in einem einzigen Wort aus: Seine ganze Gottheit, seine Allmacht und Größe, seine Ewigkeit und Unendlichkeit, seine grenzenlose Liebe und Gerechtigkeit. So ist das göttliche Wort Gott selber: Das göttliche Wort ist die zweite Person Gottes, die des Sohnes, in welcher der Vater seine göttliche Natur restlos ausspricht, und so den Sohn von Ewigkeit „zeugt“, wie es in der theologisch-philosophischen Sprache des Glaubensbekenntnisses heißt.

Der heilige Johannes legt folglich schon in den ersten Zeilen, im Vorwort seines Evangeliums einem jeden dieses eine Wort Gottes ans Herz, das „Fleisch geworden und unter uns gewohnt“ (Joh 1,14) hat. Dieses Wort ist in sein Eigentum gekommen, das in der Verweigerung gegenüber Gott seinen Sinn verloren hat (vgl. Joh 1,5.9.10 und 11), um es vom Innersten her wieder herzustellen und ihm seinen ursprünglichen Sinn, seine innere Größe wiederzugeben: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“ (Joh 1,12).

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt