Pfarrnachrichten 52/2010 und 01/2011 - Weihnachtszeit (A)

Meister Bertram, 1383 - Hochaltar St. Petri, Hamburg

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Weihnachten bringt uns erneut zur Mitte unseres Glaubens: Das Kind im Stall von Bethlehem ist Gottes Sohn. Der Sohn Mariens blieb was er war, nämlich Gott, und wurde uns Menschen doch wahrhaft gleich. Als Gott und Mensch ist er der einzige Mittler und der einzige Erlöser aller Menschen.

Ganz in diesem Sinne hat der große Theologe John Henry Newmann, der in diesem Jahr von Papst Benedikt XVI. in Birmingham seliggesprochen wurde, ausgehend von dem Aufbruch der Hirten die Gläubigen ermutigt: »Die Hirten sprachen zueinander: ‚Lasset uns nach Bethlehem gehen und die Dinge schauen, die dort geschehen sind, wie der Herr uns kund getan hat (Lk 2,15). Lasset auch uns mit Ihnen gehen und jenes zweite und größere Wunder schauen, zu dem der Engel ihnen den Weg wies: Er lag jetzt in den Armen seiner Mutter, allem Aussehen nach hilflos und kraftlos, wurde von Maria in Windeln gewickelt und zum Schlafen in eine Krippe gelegt. Der Sohn des allerhöchsten Gottes, der die Welten schuf, wurde Fleisch, obwohl er blieb, was er zuvor war. Er wurde so wahrhaftig Fleisch, als hätte er aufgehört zu sein, was er war, und als wäre er wirklich in Fleisch verwandelt worden.«

Alljährlich zu Weihnachten wird es uns in Erinnerung gerufen: Gott hat sich auf den Weg zu uns gemacht und wurde Mensch. So können auch wir uns auf den Weg zu ihm machen und in seiner Nähe zu diesem seinem Abbild finden, als das er uns ins Leben rief, wie es im Buch Genesis steht (1,26 f). »Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. … Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn.«

Nachdem der Mensch so oft und immer wieder nur ein sehr mäßiges und oft auch schlechtes Abbild war, findet er nun allein und ausschließlich in seiner, in des Herrn Jesu Christi Nähe, die ihm eigene und wahre Größe: seine göttliche Ebenbildlichkeit; und nur so bleibende Erfüllung.

Von Herzen wünsche ich dies mit Blick auf Weihnachten und das Neue Jahr Ihnen und uns allen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 51 / 2010 - 4. Adventswoche (A)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Zuerst einmal möchte ich mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie die über vier Wochen stetig sinkenden Temperaturen im Inneren der Kirche ohne jedes Klagen hingenommen und ausgehalten haben. Sicher gibt es Schlimmeres. Aber so niedrige Innenraumtemperatur (6,2 °C am 17.12. um 8.00 Uhr) gab es in St. Pantaleon schon lange nicht mehr.

Kommenden Montag (20.12.) wird die neue Heizung ab dem späten Nachmittag schrittweise in Betrieb genommen. Dann werden die Innentemperaturen langsam wieder steigen. Zugleich sind wir angehalten, nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen, in Zukunft in sparsamer und ausgewogener Verantwortung mit den stetig gestiegenen Energiekosten umzugehen. Ich bin sicher, dass wir gemeinsam einen Level finden, mit dem wir alle gut auskommen und auf den wir uns einvernehmlich verständigen können.

Die neue Anlage bietet die Möglichkeit, ein variables Temperaturprogramm zu fahren, das auch in unserer Kirche zu guten Ergebnissen führen soll. Mehr kann ich noch nicht sagen und bin selber gespannt darauf, was die neue Technik uns bringen wird. Unser Küster, Herrn Gwozdz, wird dann unter Beibehaltung seiner bisherigen Aufgaben auch noch die des „Temperatur-Managers“ übernehmen. Dafür danken wir ihm schon jetzt im Voraus.

Nun haben wir bereits den vierten Advent. Im Sonntagsevangelium steht die Figur des Heiligen Josef besonders im Mittelpunkt. Durch den Evangelisten Matthäus (1,18) hören wir: "Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes."

Der Evangelist betont, dass es keine normale Schwangerschaft ist. Von einer Zeugung des Kindes durch Josef ist auch nicht der Hauch einer Andeutung zu lesen. Was auch die Verwirrung des Josef begreiflich macht, der über die unverhoffte Schwangerschaft seiner Verlobten offenbar über die Maßen irritiert war. "Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist." (ibid. 1,19-20)

Matthäus betont die Zugehörigkeit Josef zum Haus David und erinnert damit an die Erfüllung der uralten Verheißung an König David. "Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch die Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel, geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns." (ibid. 1,22-23)

Die Größe des Heiligen Josef wird darin sichtbar, dass er tut, warum Gott ihn bittet. Was menschliches Begreifen und Vermögen übersteigt, kann so Wirklichkeit werden.

Josef ge– horchte, auch wenn er nicht alles verstand. Heute ist es genau anders herum: heute will man alles verstehen, aber nicht gehorchen.

Die Rolle von Josef war eher die hinter Jesus und Maria, und nicht an vorderer Stelle. Josef, der Mann der Träume, war ein Mann mit Güte, mit Geduld, mit Herz. Mehrmals noch wird in der Bibel davon erzählt, wie er ohne Wenn und Aber dem Ruf Gottes folgte. – So ist der heilige Josef auch für uns heute ein großes Vorbild:

Gott gehorchen und dienen kann man auch in der zweiten Reihe. Es kommt weniger darauf an, was wir sagen; es kommt meist mehr darauf an, was wir tun.

So findet Gott wie bei Josef immer einen Weg zum Ziel. Auch wenn manche Situation in unserem Leben vielleicht eher zum Davonrennen ist, denken wir an Josef, der seine zugedachte Rolle im Plan Gottes liebend angenommen hat. Vielleicht denken wir daran, wenn wir im Vaterunser beten: „Dein Wille geschehe!“ – Wenn wir das ernstnehmen, dann kann Weihnachten kommen!

Die Ikone setzt die Rolle Josefs großartig ins Bild. Sogar für Maria ist das Geheimnis der Menschwerdung zu groß. Nur Ochs und Esel vermögen in ihrer Einfalt sich dem Kind zuzuwenden. Eine Einfalt, in welcher der Mensch mit Gottes Hilfe weit über seine eigenen Grenzen hinauswachsen kann.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 50 / 2010 - 3. Adventswoche (A)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Sollten Sie noch ein passendes Geschenk zu Weihnachten suchen, lesen Sie doch bitte aufmerksam, was ich Ihnen von den vielen Kommentaren zum neuen Papstbuch (Benedikt XVI., Licht der Welt, Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit., Ein Gespräch mit Peter Seewald, Verlag Herder, 240 Seiten, geb.m.Schutzumschlag, ISBN 978-3-451-32537-3, Preis: 20,50 Euro) im Folgenden zusammengestellt habe.

Das online Magazin „Spiegel“ schrieb am 25.11.2010 (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,731259,00.html): »Die Diskussion über das neue Papst-Buch dauert an. … Kirchenkritikern droht ein Feindbild abhanden zu kommen«, was im darauf folgenden »Debattenbeitrag« von Matthias Matussek dann konkret wird: »Besonders aber provoziert er (Papst Benedikt) nun die Schriftgelehrten der säkularen Welt, die professionelle Kirchenkritik, weil er sie zunächst mal beschäftigungslos werden lässt, denn er kritisiert sich und seine Firma schon selber und das schonungslos. Die fürchterlichen Missbrauchsfälle! Die Panne im Umgang mit dem ausgeklinkten Holocaust-Leugner Williamson! Diese Geständnisse eigener Fehlbarkeit, wie haben sie sich die Papstkritiker herbeigesehnt. Hier sind sie.

Er sagt, durchaus Gänsehaut treibend, dass in bestimmten Schichten in der katholischen Kirche Deutschlands viele nur darauf warten, ihn abzuschlachten. Doch dann wirft er als Pontifex Maximus den Blick über die außereuropäischen Horizonte einer Weltkirche, die blüht und wächst und Priester ordiniert. Die in einigen Weltgegenden zu den schlimm Verfolgten gehört. Die doch Dienst an den Armen tut und Trost und Hoffnung spendet und begeistert durch Glaubensinnigkeit. Die "katholisch" im Wortsinn ist: allumfassend. Und da wirkt dann Deutschland doch sehr klein und besonders hässlich.

In seinem Gespräch mit Peter Seewald – dessen kulturpessimistischen Fragen er des öfteren optimistische Aufhellungen entgegenhält – setzt er auf die christliche Moral als Mittel gegen die Selbstzerstörung des Planeten. Auf die heutzutage bestsellerfähige Frage "Wofür stehst Du?" gibt er irritationsfreie Antworten. Diese Art von Unfehlbarkeit erwartet dann auch jeder Gläubige.

Der Papst in diesem Gespräch ist glaubensstark, aber nicht autistisch. Es ist ein neues Papstbild, das da aufscheint. Hier spricht nicht der oft als kalter Taktiker verzeichnete Theologie-Professor, der seine Glaubensdogmen mit dem Rücken zur Welt formuliert, sondern der Menschen zugewandte, verständnisvolle Hirte. Und der antwortet mit oft entwaffnender Schlichtheit und Offenheit. Und er spricht ganz unverblümt über die Liebe als wahren, als echten Skandal in der heutigen Zeit.«

Nicht weniger aufschlussreich schreib Armin Schwibach am 7.12. im online Portal „kat.net“ (http://www.kath.net/detail.php?id=29262): »Zwei Wochen sind vergangen, seit das Interviewbuch mit Benedikt XVI. „Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit“ in den Buchhandlungen ist. Schwindelerregende Auflagenzahlen begleiten das historische Ereignis eines Buches, in dem ein Papst zum ersten Mal einem Journalisten in einem Gespräch antwortet. Bereits im Jahr 1994 hatte der italienische Publizist Vittorio Messori den Interviewband mit Johannes Paul II. „Die Schwelle der Hoffnung überschreiten“ veröffentlicht. Doch im Unterschied zu heute hatte der Papst damals schriftlich geantwortet. So besticht – neben allen wichtigen Inhalten – die Tatsache, dass der Leser von „Licht der Welt“ in den Fluss eines sechsstündigen Dialogs hineingenommen wird. Die Distanz zwischen Papst und Leser wird so auf ein Minimum reduziert.

… Besonders jedem Katholiken ist es anzuraten, sich intensiv mit dem Papstbuch auseinanderzusetzen, denn: es handelt sich um eine einmalige Gelegenheit, Benedikt XVI. kennenzulernen. So mancher wird auch staunend entdecken, wie sich angestaute Vorurteile an der einnehmenden Einfachheit und Tiefe der Gedanken des Papstes brechen und der für viele bereits bekannte „wahre“, das heißt nicht von irgendwelchen Medien in einem faschingsmäßig organisierten Spektakel verzerrte Benedikt XVI. in seiner unübersehbaren Wirklichkeit und Größe zutage tritt.«

So wünsche ich Ihnen einen frohen Advent und eine erfrischende und wohltuende Weihnachtslektüre!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 49 / 2010 - 2. Adventswoche (A)

Johannes der Täufer - Anton Raphael Mengs 1728-1779 - St. Petersburg-Eremitage

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

In den Lesungen zum zweiten Advent begegnet uns Jahr für Jahr Johannes der Täufer. Er ist wohl die markanteste Gestalt der Adventszeit. Sein Bußruf: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!” hat viele schon im jugendlichen Alter erreicht. Wichtig ist, dass unser Verständnis für diesen Ruf des Täufers mit dem Heranwachsen und Älterwerden als Christ Schritt hält.

Mit seinem Aufsehen erregenden Auftreten will der Täufer mit Nachdruck unterstreichen, dass sich etwas ändern muss bei den Menschen: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!” So verkündet es auch heute noch die Kirche alljährlich vor dem Weihnachtsfest.

Nun kann die Wüste, von der schon bei Jesaja die Rede ist, auch als Bild des Menschen guten Willens verstanden werden. Die „Leute von Jerusalem” und aus „ganz Judäa” waren solche Menschen. Die „Volljährigkeit” ihres guten Willens zeigt sich in ihrem Gespür dafür, dass ohne tägliche geübte Umkehr das Leben am Ende unerfüllt bleibt. Deshalb zogen die „Leute von Jerusalem zu ihm hinaus”, wird berichtet, „bekannten ihre Sünden” und ließen sich „von ihm taufen”.

Anders die Pharisäer. Sie wollten die Taufe des Johannes nicht zur Umkehr, sondern nur zur Bestätigung ihrer vermeintlichen Gerechtigkeit empfangen, die sie von ihrer abrahamitischen Abstammung meinten ableiten zu können. Der Täufer weist ihre Selbstgerechtigkeit scharf zurecht.

Erleben wir heute nicht ähnliches? Meinen manche nicht allzu voreilig, dass doch eigentlich alles ganz in Ordnung und nichts zu verändern wäre in ihrem Leben?

Das andere Extrem ist eine falsche Unzufriedenheit mit sich selber. Zur wahren Lebenskunst gehört, seine Fehler und Ungereimtheiten akzeptieren zu können, und gleichzeitig so zu ihnen zu stehen, das man mit Gottes Hilfe weiter an sich arbeitet und zu ändern versucht, was mit seiner Hilfe möglich ist.

Ohne die Bereitschaft bis an die Wurzel gehender Umkehr bleibt der Mensch ein Pharisäer, von denen der Täufer sagt, dass sie wie „jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt ... umgehauen und ins Feuer geworfen” werden.

Die adventliche Begegnung mit dem Täufer führt zu Jesus Christus. Deshalb lädt die Kirche in diesen Tagen des Advents dazu ein, den Weg der Umkehr mit dem Bußsakrament abzuschließen und in der Beichte besiegeln zu lassen. Das persönliche Bekenntnis vor dem Priester gehört mit zu der intensivsten Form, Christus, dem Herrn zu begegnen. Die schon im aufrichtigen Schuldbekenntnis vollzogene Umkehr und die in der Lossprechung geschenkte Vergebung „bereiten dem Herrn den Weg”.

Wenn wir in St. Pantaleon am Ende unserer Novene das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens gefeiert haben, schreiten wir weiter voran in dieser stimmungsvollen Atmosphäre der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest.

»In der heutigen Konsumgesellschaft«, so hat es Papst Benedikt einmal formuliert, »erleidet diese Zeit bedauerlicherweise eine Art kommerzieller "Verunreinigung", die ihren wahren Geist, der geprägt ist von geistiger Sammlung, Schlichtheit und einer nicht äußerlichen, sondern tief innerlichen Freude, zu verfälschen droht. Es ist daher von der Vorsehung gewollt, dass – gleichsam wie ein Eingangstor zu Weihnachten – das Fest jener Frau gefeiert wird, die die Mutter Jesu ist und die uns besser als alle anderen dazu anleiten kann, den menschgewordenen Sohn Gottes zu kennen, zu lieben und anzubeten. Lassen wir uns also von ihr führen und uns von ihren Gefühlen beseelen, damit wir uns mit ehrlichem Herzen und offenem Geist darauf einstellen, im Kind von Betlehem den Sohn Gottes zu erkennen, der auf die Welt gekommen ist, um uns zu erlösen.«

Von Herzen wünsche ich Ihnen eine gesegnete Adventszeit.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 48 / 2010 - 1. Adventswoche (A)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

In diesem Jahr hat sich der Winter überraschend früh gemeldet. Tagestemperaturen um den Gefrierpunkt und Nachtfrost stehen uns bevor. Zeitgleich ist die alte und defekte Heizung inzwischen ausgebaut. Wir alle hätten uns eine andere zeitliche Abstimmung gewünscht: Dass der Winter noch etwas wartet und die Heizung einige Wochen früher gekommen wäre.

Schön jedoch ist, dass die Arbeiten zügig vorangehen. Derzeit werden die Luftauslässe für die neue Heizung vergrößert. Zu diesem Zweck wandert im Moment eine kleine Hütte aus Spanplatten durch die Kirche, in der die Stemm- und Maurerarbeiten für den Kirchenraum nahezu staubfrei durchgeführt werden. Bislang läuft alles nach Plan und die Kirche soll eine Woche vor Weihnachten wieder beheizt werden können. Vielleicht gelingt es uns sogar für eine kurze Zeit durch eine Notbeheizung die Temperaturen nicht allzu sehr unter 10 Grad absinken zu lassen.

Mit der richtigen Kleidung ist es bislang zugleich sehr erträglich geblieben. Im Augenblick, heute 26. November, 10.00 Uhr, haben wir in der Kirche immer noch 11,3 Grad Celsius. Als Pfarrer habe ich festgestellt, wie wohlig warm ein guter Daunenanorak, unsichtbar unter dem Messgewand getragen, mich zumindest die Kälte bislang fast ganz unberührt ließ. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie das ähnlich sehen oder empfinden könnten.

Unser schöner Kölner Dom, wie Ihnen wahrscheinlich bekannt ist, bleibt im Winter ganz ungeheizt, weil das kaum zu finanzieren ist und nach einigen Versuchen zudem große technische Probleme davon abrieten. Wenn die kälteren Temperaturen im Kircheninneren dazu führen, an die notwendige geistliche und innere Temperatur der Seele zu denken und sie zu pflegen und zu erhöhen, dann lassen sich diese Widrigkeiten auch leichter hinnehmen.

Mit Blick auf eine solche Erhöhung der inneren und geistigen Seelentemperatur freuen wir uns auch dieses Jahr wieder auf die neuntägige Vorbereitung durch unsere „Novene“ auf das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter und Jungfrau Maria. Eröffnet wird die Novene in diesem Jahr am 30. November von Weihbischof Dr. Klaus Dick. Am Tag des Hochfestes selber, am 8. Dezember, wird Prälat Josef Sauerborn den Gottesdienst feiern und die Predigt halten.

Das weitere Programm der Novene hängt und liegt aus. Auch dieses Mal haben sich einige aus dem Pfarrgemeinderat bereit erklärt, im Anschluss an die Gottesdienste in der gewohnten Weise im Westwerk für das leibliche Wohl zu sorgen. Sicher erfährt angesichts der oben geschilderten Situation der Glühwein eine neue Wertschätzung. – Machen Sie die Novene doch bitte auch in diesem Jahr wieder unter Ihren Freunden bekannt.

Mit dem Advent bereiten wir Christen uns auf das kommende Weihnachtsfest vor. Unser Adventsbasar an diesem Wochenende (27./28. November) ist ein wertvoller Beitrag dafür, dass das Äußere, die Atmosphäre geschaffen wird für die innere Einstimmung auf Weihnachten.

»In der Adventszeit«, so hat es Papst Benedikt beim Gebet des „Angelus“ am 4. Dezember 2005 einmal formuliert, »bereitet sich die kirchliche Gemeinschaft darauf vor, das große Geheimnis der Menschwerdung zu feiern, und sie ist eingeladen, ihr persönliches Verhältnis zu Gott neu zu entdecken und zu vertiefen. Das lateinische Wort „adventus“ bezieht sich auf das Kommen Christi und stellt das Herabsteigen Gottes zur Menschheit in den Vordergrund, auf das jeder mit Offenheit, Erwartung, Suche und Zustimmung antworten soll. Und so wie Gott in seiner Selbstoffenbarung und seinem Sich-Hinschenken souverän und frei ist, weil ihn allein die Liebe dazu bewegt, so ist auch der Mensch frei, seine, wenn auch gebührende, Einwilligung zu geben: Gott erwartet eine aus Liebe gegebene Antwort.«

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen eine gesegnet und fruchtbringende Adventszeit.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 47 / 2010 - 34. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Mit den Wochentagen nach dem Christkönigssonntag geht das Kirchenjahr zu Ende. Das neue beginnt dann mit dem ersten Advent. Es sind, wenn man eine optimistische Grundeinstellung hat, gute Nachrichten, mit denen dieses Kirchenjahr nun zu Ende geht.

Sie werden bemerkt haben, dass es in der Kirche recht kühl geworden ist. Machen Sie sich bitte nicht allzu viele Sorgen darüber. In Abhängigkeit von der Außentemperatur kann die Kirche in den nächsten Tagen und Wochen sogar noch weiter auskühlen. Passend zu Herbstende und Winteranfang bekommen wir nach zweieinhalbjähriger Planung nun endlich eine neue Heizung, nachdem die alte ihren Geist zu einem guten Teil aufgegeben hat.

Mit dem Kirchenvorstand und allen Beteiligten haben wir gehofft, die Arbeiten noch in den Sommermonaten durchführen zu können. Es hat nicht funktioniert. Vor Weihnachten soll die Heizung wieder in Betrieb sein. Die neue Anlage wird deutlich wirtschaftlicher arbeiten und zugleich die bislang teilweise zu hohen Temperaturen im Kircheninneren während der Wintermonate, die dem Gebäude und vor allem der Ausstattung nicht gut tun, auf das passende und richtige Niveau bei den Gottesdiensten von maximal 14 bis 15 Grad bringen. Außerhalb der Gottesdienste wird die Temperatur mit einem halben bis maximal einem Grad pro Stunde auf ein Niveau von minimal 10 Grad wieder abgesenkt werden. Drauf haben sich die unterschiedlichen Sachverständigen, vom Orgelbauern bis zum Techniker verständigt.

Eine zweite gute Nachricht. Vergangenen Sonntag haben zehn Jugendliche, die hier zu St. Pantaleon gehören oder einen Bezug nach hier haben, das Sakrament der Firmung im Kölner Dom durch Weihbischof Manfred Melzer empfangen. Für zwei dieser Jugendlichen war der Tag der Firmung zugleich der Tag ihrer Erstkommunion.

Es war ein schöner und bewegender Firmgottesdienst, wunderbar gestaltet von den Domchören. Bei den Glaubensgesprächen zur Firmvorbereitung ist der Wunsch gewachsen, dass wir uns nach der Firmung weiter treffen und die Glaubensgespräche fortführen. Nach der Firmung hat es mich sehr gefreut, dass die Gefirmten von sich aus noch einmal darum gebeten haben, unsere Treffen doch bitte fortzusetzen. Das werden wir machen und uns wird dabei gewiss nicht langweilig; im Gegenteil.

Eine dritte gute Nachricht. Am Dienstag, dem 30. November beginnt die Novene zur Einstimmung auf das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter am 8. Dezember. Diese Novene hat in St. Pantaleon eine lange Tradition. Sie wird diesmal von Weihbischof Dr. Klaus Dick eröffnet. Täglich werden uns andere Zelebranten und Prediger durch diese Novene begleiten.

Mit dabei ist auch die Kirchenmusik an St. Pantaleon: Der Kirchenchor wird am 8. Dezember singen; in anderen Gottesdienste wird der ein oder andere Akzente gesetzt. Auch der Pfarrgemeinderat ist wieder mit dabei und wird nach der Stärkung der Seele im Gottesdienst noch ein wenig bei der Stärkung des Leibes nachhelfen.

Mit diesen guten Nachrichten kann das alte Kirchenjahr in den kommenden Tagen getrost zu Ende gehen. Und wir dürfen uns freuen auf die dann beginnende Adventszeit mit ihren Besonderheiten. Mehr dazu in den nächsten Pfarrnachrichten.

Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 46 / 2010 - 33. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Pfarrangehörigen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Allen, die von Ihrem Wahlrecht bei der Kirchenvorstandswahl Gebrauch gemacht und die wichtige Arbeit dieses Gremiums damit unterstütz haben, danke ich nicht weniger von Herzen wie den Kandidaten, die sich für diese Arbeit bereit erklärt haben. Alle Gewählten haben die Wahl angenommen. Wahlergebnis und Einspruchsfristen sind im Schaukasten veröffentlicht.

Wie schon angekündigt wird an diesem Sonntag, dem 14. November, die Ausstellung „Pontifex“ feierlich mit einem Vortrag um 17.00 Uhr und anschließendem Pontifikalamt um 18.30 Uhr mit Erzbischof Szczepan Wesoly, Rom, dem Kölner Generalvikar Dr. Dominik Schwaderlapp in Vertretung für Kardinal Joachim Meisner und weiteren Konzelebranten eröffnet. Die Ausstellung möchte vor allem die drei zentralen Anliegen hervorheben, mit denen Papst Johannes Paul II. zum ersten Mal 1980 vor 30 Jahren und dann zwei weitere Male, 1987 und 1996, nach Deutschland gekommen ist.

Der Papst betonte damals bei seinen drei Reisen besonders:

1)      den Wert des Lebens ab der Empfängnis bis zum natürliche Tod;

2)      die Bedeutung der Ehe und der Familie

3)      das Engagement der Laien im kirchlichen sowie gesellschaftlichen Leben.

Die Zeit ist seitdem nicht stehen geblieben. Zu den drei Anliegen von damals, die weiterhin und seit damals noch heftiger angefochten werden, sind weitere hinzugekommen. Auf diese hat nun Papst Benedikt anlässlich seiner jüngsten Reise nach Spanien hingewiesen. Auch das einst katholische Land Spanien leidet unter einem massiven Verlust an wahrer Kultur und Menschlichkeit auf Grund zunehmender Gottlosigkeit. Das gilt leider nicht nur für Spanien, sondern bedauerlicher Weise für ganz Europa. Dazu hat Papst Benedikt wie folgt Stellung bezogen:

„Welche sind die großen Bedürfnisse, Ängste und Hoffnungen Europas? Was ist der besondere und grundlegende Beitrag der Kirche für dieses Europa, das in den letzten fünfzig Jahren einen Weg hin zu neuen Gestaltungsformen und Entwürfen zurückgelegt hat? Ihr Beitrag geht um eine Wirklichkeit so einfach und entscheidend wie diese: Gott existiert, und er hat uns das Leben gegeben. Er allein ist absolut, er ist treue und unvergängliche Liebe, unendliches Ziel, das hinter allem Guten, hinter aller wunderbaren Wahrheit und Schönheit dieser Welt durchscheint – alles wunderbar, aber für das Herz des Menschen nicht genug. Dies hat die heilige Teresa von Jesus gut erfaßt, als sie schrieb: „Gott allein genügt.“

Es ist eine Tragödie, daß sich in Europa, besonders im 19. Jahrhundert, die Überzeugung durchsetzte und verbreitete, daß Gott der Gegenspieler des Menschen und der Feind seiner Freiheit sei. …. Gegenüber einem Heidentum, dem zufolge Gott den Menschen beneidet und verachtet, bekräftigt der Verfasser des Buches der Weisheit entschieden: Weshalb hätte Gott alles erschaffen, wenn er es nicht geliebt hätte, Er, der in seiner unbegrenzten Fülle keiner Sache bedarf? (vgl. Weish 11,24-26). Weshalb hätte er sich den Menschen offenbart, wenn er sie nicht hätte beschützen wollen? Gott ist der Ursprung unseres Seins und das Fundament und der Gipfel unserer Freiheit, nicht ihr Gegner. Wie kann der sterbliche Mensch sich auf sich selbst gründen, und wie kann der sündige Mensch sich mit sich selbst versöhnen? Wie ist es möglich, daß über diese erste und wesentliche Wahrheit des menschlichen Lebens in der Öffentlichkeit geschwiegen wird? Wie kann das, was im Leben am meisten maßgebend ist, in die bloße Privatsphäre verwiesen oder in den Halbschatten verbannt werden? …

Europa muß sich Gott öffnen, muß ohne Angst heraustreten hin zur Begegnung mit Ihm, muß mit seiner Gnade für die Würde des Menschen arbeiten, die von den besten Traditionen erschlossen worden ist: Neben der biblischen, die diesbezüglich grundlegend ist, sind dies die Traditionen der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit, aus denen die großen philosophischen und literarischen, kulturellen und sozialen Schöpfungen Europas hervorgingen.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 45 / 2010 - 32. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Ein letztes Mal darf ich auf die Kirchenvorstandswahlen an diesem Samstag und Sonntag (6./7. November) hinweisen und um rege Wahlbeteiligung aller bitten, die ihren Wohnsitz in der Pfarrei St. Pantaleon haben.

Dann darf ich mit Freude ankündigen, dass aus Anlass des 30. Jahrestages des ersten Besuches von Papst Johannes Paul II. in Deutschland die Delegatur der Deutschen Bischofkonferenz für die polnischsprachige Seelsorge eine Ausstellung in unserer Kirche organisiert, in der die drei Deutschlandbesuche des Papstes dokumentiert werden.

In dem ausliegenden Flyer heißt es dazu: »Johannes Paul II. besuchte Deutschland dreimal: 1980, 1987 und 1996. … Diese Ausstellung stellt alle drei Pilgerreisen dar, von denen jede einen anderen Charakter und ein anderes Ziel hatte. Johannes Paul II. betonte in seinen Ansprachen und Predigten den Ökumenismus, den interreligiösen Dialog, die christlichen Wurzeln Europas und Deutschlands. Der Papst unterstrich unter anderem den Wert des Lebens ab der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, die Bedeutung der Ehe und der Familie, das Engagement der Laien im kirchlichen sowie gesellschaftlichen Leben.«

In Anbetracht der gegenwärtigen Entwicklungen und Strömungen wird deutlich, dass diese Anliegen von Johannes Paul II. prophetisch waren. Die Ausstellung möchte auf die Aktualität der päpstlichen Botschaft von damals aufmerksam machen. Hierfür findet der Ausstellungsbesucher auf den Ausstellungswänden kurze Zitate der Papstreden, die durch Fotos des »L’Osservatore Romano« sowie deutscher Quellen vervollständigt werden.

Die Ausstellung wird am Sonntag, dem 14. November 2010 um 17.00 Uhr in der Kirche St. Pantaleon mit einigen Grußworten eröffnet. Daran schließt sich ein Vortrag vom Prof. Dr. Karl-Joseph Hummel an, dem Direktor der Forschungsstelle der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn. Sein Vortrag trägt den Titel: „Die Zukunft der versöhnten Vergangenheit – Karol Wojtyla, Deutschland und die deutschen Katholiken von 1939 bis 1996“.

Nach dem Rosenkranzgebet um 18.00 Uhr wird die Sonntagsabendmesse zu gewohnten Zeit (18.30 Uhr) gefeiert. Hauptzelebrant ist Erzbischof Szczepan Wesoly, Rom, ehem. Delegat des Primas von Polen für die polnischsprachige Seelsorge im Ausland. Die Predigt hält Generalvikar und Prälat Dr. Dominik Schwaderlapp in Vertretung für Kardinal Joachim Meisner.

Im Anschluss an die Hl. Messe lädt die Delegatur der polnischsprachigen Seelsorge zu einem Empfang im unseren Pfarrsaal ein. – Weiter Einzelheiten zur Ausstellung entnehmen Sie bitte den Handzetteln im Schriftenstand und auf dem Tisch am Eingang der Kirche.

Von Herzen gerne möchte ich Sie einladen zu diesem nicht alltäglichen Ereignis von Dokumentation, Erinnerung, Begegnung, Austausch und vor allem zu gemeinschaftlichem Gebet und gemeinsamem Gottesdienst.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 44 / 2010 - 31. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Pfarrangehörige!

Heute richte ich diese Pfarrnachrichten in besonderer Weise an die durch ihren Wohnsitz der Pfarrei St. Pantaleon zugeordneten Gläubigen. Lesen Sie den Pfarrbrief aber bitte auch dann weiter, wenn Sie staatskirchenrechtlich nicht zur Pfarrei St. Pantaleon gehören.

Mit Ausnahme von einigen Highlights, wie etwa die Weltjugendtage, hat man in Deutschland seit Jahren den Eindruck, als ob die Kirche für junge Leute an Attraktivität zunehmend eingebüßt hätte. Für diesen Eindruck verantwortlich ist unter anderem das erschreckend hohe Durchschnittsalter der sonntäglichen Kirchenbesucher.

Ohne Zweifel ist der regelmäßige Besuch der Sonntagsmesse von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Hier wird die Erlösung gefeiert und vollzogen. Ohne diesen Vollzug hätte die Kirche nicht mehr wirklich etwas zu sagen. Sie sollte dann besser noch viel öfter ihren Mund halten, ihre Bedeutungslosigkeit einsehen und sich noch weiter zurückziehen.

Aber sie feiert Sonntag für Sonntag Gottesdienst; und auch werktags. Ganz unabhängig davon, ob Viele oder Wenige, Junge oder Alte die heilige Messe mitfeiern. – Gerne darf ich auch hier in den Pfarrnachrichten meine Freude darüber bekunden, dass bei den zwei Werktagsmessen in St. Pantaleon (um 12:00 und um 18:30 Uhr) im Schnitt 30 bis 40 Gläubige Tag für Tag die heilige Eucharistie mitfeiern; darunter auch ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz an jungen Christen.

Auch wenn die sonntäglich Eucharistie, und die Messfeier überhaupt, Wurzel und Quelle allen christlichen und kirchlichen Lebens ist, so äußert sich dieses über den Sonntagsgottesdienst und die anderen Messfeiern hinaus zugleich noch in vielem anderen.

Jüngere Menschen haben dafür ein feines Gespür. Oft sind sie nicht mehr wie die ältere Generation in der Tradition des sonntäglichen Gottesdienstbesuches aufgewachsen, wissen sich aber dennoch der Kirche im Herzen verbunden und sind durchaus auch gerne bereit, Verantwortung in und für ihre Kirche zu übernehmen. Wo das der Fall ist, tut sich etwas, und es wird schon sehr Gutes daraus erwachsen.

Von daher freue ich mich, wenn sich für die anstehenden Kirchenvorstandswahlen auch jüngere  Kandidaten zur Wahl stellen würden. Geben Sie ihnen eine Chance! Ich traue ihnen eine Mitverantwortung vorbehaltlos zu und würde sie ihnen auch gerne übertragen; auch deshalb, weil ich an die Zukunft der Kirche denke und fest daran glaube, dass sie eine Zukunft nicht zuletzt durch die jüngere Generation ist; trotz aller Absagen, die ich hinsichtlich der bevorstehenden Wahl dann doch erhalten habe.

Bei den anstehenden Kirchenvorstandswahlen sind wahlberechtigt alle Mitglieder der Pfarrgemeinde St. Pantaleon, die am Wahltag 18 Jahre alt sind und seit einem Jahr am Ort der Gemeinde wohnen. Zur Ausübung des Wahlrechts ist erforderlich, dass der Wahlberechtigte in der Wählerliste eingetragen ist.

Die Kandidatenliste hängt aus. Gewählt werden kann im Wahllokal: Pfarrbüro St. Pantaleon (Parterre – Archivraum); und zwar am Samstag, dem 06 November von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr sowie am Sonntag, dem 07. November von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr.

Es ist auch möglich per Brief zu wählen. Der Antrag auf Briefwahl kann bis zum Mittwoch vor der Wahl während der Öffnungszeiten des Pfarrbüros gestellt werden. Er ist an den Vorsitzenden des Wahlausschusses zu richten.

Mögliche weiter Fragen werden gerne von Frau Reimann im Pfarrbüro beantwortet. Wen Sie wählen sollen, das müssen Sie wissen. Ich habe mich im Rahmen meiner Möglichkeiten klar geäußert.

Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 43 / 2010 - 30. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Lassen Sie mich zu Beginn noch ein Wort über die anstehenden Kirchenvorstandwahl am 6./7. November sagen: Bislang haben sich erst vier Kandidaten zur Wahl für dieses Ehrenamt zur Verfügung gestellt. Das sind für die Wahlliste, die mindestens ein Drittel mehr Kandidaten als die zu wählenden (in unserer Pfarrei: vier zu wählende Kandidaten) enthalten muss, bislang immer noch zwei Kandidaten zu wenig. Ob sich diese zwei noch finden lassen?

Hier wird eines der Probleme sichtbar, die zur Entscheidung geführt haben, die Pfarreien zusammenzulegen. Es gibt nicht nur ein Mangel an Priestern, sondern einen nicht geringeren Mangel an Gläubigen, welche die Kirche mitzutragen fähig und bereit sind. Gäbe es mehr Gläubige, gäbe es auch mehr Priester, wie umgekehrt.

Aber Situationen wie diese hat es in der Kirche sehr oft gegeben. Und entscheidend ist bei weitem nicht nur das, was wir Menschen vermögen und erreichen, sondern was wir mit Gottes Hilfe erreichen; und notfalls auch Gott ganz ohne uns.

Mit diesem Gedanken sind wir auch schon beim Sonntagsevangelium. Der Herr erzählt eine beispielhafte Begebenheit jenen, die „von der eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten.“ Ganz frei von eine solchen Selbstgerechtigkeit ist wohl auch keiner von uns allen. Irgendwie ist hier jeder von uns mitgemeint.

Wir kennen die Neigung, Gutes zu tun, und darüber dann viel zu reden. Leicht stellt sich dann ein zweiter Defekt ein, nämlich im selben Atemzug schlecht über andere zu reden und sie „herunter zu machen“.

Es ist die Beispielgeschichte vom Sünder und vom Zöllner. Der Pharisäer stellt sich vorne hin und bedankt sich im Gebet bei Gott, dass er nicht so wäre wie dieser Zöllner da ganz hinten und all die anderen „Räuber, Betrüger und Ehebrecher“. Dann zählt er vor Gott auf, was er alles an Gutem tun würde: Sein Fasten und sein Spenden.

Der Zöllner jedoch bleibt ganz hinten stehen, „und wagt nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben.“ Er schlägt sich an die Brust und betet: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Der Zöllner weiß, dass er ein Sünder ist.  Er beschönigt gar nichts.

Die Sympathie von Jesus gehört eindeutig dem Zöllner, aber nicht wegen seiner Sünden und Vergehen. Jesus sieht auf sein Herz. Er sieht, was der Pharisäer nicht sehen will und was der Hl. Franz von Assisi  einmal wie folgt auf den Punkt gebracht hat: „Der Mensch ist nur das, was er vor Gott ist, nicht mehr und nicht weniger!“

„Hochmut kommt vor dem Fall“, lautet ein Sprichwort. Und auf dem beigefügten Bild ist großartig dargestellt, wie sehr der Teufel sich über den scheinbar gerechten Pharisäer freut. Denn der Pharisäer betet, wie es leicht ironisch im griechischen Urtext heißt „bei sich selbst“, das heißt: Er kreist bis in das Gebet hinein um sich selber. So ist der Pharisäer nicht wirklich bei Gott; der Zöllner wohl - und dort, bei Gott, findet er alle Barmherzigkeit. Der Pharisäer hingegen bereitet dem Teufel eine wahrhaft „diabolische Freude“. Er ist dem Teufel längst in die Fänge geraten.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 42 / 2010 - 29. Woche im Jahreskreis (C)

Reliquiar der Reliquien des Hl. Pantaleon – Pfarrei St. Pantaleon, Köln – Detail

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Gerne möchte ich Sie mit diesen Zeilen über anstehende Ereignisse in und um St. Pantaleon informieren und auf dem Laufenden halten.

Seit einiger Zeit bereiten sich in St. Pantaleon zehn Jugendliche auf den Empfang der Firmung vor, darunter zwei zugleich auf ihre Erstkommunion: Rafael Andrade, Tania Barbosa, Angelina Cardoso, Marlene Freitas da Cout, Matthias Gärtner, Jens Horlebogen, Ursula Jauch, Chiara Tese-Kuster, Norberto Pascoal und Patrik Weber.

Von Herzen möchte ich auch im Namen dieser Jugendlichen Sie alle darum bitten, diese Jugendlichen mit und in Ihrem Gebet zu begleiten, damit ihr Wunsch nach einem Leben in Erfüllung gehe, in dem sich voll und ganz erfülle, wozu Gott auch sie ins Leben gerufen hat.

Das Sakrament der Firmung – und für zwei von ihnen zugleich das der Ersten Heiligen Kommunion – wird ihnen von Weihbischof Manfred Melzer am Sonntag, dem 14. November in einem feierlichen Gottesdienst, gemeinsam mit Jugendlichen der Domchöre und weiteren sechs Jugendlichen aus St. Maria im Kapitol und St. Maria Lyskirchen in der hohen Domkirche spenden (Beginn um 17.00 Uhr).

Dann stehen noch einmal Kirchenvorstandswahlen am 6./7. November an. Es werden die vorerst letzten der katholischen Pfarrei St. Pantaleon sein. Nach bisheriger Planung wird die Pfarrei und katholische Kirchengemeinde St. Pantaleon als eigenständige Rechtsperson am 31.12.2012 aufgehoben. Rechtsnachfolger wird dann ab dem 01.01.2013 die Großpfarrei St. Apostel, in die dann zugleich auch die bislang ebenfalls noch eigenständigen Pfarreien St. Peter, St. Georg, St. Maria im Kapitol und St. Maria Lyskirchen integriert werden. Die Großpfarrei St. Apostel wird sich dann vom Dom über den Neumarkt bis zum Rhein erstrecken und das Gebiet von ehemals 10 Pfarreien umfassen.

Für die kommenden, uns als eigenständige Kirchengemeinde noch verbleibenden zwei Jahre sind nun noch einmal vier Kandidaten für den Kirchenvorstand zu wählen. Es ist nicht leicht, Kandidaten für die Übernahme dieses Ehrenamt zu finden. Zudem ist es mir ein Anliegen, auch jüngere Kandidaten dafür zu gewinnen. Ich hoffe, dass meine Bemühungen am Ende Erfolg haben werden. – Alles Weitere ist den Aushängen über die anstehende Kirchenvorstandswahl zu entnehmen.

Darüber hinaus möchte ich empfehlend auf einige weitere Veranstaltungen in nächster Zeit hinweisen. Auch hierzu erfahren Sie Näheres über die jeweiligen Aushänge.

Am 20. Oktober findet der nächste Glaubenskurs mit unserem Subsidiar, Msgr. Dr. Cesar Martinez statt: „Der Mensch und seine Würde“.

Am 2. November lädt die Frauengemeinschaft zu einem Einkehrtag im Hochchor ein.

Am 10. November wird um 19.15 Uhr in unserem Pfarrsaal Studiendirektorin i.R. Margarete Kuckelberg über den „Umgang mit dem Tod im gesellschaftlichen Wandel“ sprechen. Am Beispiel von Todesanzeigen wird die Referentin die Vielfalt aufzeigen, in der Menschen sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit der Realität des Todes im engeren Familien- und Bekanntenkreis auseinandersetzen.

Am 21. November wird Msgr. Dr. Cesar Martinez, gestützt auf seine langjährige Erfahrung in der seelsorglichen Begleitung von Eheleuten und seiner Tätigkeit am kirchlichen Ehegericht, für junge und schon reifere Braut- bzw. Ehepaare erfrischende und realistische Perspektiven gemeinsamen Lebens in „Liebe und Ehe“ aufzeigen.

Ihr Pfr. Dr. Voker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 41 / 2010 - 28. Woche im Jahreskreis (C)

Jesus heilt 10 Aussätzige – James Tissot (1836 – 1902) Brooklyn-Museum

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Das Leben hat eine Außen- und ein Innenseite. Nicht wenige unterliegen der Gefahr, rein äußerlich zu bleiben.

Oberflächliche Menschen sind ohne Kultur. Sie sind mehr auf Äußeres, mehr auf den äußeren Schein bedacht – auf materielles Wohlergehen, auf „beauty“ und „wellness“, auf Erfolg, auf das „cool-sein“ und anderes dieser Art – dafür weniger auf das innere Sein, auf das, was den Menschen von Innen her um vieles reicher und größer sein lässt.

Wer ein Gespür für die die Vielschichtigkeit des Lebens hat, schaut durch die Oberfläche hindurch auf das Dahinter. Tiefgründige Menschen sind oft gläubige Menschen. Im "Dahinter" nehmen sie die Wirklichkeit und Gegenwart des lebendigen Gottes wahr.

So erzählt die Heilige Schrift in der 1. Lesung dieses Sonntags von einem Syrer mit Namen Naaman. Er ist unheilbar krank. Zugleich hat Naaman aber eine sehr genaue Vorstellung davon, wie seine Heilung erfolgen müsste. Aber das funktioniert nicht.

Schließlich wendet er sich an den Gottesmann Elischa. Statt der erwarteten religiösen Kulthandlungen und geheimnisvollen Beschwörungen verlangt Elischa von Naaman lediglich, sich siebenmal im Jordan zu waschen. Naaman reagiert darauf mit Wut und Zorn. Die Flüsse seiner Heimat wären doch viel besser. Da hätte er sich nicht nur die weite Reise sparen können.

Wut, Zorn und Auseinandersetzung mit der Krankheit gehören wesentlich zum Heilungsprozess dazu. Die Diener Naamans müssen ihre ganze Überredungskunst aufbringen, damit ihr Herr sich auf die Anweisung des Propheten schließlich einlässt …, und er wird sofort gesund.

Anschaulich legt die Heilige Schrift dar, dass großes Vertrauen, bis ins Mark erschütternde innere Auseinandersetzung und seelische Kraft notwendig sind, um Heil und Heilung aus der Hand zu geben und Gott das Wann und Wie zu überlassen. – Erst im Loslassen erfolgt der eigentliche innere Prozess der Heilung, der in der Bibel im siebenmaligen Waschen und Untertauchen versinnbildlicht wird.

Im Loslassen der fassbaren Oberfläche und im Glauben an das unglaublich Scheinende, was darunter liegt, öffnet sich der Mensch dem Überraschenden und Wunderbaren im Leben und schafft damit Raum für das Wirken Gottes.

Auch der Samariter im Evangelium dieses Sonntags erkennt sein neugeschenktes Leben als Einbruch Gottes in sein Dasein. Er ist der einzige von zehn geheilten Aussätzigen, der zu Jesus zurückkehrt und dafür dankt.

Wer sich vom äußeren Schein nicht blenden lässt, erkennt, dass das Leben ein Geschenk ist; ein Geschenk Gottes.

Die andren neun, die Jesus ebenfall von ihrem Aussatz heilte, bleiben an der Oberfläche. Sie können die ihnen zurückgegebene Gesundheit nicht bis zu jener letzten Konsequenz auch als inneres Heil erfahren, das sich in Dankbarkeit und im Weitererzählen der Großtaten Gottes äußert.

Echter Dank mündet immer in den Lobpreis Gottes ein. Im Hebräischen sind danken, loben, preisen ein Wortstamm, so sehr gehören diese Begriffe zusammen.

Möge es auch uns gelingen, unser Leben "von innen her" zu betrachten, zu erkennen, wie viel Heilung und Kraft uns von Gott zugesprochen und bereits verwirklicht sind. Möge es uns gelingen, Jesu Wort zu vertrauen, dass das Unheil in unserem Leben "unterwegs" zum Heil, zur Heilung gewendet wird. Mögen wir schließlich in Freude und Dankbarkeit dazu beitragen, dass auch anderen auf dem Weg das Heil zuteil werde.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 40 / 2010 - 27. Woche im Jahreskreis (C)

Van Gogh - Ernte in der Provénce

Liebe Mitchristen und Freunde aus St. Pantaleon!

Wenn wir an diesem Sonntag Erntedank feiern, dann steht neben dem Herrn, dem wir so vieles verdanken und der deshalb auch als der eigentlicher und letzter Urheber immer eine ganz zentrale Bedeutung in unserem Leben haben sollte, eine Grundhaltung des Menschen ganz besonders im Mittelpunkt, die überaus segensreich und beglückend für alle Beteiligten ist: Die Dankbarkeit.

Es macht Sinn und ist für uns ganz wichtig, nicht zu vergessen, dass wir als einer der 20 % Wohlstandmenschen unserer Erde 80 % der weltweit erzeugten Energie und geförderten Rohstoffen für unseren Lebensalltag und unser irdisches Wohlergehen in Anspruch nehmen; folglich 80 % der Menschen dieser Welt mit den restlichen 20 % weltweit erzeugter Energie und geförderter Rohstoffe auskommen müssen.

Da spricht man nun viel über Gerechtigkeit und reagiert ganz sensibel über die kleinste Benachteiligung, nimmt den üppigen Lebensstil aber wie selbstverständlich hin, ohne weiter darüber nachzudenken.

Nie werde ich vergessen, wie ich vor einigen Jahren fünf Geschwisterkindern im Alter zwischen 7 und 14 Jahren mit einer kleinen, der letzten mir verbliebenen 0,3 l Limonadenflasche in einer der vielen abgelegenen Ortschaften in den Anden Perus eine riesige Freude bereiten konnte. 10 Minuten lang tanzten diese Kinder vor Freude über dieses Geschenk, wobei die noch geschlossene Flasche – es war zudem nicht einmal eine Fanta oder eine Cola, sondern ein ganz billiges Produkt – von Hand zu Hand gereicht wurde. Dann wurde sie feierlich geöffnet, und jedes der fünf Geschwister konnte einen kleinen Schluck dieser kostbaren Flüssigkeit genießen.

Dieses Erlebnis hat mich sehr nachdenklich gemacht, weil ich neben der großen Armut in diesem Land selten so lebensfrohe und auch hilfsbereite Menschen wie dort erlebt habe.

Wenn jemand „Danke“ sagt, dann passiert da eine ganze Menge. Danken ist eine Kommunikation besonderer Art, die reiche Früchte trägt.

Der Beschenkte nimmt im Danken wahr, dass er geliebt und geschätzt wird. Als Dankender hält der Beschenkte inne. So gewinnt er Zeit, die ihm beim Danken geschenkt wird, über das Geschenkte nachzudenken, darüber zu stauen und sich zu freuen. Er unterliegt nicht mehr der Versuchung, weil er durch das Danken davon befreit wird und die ihm nur die Freude nehmen würde, unreflektiert, instinkthaft und triebgesteuert die Hände nur für noch mehr, nur für noch Größeres und Besseres auszustrecken.

Das Danken öffnet auch das Herz des Gebers. Er wird in Zukunft gerne wieder und erneut schenken; denn: Im Danken wird das Angekommensein des Geschenkes sowohl verbalisiert wie auch realisiert. Das ist gewöhnlich noch weit über den materiellen Geschenkwert von Bedeutung. Wo ein Geschenk im tieferen Sinn ankommt, das wächst Gemeinschaft; da entsteht ein Austausch, wie er für das Leben unverzichtbar ist; denn es ist und bleibt angewiesen auf gegenseitiges Geben und Nehmen.

Der Heilige Josefmaria Escrivá hat einmal gesagt (Der Weg, Nr. 894): »Hast du auf die Dankbarkeit von Kindern geachtet? – Ahme sie nach und sage wie sie zu Jesus für Angenehmes und Unangenehmes: "Wie gut Du bist. Wie gut!...". – Dieser Satz ist, tief empfunden, Weg der Kindschaft, der einen Frieden in sich birgt, messbar und wägbar in Lachen und Weinen, unmessbar und unwägbar in der Liebe.«

Achten wir anlässlich des Erntedankes doch einmal ganz besonders darauf, ob ich ausreichend und auch von Herzen „Danke“ sage.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 39 / 2010 - 26. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Die im Vorfeld als ausgesprochen schwierig eingestufte Reise des Papstes nach England offenbart sich im Rückblick als höchst einfühlsame und Mut machende Begegnung mit zahlreichen Persönlichkeiten und Institutionen. Auf diesem Weg hat der Papst weit über die Grenzen Englands hinaus Perspektiven für die großen nationalen und internationalen Problemfelder aufgezeigt, die zu Herzen gingen. Es folgt ein gekürzter Bericht von Michaela Koller im Nachrichtendienst www.zenit.org vom 20. September 2010:

Der Ton schlug von einem Tag auf den anderen um: Nachdem Papst Benedikt XVI. am Donnerstag in Edinburgh gelandet war, wich der Ton der Feindseligkeit auf den Titelseiten der Gazetten in den Straßen dem Jubel der Massen. „Eure Heiligkeit, während dieses wahrlich historischen ersten Staatsbesuchs in Großbritannien haben Sie zu einer Nation von sechs Millionen Katholiken gesprochen, Sie wurden aber von einer Nation von mehr als 60 Millionen Bürgern und so vielen Millionen mehr rund um die Welt gehört", sagte der britische Premierminister David Cameron kurz vor Rückflug des Papstes. In der Tat: Benedikt XVI. zog vier Tage lang eine ganze Nation in den Bann und sandte Botschaften an ganz Europa sowie den Westen insgesamt aus.

Der Schlüssel zum Verständnis seines für viele Beobachter überraschenden Erfolgs liefert die faszinierende Debatte, die in den dreißiger Jahren zwischen Oswald Spengler und Arnold Toynbee stattgefunden und die der Papst aufgegriffen hat. … In dieser Debatte ging es um die Zukunft der westlichen Zivilisation. Spengler sagte damals, der Westen würde wie jede andere Zivilisation seinen Aufstieg erleben, seine Höhe erreichen und dann wieder versinken. Toynbee hingegen sagte „Nein" und erklärte, dass der Westen wegen der Christenheit anders sei: „Der Westen hat das Christentum und das Christentum bewirkt seine Erneuerung, ist die ständige Quelle dieser Erneuerung." Der Papst hat sich auf die Seite Toynbees geschlagen.

… Nachrichten aus Großbritannien über problematische Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung während der vergangenen Jahre, unter denen Christen im Arbeitsleben leiden oder die christliche Initiativen zerstörten, nahmen dem Papst nie die Hoffnung. Eine Krankenschwester sollte gezwungen werden, das Kreuz an ihrer Halskette abzulegen, ein Beziehungsberater dazu gebracht werden, homosexuelle Verbindungen zu retten, Adoptionsagenturen sollten entgegen ihrer christlichen Ausrichtung schwulen und lesbischen Paaren Kinder anvertrauen.

Trotz dieser Meldungen … hofft der Papst … unbeirrt weiter, die Briten mögen sich allmählich auf ihre christlichen Wurzeln zurückbesinnen. Und genau daraus erklärt sich die hohe Zustimmung, die in diesen Tagen lautstark entlang seiner Wegstrecke zu vernehmen war. …

Seine Sicht der Verhältnisse in Großbritannien stellte Benedikt XVI. gleich nach Ankunft im Holyroodhouse klar … In der königlichen Residenz in Schottland sagte der Staatsgast, dass bereits der Name Holyroodhouse auf die tiefen christlichen Wurzeln verweise, die immer noch in jeder Schicht des britischen Lebens vorhanden seien. Monarchen Englands und Schottlands seien seit frühester Zeit Christen gewesen, und viele von ihnen hätten ihre Pflichten bewusst im Geiste des Evangeliums ausgeübt. Die christliche Botschaft sei mehr als tausend Jahre wesentlicher Bestandteil von Sprache, Denken und Kultur der Britischen Inseln geworden. "Die Achtung Ihrer Vorfahren für Wahrheit und Gerechtigkeit, für Barmherzigkeit und Nächstenliebe erben Sie von einem Glauben, der eine starke Kraft zum Guten in Ihrem Königreich zum Nutzen für Christen ebenso wie für Nichtchristen bleiben wird", sagte der Papst wörtlich.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 38 / 2010 - 25. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im katholischen Nachrichtendienst kath.net finde ich eine gelungene „Analyse“ zum 1. Tag des Papstbesuchs in England von Armin Schwibach, die ich in gekürzter Fassung gerne Ihrer Lektüre empfehle (http://www.kath.net/detail.php?id=28149). Schwibach schreibt dort:

„Auch wenn es fast respektlos klingen mag, so kann man bereits zum Abschluss des ersten Tages der Apostolischen Reise Benedikts XVI. in das Vereinigte Königreich sagen: Er hat es wieder einmal geschafft. Trotz aller Polemiken, trotz aller Pressekampagnen der letzten Tage und Wochen, trotz aller objektiven Mängel, die hinsichtlich der Vorbereitung des Besuches beklagt wurden, ist das, was bleibt, das Bild eines Vaters, der gekommen ist, um eine Kirche in einem schwierigen Land mit nicht unerheblichen inneren Problemen zu stärken.

Ganz sanft und fast nebenbei verwies der Papst auch die Medien und im besonderen die britischen Medien auf die große Verantwortung, die sie im internationalen Spektrum einnehmen. In seiner Ansprache während des offiziellen Willkommensempfangs würdigte Benedikt XVI. vor Königin Elisabeth II. die politische und wirtschaftliche Schlüsselrolle, die das Vereinigte Königreich einnimmt.

„Ihre Regierung und Ihr Volk bringen Ideen ein, die nach wie vor weit über die britischen Inseln hinaus Wirkung zeigen“, so der Papst, der es nicht versäumte, auf die sich daraus ergebende Verpflichtungen hinzuweisen, klug für das Gemeinwohl zu arbeiten. Eine Verpflichtung, die besonders die britischen Medien betrifft, „deren Meinungen ein so breites Publikum erreichen“. Daher obliege ihnen eine schwerwiegendere Verantwortung, als dies bei den meisten anderen Medien der Fall sei. Gleichzeitig ergibt sich für Benedikt XVI. daraus „eine größere Gelegenheit, den Frieden der Nationen, die ganzheitliche Entwicklung der Völker und die Ausbreitung authentischer Menschenrechte zu fördern“. Ob dieser Aufruf in den Redaktionen wohl Gehör finden wird? Es bleibt zu hoffen.

Demut, Einfachheit, Milde und Entschlossenheit: mit diesen seinen Grundeigenschaften beeindruckte der Papst wohl gerade die Journalisten, denen er während des Fluges die Möglichkeit gegeben hatte, zu den Grundstrukturen seiner Reise Fragen zu stellen. Und natürlich konnte die Frage zum Skandal des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen durch Mitglieder des Klerus nicht fehlen.

Schaut man sich die Aufnahmen zum Interview an, die von verschiedenen Fernsehsendern ausgestrahlt wurden, kann es nicht unbeeindruckt lassen, dass Benedikt XVI. die Tränen in den Augen standen, als er sein „Programm“ der Erneuerung der Kirche erklärte, um künftig diese unsäglichen und verbrecherischen „Perversionen des priesterlichen Dienstes“ zu vermeiden.

Wie konnte es dazu kommen?, fragte sich der Papst. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Priester, der im Moment der Weihe, auf den er sich jahrelang vorbereitet hat, sein Ja zu Christus sagt, um zu seiner Stimme, zu seinem Mund und zu seiner Hand zu werden und so dabei hilft, dass die Wahrheit in der Welt sichtbar wird, zu einer derartigen Perversion gelangt?

Der Papst leidet – geistlich und physisch – an den Verbrechen, die aus der Untreue und Verkehrung kommen. Wie bereits in Malta, als er vor den Missbrauchsopfern, mit denen er zusammentreffen konnte, seine Tränen ob des ihnen zugefügten Bösen nicht zurückhalten konnte und wollte, so auch hier: Die große Trauer, die den Respekt vor den Opfern und die Sorge um sie als absolute Priorität erkennen lässt, macht den Papst zum Träger eines Leidens, das die ganze Kirche betrifft. Die ganze Kirche muss sich auf den Weg der Reue, der Erneuerung begeben. Die ganze Kirche muss angesichts der perversen Verkehrungen umkehren.

Die 17. Apostolische Reise Benedikts XVI. hat als Triumphzug begonnen: als Triumphzug der Demut, im Zeichen des sein Kreuz tragenden Gottessohnes, dessen Stellvertreter der Papst ist. Die Demut, die Kraft aus dem Glauben – allein diese lassen den Papst voranschreiten und die Christen im Glauben stärken.“

Den Bischöfen legte der Papst ganz besonders die Sorge um die Priester ans Herz, die isoliert leben: „Lebt in eurem brüderlichen Dienst an euren Priestern die Liebe, die von Christus ausgeht, in Vollkommenheit, indem ihr mit ihnen allen zusammenarbeitet, besonders mit denjenigen, die wenig Kontakt zu ihren Mitbrüdern haben".

Den „lieben jungen Katholiken Schottlands“, legte der Heilige Vater „dringend ans Herz, ein Leben zu führen, das des Herrn (vgl. Eph 4,1) und euer selbst würdig ist". Mit diesem Wort sind nach Benedikt XVI. die Standhaftigkeit angesichts vieler Versuchungen gemeint, die den Jungen Menschen „Tag um Tag vor Augen" stehen: „Drogen, Geld, Sex, Pornographie, Alkohol, von denen die Welt euch vorgaukelt, sie brächten Glück, doch diese Dinge sind zerstörerisch und zwiespältig. Nur eines ist dauerhaft: die Liebe, die Jesus Christus persönlich zu einem jeden von euch hat", bekräftigte der Papst.

„Sucht ihn, lernt ihn kennen und liebt ihn, dann wird er euch befreien von der Sklaverei gegenüber der verlockenden, aber oberflächlichen Existenz, für die die heutige Gesellschaft so häufig wirbt".

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 37 / 2010 - 24. Woche im Jahreskreis (C)

Rückkehr des verlorenen Sohnes – James Tissot (1836-1902)

Liebe Mitchristen und Freunde von St.Pantaleon!

Jesus setzt sich mit Zöllnern und Sündern an einen gemeinsamen Tisch und isst mit ihnen. Für die Pharisäer und Schriftgelehrten ist das ein Skandal. Als ob dadurch die Sünde und das Böse gut geredet und verharmlost würden. Als Antwort darauf erzählt Jesus ihnen drei Gleichnisse: das vom verlorenen und wieder gefundenen Schaf; das von der verlorenen und wieder gefundenen Drachme; und das große Gleichnis vom verlorenen Sohn.

Diese drei Gleichnisse bilden das Herzstück des Lukasevangeliums. In allen drei Erzählungen steht Verlorengehen, Finden, Freude über das Wiederfinden und die Aufforderung zur Mitfreude im Zentrum. Das alles verdichtet der Herr schließlich in die Aussage: »Im Himmel, … auch bei den Engeln Gottes … herrscht mehr Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.« (vgl. Lukasevangelium, Kapitel 15, Verse 7 und 10)

Wer unter den Menschen ist kein Sünder? Zugleich aber: Wer unter den Sündern kehrt um? – Beobachten wir nicht vielmehr, dass die Sünde oft verharmlost und gerechtfertigt, ja sogar verherrlicht und sogar als „Menschenrecht“ proklamiert wird; etwa in der vermeintlichen Rechtfertigung von Ehebruch und Abtreibung?

Die Freude im Himmel »über einen einzigen Sünder, der umkehrt« lehnt zum einen Selbstrechtfertigung und Selbstgerechtigkeit ab. Sie sensibilisiert zum anderen für einen unendlich guten und großen Gott, der sich über etwas so „Kleines“ – über jeden, der umkehrt –, freuen kann.

Weit über das Maß menschlicher Vorstellung hinaus liebt Gott den Menschen und bleibt ihm treu. Er begleitet sein Volk voll Gnade und Barmherzigkeit. Deshalb verbietet das erste der zehn Gebote, sich einen Gott nach eigenen Vorstellungen zu schaffen: Gott ist nicht der alte Mann mit Bart in einer Himmelsecke, der nicht mehr so genau mitbekommt, was wir Mensche hier auf Erden treiben.

Verbreitete Vorstellungen, ähnlich wie diese, machen Gott zu einem verzichtbaren Spielball, den der Mensch manipulieren und dem er Vorschriften machen kann. – So ist Gott gerade nicht. Er ist und bleibt jener, der allein sein Volk retten kann, der ihm treu bleibt und stets die Möglichkeit eines Neuanfanges gewährt, auch wenn sich der Mensch noch so oft verläuft.

Diese Kernaussage der biblischen Botschaft führt Jesus in eine neue, leibhaftige und ungeahnte Dimension. Er pflegt Umgang und Tischgemeinschaft mit Menschen, die sich selber aufgrund ihrer Lebensweise aus dem heiligen Volk Israel entfernt haben. Während die althergebrachten Vorstellungen noch die Umkehr der Sünder zu einer gottgefälligen Lebensweise als Voraussetzung für die Vergebung Gottes für unerlässlich hielten, verkündet und lebt Jesus hingegen eine atemberaubende, teilweise für Empörung sorgende Haltung: Die Umkehr der Sünder ist nicht Voraussetzung dafür, dass Gott ihnen ihre Schuld vergibt; sondern Gott schafft die Voraussetzung dafür, dass der Sünder sich bekehrt.

Das „Wiederfinden“ in den neutestamentlichen Gleichnissen bedeutet, dass Gott von sich aus die durch die Sünde zerbrochene und gestörte Gemeinschaft wiederherstellt. Gott sucht den Menschen und geht ihm nach, auch in der größten Ferne und Einsamkeit, in die wir uns durch unsere Haltung und Lebensentscheidungen hinein manövriert haben. Ohne Vorleistung tilgt Gott von sich aus die Schuld des Menschen. Wie dieser dann mit Gottes Angebot umgeht, bleibt dann allerdings seiner freien Entscheidung überlassen.

Es lohnt sich, diese Erzählungen zum Mittelpunkt unseres Gebets zu machen und dabei der eigenen Lebenserfahrungen nachzuspüren: Kenne ich derartige Erfahrungen auch in meinem Leben? Erinnere ich mich, dass sich jemand unbändig freute, mich wiedergefunden zu haben? – Die Freude Gottes stellt die des Menschen weit in den Schatten!

Und umgekehrt: Kann ich handeln ohne zu kalkulieren, ohne Verlust- und Gewinnabschätzung? Wo ist es mir gelungen, jemandem ohne Vorwürfe „nachzugehen“, ihn „wiederzufinden“ und ihn erneut in die Gemeinschaft mit mir „aufzunehmen“? Manchmal haben wir solche Erfahrungen: weil Gott uns an seinem Wesen teilhaben lässt.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 36 / 2010 - 23. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Auf dem Mosaik-Bild ist im Detail Kaiser Léon VI. (886-912) dargestellt, der von Christus, dem Pantokrator (Allherrscher, Weltenherrscher), mit der Gabe der Weisheit bedacht wird. Das Original gehört zu den Mosaiken in der „Hagia Sophia“ im damaligen Byzanz bzw. Konstantinopel, dem heutigen Istanbul.

Der weltliche Herrscher vollzieht mit all seiner Pracht vor dem Allherrscher den Fußfall und drückt damit aus, dass seine kaiserliche Fülle gegenüber der göttlichen wie Armut ist. Diese Haltung stimmt überein mit den Weisungen, die uns die erste Lesung des Sonntags (Weisheit 9,13-14; 16) mit auf den Weg gibt: „Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will? Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken … Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was doch auf der Hand liegt; wer kann dann ergründen, was im Himmel ist?“

Auch der Klügste unter den irdischen Menschen findet aus eigener Kraft nicht den Schlüssel zum Leben. Das ist bislang noch nie jemandem gelungen. Keiner hat ein Patentrezept vorlegen können, das den Weg zum Glück garantiert. Auch der zeitgenössische Versuch, wegen dieses Unvermögens nur noch das eigene Glück zu erstreben und damit zu experimentieren, hat sich als hinfällig erwiesen.

Das biblische Buch der Weisheit nennt den Grund, indem es auf den Weltenherrscher, den Pantokrator, den Allherrscher verweist. Er hat diese Welt gut geschaffen, und er will auch das Gute, das er seiner Schöpfung eingeschrieben hat (vgl. Buch Genesis). Es ist jedoch ein Gut, das den Menschen übersteigt; das größer ist als der Mensch selber. Der Heilige Paulus erklärt das unübertroffen im ersten Brief an die Korinther (2,9,): »Wir verkündigen, … was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.«

Immer haben die bedeutenden Denker mit mehr oder weniger Faszination um das Große gewusst, das dem Menschen in die Wiege gelegt ist. Aber wirklich erschließen konnten sie es nicht.

Zu dem wirklich Großen kann und wird der Mensch auch nur gelangen, wenn er es sich schenken lässt. Weisheit erwirbt man nicht durch Studium, das im besten Fall nur Vielwisserei vermittelt, sondern nur durch das uneingeschränkte Offensein für das Höhere, das Gott für den Menschen vorgesehen hat.

Diese uneingeschränkte Offenheit spricht Jesus im Lukasevangelium an, dass an diesem Sonntag auf die Lesung folgend vorgetragen wird (Lk 14,26): »Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.«

Die deutsche Übersetzung schwächt durch die Übersetzung des griechischen μισέω (= hassen) mit »gering achten« den Originaltext ab. Das ist nicht ganz falsch. Tatsächlich ist das »gering achten« beziehungsweise »hassen« des eigenen Lebens usw. als Ausdruck der kategorischen Entschiedenheit zu verstehen, mit der alles andere Gott und seiner Weisheit als das wirklich Entscheidende und Orientierung Gebende unterzuordnen ist.

Jeder Mensch steht vor dieser Wahl, im Raum der eigenen Möglichkeiten zu verbleiben, oder sich durch Glaube den Möglichkeiten Gottes zu vertrauen. Die zweite Option, der Glaube, muss aktiv erstrebt werden, was der Herr mit dem Nachfolgesatz ausdrückt, der dann noch anderes mit einschließt (Lk 14,27): »Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.«

Durch Passivität wählt man automatisch die erste Option. Ihnen möchte ich das jedoch nicht wünschen; denn Sie sind zu Größerem bestimmt.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 35 / 2010 - 22. Woche im Jahreskreis (C)

Einladung zum Gastmahl von Eugène Burnand (1850-1921)

Liebe Mitchristenund Freunde von St. Pantaleon!

Dieser Sonntag beschenkt uns im Tagesevangelium mit einer „Belehrung“ Jesu, die deutlich über das hinausgeht, was in einem Ratgeber über gutes Benehmen zu finden ist. Dazu muss man aber genau hinschauen.

Ein führender Pharisäer hatte zum Essen eingeladen. Auch Jesus, der die Einladung annahm und kam. Der Evangelist Lukas, der dies erzählt, bemerkt eigens, dass „man ihn genau beobachtete“ (Lukas 14,1). Es ging wohl unter den geladenen Gästen damals nicht viel anders zu wie heute: Nach eingehender Beobachtung hat man schließlich reichlich Gesprächsstoff, um sich über die anderen auszulassen.

Aber auch Jesus beobachtet genau und stellt fest, dass viele Gäste für sich die Ehrenplätze in Anspruch nahmen. Auch das ist heute meist nicht anders.

Im Unterschied zum sonst Üblichen spricht Jesus, der Herr, dies jedoch ganz offen vor allen Geladenen in Form einer Belehrung aus und erklärt: „Ein anderer könnte eingeladen sein, der vornehmer ist.“ Wenn dann der Gastgeber einschreiten und bitten müsste, dem Vornehmeren Platz zu machen, wäre das für den weniger Vornehmen beschämend. Er müsste den dann noch freien „untersten Platz einnehmen.“

Deshalb, so der Rat des Herrn: „Setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen“ (Lukas 14,10).

Was Jesus meint, geht weit über das wörtlich Gesagte hinaus. Mit der strikten, nur einfachen und direkten Umsetzung dieses Ratschlages ist es bei weitem nicht getan. Das bringt der Philosoph Friedrich Nietzsche spöttelnd auf den Punkt, indem er scharfsinnig bemerkt: „Wer sich selbst erniedrigt, will erhöht werden!“

Genau das meint Jesus eben nicht. Deshalb wechselt er vom anschaulich Konkreten ins grundsätzlich Allgemeine: „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden“ (Lukas 14,11).

Die von Jesus gemeinte Erniedrigung oder Erhöhung wird gegeben. Sie kann nicht beabsichtigt oder angestrebt werden, weil sie über das dem Menschen mögliche weit hinausgeht. Als Erhöhung wird sie einem über das hinaus geschenkt, was man aus eigener Kraft vermag. Und als Erniedrigung wird sie einen schmachvoll weit unter dem widerfahren, was man im Leben darstellt und geleistet hat.

Was hier im Irdischen genau in dieser Weise letztlich als Peinlichkeit oder eben als echte Wertschätzung erfahrbar ist, ist vom Glauben her nur eine schwache Spiegelung der Wirklichkeit von Himmel und Hölle, die zudem ewig ist.

Mit einer auf der ersten folgenden zweiten Belehrung lässt sich die hintergründige Aussageabsicht Jesu weiter verdeutlichen. Jesus empfiehlt nämlich in einem zweiten Schritt dem Gastgeber, nicht wie bisher Freunde, Brüder, Verwandte oder reiche Nachbarn einzuladen, die alle vermeintliche Großzügigkeit durch eine Gegeneinladung wieder begleichen werden, sondern „Arme, Krüppel, Lahme und Blinde“.

Erst dann, so erklärt der Herr abschließend, „wirst du selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.“ (Lukas 14,12-14).

Damit legt uns der Herr ans Herz, wahrhaft menschlich zu sein. Dazu gehört, nicht für sich sondern für den anderen das Beste zu wollen. Dazu gehören Charaktereigenschaften wie Dienstbereitschaft und Demut. – Hier wird die wahre Größe des Menschen sichtbar, wie sie hier auf Erden wächst und im Himmel für immer bleiben wird.

Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 34 / 2010 - 21. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Auf dem Weg nach Jerusalem wird der Herr von einem aus der Menge gefragt (Lk 13,23): »Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?« Anders als in vergangenen Zeiten scheint in unseren Tagen eine solche Frage erst einmal völlig uninteressant und ohne Bedeutung. Wo aber durch die Realität des Lebens gereift der vordergründige Blick aus der Verengung auf heute und morgen, auf gesund und satt, auf feiern, auf Spaß und Erfolg haben heraustritt, stellt sich diese uralte Frage auch heute mit ungebrochene Aktualität: »Sind es nur wenige, die gerettet werden?«

Es gibt zurzeit annähernd 2,6 Milliarden Christen. Aber die Welt ist auch dort, wo sie größeren Einfluss haben, nicht frei von Hass, Angst und Gewalt: Angst vor dem Leben, vor der Zukunft, vor den Menschen. Ändern wird sich das nur, wo jemand entschieden den Tellerrand seines irdischen und vergänglichen Lebens hinter sich lässt, weit darüber hinaus zu schauen und dem dann Erkannten zu folgen beginnt.

So antwortete Herr auf die ihm gestellte Frage (ibid. 13,24): »Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.« Hinter der engen Tür liegt das versprochene Glück, das schon im irdischen Leben beginnt, wenn auch noch unter fortdauernder Anstrengung (vgl. Mk 10,30), von der es erst im jenseitigen Leben endgültig befreit werden kann.

Auf das auch an anderen Stellen von Jesus gebrauchte Wort von der engen Tür und der notwendigen Anstrengung, folgt das Wort von der verschlossenen Tür (ibid. 25): »Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt, dann steht ihr draußen, klopft an die Tür und ruft: Herr, mach uns auf! Er aber wird euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid.« - All das hören wir im Evangelium von diesem Sonntag.

In der Geschichte Gottes mit jedem Menschen und auch mit den Völkern gibt es also einen entscheidenden Augenblick: »Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt ...«

Darüber hinaus ist entscheidend, dass die enge Tür nicht allein durch kulturelle Vertrautheit mit dem Christentum oder der Heiligen Schrift durchschritten werden kann. Denen, die von daher mit vermeintlichem Anrecht auf Einlass an die verschlossene Tür klopfen (ibid. 26f): »Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken, und du hast auf unseren Straßen gelehrt«, wird geantwortet: »Ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle unrecht getan.«

Diese werden dann (ibid. 28) »mit den Zähnen knirschen«, und müssen feststellen, »dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes, sie selbst aber ausgeschlossen sind.« Sogar »von Osten und Westen und von Norden und Süden« werden viele andere »kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen.« Ganz in diesem Sinne beendet der Herr seine Antwort dann mit dem bekannten Satz: »Dann werden manche von den Letzten die Ersten sein und manche von den Ersten die Letzten.«

Entscheidend ist folglich, ob und wie man sich »mit allen Kräften bemüht«. Nur dann kommt man durch die enge Tür zu dem Glück, das Gott jedem schenken möchte.

Hier gäbe es dann noch manches zu sagen. Ich möchte es exemplarisch mit zwei Aphorismen des Heiligen Josefmaria Escrivá tun, der in dem kleinen Buch »Spur des Sämanns« (Nr. 137f) schrieb: »Führe keinen Dialog mit der Versuchung. Lass es mich wiederholen: Hab den Mut zu fliehen! Und besitze ebenso die Stärke, keine Experimente mit deiner eigenen Schwachheit anzustellen - spiele nie mit dem Gedanken, wie weit du gehen könntest... Mach rechtzeitig Schluss - und zwar ganz! … Wenn dir klar ist - und du kennst dich ja gut genug -, dass du auf diesem Weg - mit dieser Lektüre, mit dieser Freundschaft... - in einen Abgrund geraten kannst... Warum versteifst du dich dann darauf, es sei vielleicht von Vorteil für deine Bildung, für die Entwicklung deiner Persönlichkeit? Ändere den Kurs - radikal! Mag das auch mehr Mühe kosten und weniger Zerstreuungen bieten. Es ist höchste Zeit, dass du dich wie ein erwachsener Mensch benimmst.«

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 33 / 2010 - 20. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Dieser Sonntag, der 15. August, ist zugleich das Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel. Das Fest ist weiterhin mehr unter dem älteren, theologisch aber ungenaueren Namen Mariä Himmelfahrt bekannt

Am 1. November 1950 hat Pius XII. die im urchristlichen Glauben vorhandene Überzeugung, dass Maria mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde, als Glaubenssatz verkündet und endgültig bestätigt. In der antiken Ostkirche führte diese Glaubensüberzeugung schon bald nach dem Konzil von Ephesus (431) zur Feier dieses Glaubens. Unter Kaiser Mauritius (582-602) wurde diese Glaubensfeier zugleich staatlicher Feier- und Gedenktag und auf den 15. August festgelegt. Darauf geht die bis heute geltende Datierung zurück. In der römischen Kirche wurde das Fest etwas später, seit dem 7. Jahrhundert gefeiert.

Die dogmatische Erklärung von Papst Pius XII. gipfelt in der Aussage: „Wir verkünden, erklären und definieren es als ein von Gott geoffenbartes Dogma, dass die unbefleckte, allzeit jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde.“

Passend zum Fest umreißt die erste Lesung aus Offb 12 in wenigen Sätzen ein gewaltiges Geschehen. »Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet, und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar: Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen.« (Offb. 11,19a.12, 1-2)

Mit der Frau, die am Himmel als das große Zeichen erscheint, ist Maria, die Mutter des Messiaskindes gemeint. Sie verkörpert zugleich das Gottesvolk, insofern die zwölf Sterne über ihrem Haupt an die zwölf Stämme Israels erinnern. Damit eng verbunden beziehen sich die Geburtswehen nicht auf die leibliche Jungfrauengeburt ihres Messiaskindes. So wie Jesus von Maria außerhalb weltlicher Rahmenbedingungen, nämlich jungfräulich geboren wurde, so geht die Theologie von alters her auch von einer von Geburtswehen freien Geburt des Messias aus.

Mit den in der geheimen Offenbarung genannten Geburtswehen sind die Leiden des Gottesvolkes gemeint. Von diesen Leiden spricht auch der Heilige Paulus im Römerbrief (8,22): »Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt.«

Neben Maria, die uns den Messias geschenkt hat und damit dem Geheimnis der Erlösung ganz nahe steht, spricht die geheime Offenbarung von einem anderen großen und gewaltigen, aber unheilvollem Zeichen (12, 3-4): »Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war.«

Über die himmlische Frau jedoch wird dann ganz einfach und schlicht gesagt: »Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mit eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte.«

Der Unheil bringende Drache vermochte ihr nichts anzuhaben. Auch konnte er die Erlösung bringende Geburt und das aus ihr erwachsende und sich ausbreitende Heil nicht vereiteln. So endet die Lesung mit der Feststellung (Offb. 12,10): »Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten.«

Maria wurde also »mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen« auch damit wir, die wir noch nicht frei sind vom Leiden in dieser irdischen Zeit der Bewährung, getröstet, bestärkt und hoffnungsfroh ermutigt werden.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 32 / 2010 - 19. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der Monat August ist der Monat einer Reihe bekannter kirchlicher Fest- und Feiertage. Von den Bedeutenderen sind zu nennen der 6. August, das Fest der Verklärung des Herrn, und der 15. August, das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel.

Das erste dieser beiden Feste, die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor,  wurde in der Ostkirche schon im 6. Jahrhundert gefeiert. In der lateinischen Kirche wurde dieses Fest erst im Jahre 1457 von Papst Kallistus II fest vorgeschrieben, und zwar zum Dank für einen wichtigen Sieg über die muslimischen Türken bei Belgrad. Für die weitere Entwicklung Europas und seine Zukunft ist dieser militärische Sieg nicht unbedeutend gewesen.

Ein solcher historischer Kontext für ein kirchliches Fest ist uns heute fremd geworden. Verständlicher und nachvollziehbar wird er jedoch durch die Tatsache, dass es dem damaligen Papst gar nicht um die militärische Dimension dieses Sieges ging, sondern um die geistliche und geistige Verfassung des Menschen: Dieser Sieg über die muslimische Militärinvasion hat, wie andere Siege dieser Art, die dem christlichen Europa eigene und spezifische Freiheits- und Wertevorstellungen bewahrt.

Es sind Vorstellungen und Grundhaltungen, die dem Menschen ohne jeden Zweifel dann besser entsprechen, wenn der Mensch davon, mit Gottes Hilfe, einen guten Gebrauch macht. Das der gute Gebrauch Jahrhunderte später, im derzeitigen schon fast nachchristlichen Europa ganz offensichtlich nicht mehr der Fall ist, steht auf einem anderen Blatt.

Hier lässt sich dann auch ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Fest der Verklärung und dem äußeren Grund des militärischen Sieges mit dem daraus folgenden Überleben und Fortbestehen der christlichen Größe und Freiheit des Menschen erkennen. Die christlichen Größe und Freiheit des Menschen sind in ihrer ganzen Dimension nur vom gelebten Glauben an einen Gott her möglich, der aus Liebe zum Menschen ganz aus freien Stücken den Weg einer Erlösung durch den Tod am Kreuz geht.

Erst dieser freiwillige Schritt in die äußerste Erniedrigung legt die Größe der dem Menschen möglichen Freiheit offen. Somit führt erst dieser Schritt zur endgültigen Freiheit und Befreiung des Menschen. Es ist ein Schritt, der deutlich über die Menschwerdung Gottes hinaus geht. Wenn schon Gottes Menschwerdung im muslimischen Umfeld eine nicht denkbare Vorstellung ist, dann ist für Denker mit muslimischem Hintergrund noch weniger eine Erlösung des Menschen zur Freiheit durch eine Liebe nachvollzieh- und denkbar, die bis in den Tod am Kreuz hinabsteigt.

Das Christentum hat von diesem Hinabsteigen Gottes in die tiefste Erniedrigung des Menschseins aus die Werte und Freiheitsvorstellungen des Menschen ableiten können, wie sie für die christliche Hemisphäre, nicht aber für die muslimische, prägend und spezifisch sind, bzw. waren, sofern sie in der Gegenwart global überlagert werden von einem falschen Gebrauch, wie er für die Modernen und Postmoderne typisch ist.

Um die Jünger auf den Kreuzestod und seine Folgen, das heißt auf den wieder gewonnen Glanz und die wiederhergestellte Größe des Menschen, vorzubereiten, lässt er einige der Apostel die Herrlichkeit des Menschensohnes in der göttlichen Verklärung auf dem Berg Tabor schauen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 31 / 2010 - 18. Woche im Jahreskreis (C)

Erste Seite des Buches Kohelet aus dem „Codex Sinaiticus“, einer Bibelabschrift aus dem 4. nachchristlichen Jahrhundert

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

»Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch.« So steht es im Buch Kohelet (1, 2). Ein Satz, der mit zu den bekanntesten der Bibel gehört. Er verwundert, seiner Unmittelbarkeit wegen, ist aber auf Anhieb eingängig und verständlich.

Jeder weiß um die Augenblicke, in denen einem das Leben zur Frage wird: ‚Was ist der Mensch? Wozu lebt er? Was nützen ihm Reichtum und Wissen, wenn der Tod doch alles auslöscht?’

Der biblische Verfasser des Buches Kohelet stellt sich und seinen Lesern unbequeme, aber zugleich auch spannende Fragen, auf die er bei den Philosophen und Theologen seiner Zeit  keine Antwort bekommt: »Es kommt vor,« stellt er fest, »dass ein Mensch, dessen Besitz durch Wissen, Können und Erfolg erworben wurde, ihn einem andern, der sich nicht dafür angestrengt hat, als dessen Anteil überlassen muss. Auch das ist Windhauch und etwas Schlimmes, das häufig vorkommt.« (ibid. 2,21)

Der Autor fragt kritisch: »Was erhält der Mensch dann durch seinen ganzen Besitz und durch das Gespinst seines Geistes, für die er sich unter der Sonne anstrengt?« und konstatiert: »Alle Tage besteht sein Geschäft nur aus Sorge und Ärger, und selbst in der Nacht kommt sein Geist nicht zur Ruhe. Auch das ist Windhauch.« (ibid. 2,22-23).

Im Evangelium vom Sonntag dieser Woche kehren diese Fragen wieder, freilich in einem ganz anderen Klima. Aller Reichtum verfällt, aber es gibt etwas Besseres, einen Reichtum „vor Gott“: nicht das, was der Mensch hat, sondern das, was Gott aus ihm gemacht hat.

Mahnend erhebt der Herr seine Stimme: »Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt.« (Lk 12,15).

Bei Lukas folgt das bekannte Gleichnis vom Landwirt, der unerwartet eine so große Ernte einfuhr, dass er seine alten Scheunen abreißen und deutlich größere errichten ließ in der Meinung, er habe nun bis an sein Lebensende ausgesorgt: »Ruh dich aus, iss und trink, und freu dich des Lebens!« (ibid., 19)

Darauf sagt Gott zu ihm: »Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?« (ibid., 20), und Jesus, der Herr, verallgemeinert: »So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.« (ibid., 21)

Ist es nicht längst und allen schon immer bekannt, dass Vermögen und Erfolg die Gefahr mit sich bringen, dass der Mensch hart wird gegen andere Menschen und stumpf gegenüber dem eigentlichen Anspruch seiner Person? Die Folgen sind Überdruss und innere Leere ohne Perspektive. Ein solcher Mensch ist zur Ablenkung von einer schwindelerregenden und nicht zu bewältigenden Hoffnungslosigkeit verdammt durch äußerliche Geschäftigkeit und hohlem Getue. Für den Menschen gibt es nur den einen „Ausweg“ aus diesem seinem Elend: Gott anerkennen und an seine Liebe glauben.

Ohne die Anerkennung Gottes und einem gelebten Glauben wird man praktischer „Atheist“. Man wird ein Mensch ohne Gott, ein gottloser Mensch, der nicht mehr fähig ist, die Wirklichkeit Gottes und seine Liebe zu begreifen. Als gottloser Mensch verfällt man gottlosem Tun und verfehlt den Sinn seines Lebens.

Die Ferienzeit schenkt Abstand vom Alltag und die Möglichkeit, über sein Verhältnis zu Gott nachzudenken, und mit sich selber in seinem Bemühen um eine lebendige Beziehung zu Gott wieder ins Reine zu kommen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 30 / 2010 - 17. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

In dem Maß, wie die Elektronik in unser Leben Einzug hält, sind sichere Passwörter immer wichtiger. Sie schützen das Bankkonto, wenn es von zuhause über Internet verwaltet wird, und erlauben den Zugriff nur dem, der das Passwort kennt. Ähnlich ist es bei Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten.

Das richtige Passwort verschafft Zugang und sichert vor Missbrauch. Passwörter sind deshalb gewöhnlich geheim zu halten. Sie sollten auch möglichst ausgefallen und vielfältig sein, damit Unbefugte sie nicht erraten können. So ist etwa das Geburtsdatum oder der Vorname als Passwort ein denkbar schlechtes Passwort.

Am kommenden Sonntag teilt der Herr uns ein ganz besonderes Passwort mit. Es ist vielleicht das wichtigste Passwort überhaupt, und gegen alle Passwortregeln denkbar einfach und weltbekannt. Es ist das Passwort, das uns Zugang zu Gott verschafft.

Lange Zeit war Gott dem Menschen verborgen. Bei aller Gottesnähe, die der Herr etwa dem alttestamentlichen Mose gewährte, hörte Mose nur die Stimme aus dem brennenden Dornbusch, die ihm auftrug: „Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab“ (Ex. 3,5)

Jesus Christus hat als die zweite der drei göttlichen Personen, als der menschgewordene  Sohn Gottes diese Schwelle überschreiten und uns als seine menschlichen Brüder und Schwestern in ein viel größere, eine schwindelerregende Nähe zu Gott mitnehmen können. Jesus Christus führt uns, nachdem er „die Reinigung von den Sünden bewirkt“ hat (Hebr. 1,3), vor das Angesicht des Vaters: „Seht, ich und die Kinder, die Gott mir geschenkt hat“ (Hebr. 2,13).

Das für diese Nähe notwendige Passwort lautet: „Vater“. – Wir sprechen es aus im Gebet, das der Herr uns gelehrt hat: Im Vaterunser. Das Sonntagsevangelium berichtete uns darüber.

In unseren liturgischen Gottesdienstfeiern wird die Gemeinde eingeladen, das Vaterunser mit kindlicher Kühnheit zu sprechen. Auch die östlichen Liturgien verwenden ähnliche Ausdrücke: „voll Vertrauen wagen“ und „mach uns würdig“.

Wo wir als Menschen in eine kindliche Nähe zu Gott treten können, werden uns nicht nur die Besonderheiten Gottes als liebender Vater, sondern auch die Besonderheiten des Menschen als Kind Gottes geoffenbart. Der Heilige Ambrosius (sacr. 5,19) sagt dazu:

„O Mensch, du wagtest nicht, das Antlitz zum Himmel zu erheben, du senktest den Blick zur Erde, und plötzlich hast du die Gnade Christi erhalten: alle deine Sünden wurden dir vergeben. Aus einem schlimmen Knecht bist du ein guter Sohn geworden ... Erhebe also deinen Blick zum Vater, ... der dich durch seinen Sohn erlöst hat, und sage: ‚Vater unser‘ ... Berufe dich aber auf kein Vorrecht. Eigentlicher Vater ist er nur in Bezug auf Christus, während wir von ihm erschaffen sind. Sage also aus Gnade auch du: ‚Vater unser‘, um zu verdienen, sein Sohn zu sein.“

Wer Gott „Vater“ nennt, bekennt damit in einem Atemzug seine Bereitschaft, sich auch als würdiger Sohn, als würde Tochter zu erweisen. Ein anderer Kirchenvater, der Heilige Cyprian (Dom. orat. 11), bringt das so auf den Punkt: „Wenn wir Gott unsern Vater nennen, müssen wir uns auch als Söhne Gottes verhalten“.

Wer täglich das Vaterunser, das Gebet des Herrn, in dieser Haltung und Bereitschaft spricht, wird am eigenen Leibe erfahren, was der Heilige Augustinus (serm. Dom. 2,4,16) über dieses Gebet sagt: „Vater unser: Dieser Name weckt in uns beim Beten gleichzeitig Liebe, Zuneigung ... und auch die Hoffnung, zu erlangen, um was wir bitten ... Was kann er denn dem Gebet seiner Kinder verweigern, wenn er ihnen schon zuvor gestattet hat, seine Kinder zu sein?“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 29 / 2010 - 16. Woche im Jahreskreis (C)

Christus bei Marta und Maria (Lk 10, 38-42) – Jan Vermeer (1632 – 1675)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Die Sommerferien haben begonnen. Dazu passend hören wir am Sonntag, wie der Herr Marta von Betanien vor ihrer Schwester Maria zurechtweist und Maria lobt. Was war geschehen?

Marta war ganz davon in Anspruch genommen, Jesus und seine Jünger zu bewirten. Maria hingegen machte „Urlaub“: Sie hatte sich „dem Herrn zu Füßen gesetzt und hörte seinen Worten zu“ (Lukasevangelium, 10, 39). Marta war darüber verständlicherweise erbost und beklagte sich beim Herrn, dass ihre Schwester die ganze Arbeit ihr allein überlasse: „Sagt ihr doch, sie soll mir helfen!" (ebd., 40)

Marta muss sehr überrascht gewesen sein, als der Herr Ihrem Wunsch nicht entsprach. Statt Maria zu sagen: „Ab in die Küche, du hast mir lange genug zugehört“, tadelt er die fleißige Marta und lobt zu deren Erstaunen ihre scheinbar müßige Schwester Maria: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.“ (ebd., 41-42).

Die richtige Auslegung und das richtige Verständnis dieser Aussage Jesu ist spannend. Was genau meinte er mit dem »Einen Notwendigen«, das Maria als das »Bessere« gewählt hat?

Mit Blick auf das Ganze der Heiligen Schrift wäre es falsch, daraus einfach zu schließen: Da nach Jesu Aussage ihm zuzuhören als das Bessere notwendig ist, ist es weniger gut und nicht so notwendig, den Gast zu bewirten und dafür wie überhaupt zu arbeiten und sich ins Zeug zu legen. - Das könnte leicht wie ein Freibrief verstanden werden, sich immer mehr Urlaub und Auszeiten zu gönnen bei mehr oder weniger frommen Müßigsein.

Der an den Menschen gerichtete Schöpfungsauftrag lautet unmissverständlich, die Erde zu bebauen und sie zu behüten (vgl. Genesis, 1, 28-29) Das ist nicht weniger wichtig und nicht weniger gut als Jesus zuzuhören; das heißt richtig zu beten. Richtig beten bedeutet ja nicht nur bitten und betteln, sondern Gott zumindest genauso intensiv zuhören, sich seinen Eingebungen und Anregungen öffnen und darauf dann einlassen.

Damit sind wir am Kern des Problems und haben den richtigen „Verständnisschlüssel“ für dieses interessante Gespräch Jesu mit Marta aus Betanien über deren Schwester Maria.

Wer gut arbeitet weiß, dass die Arbeit einen ganz in Beschlag nehmen und dann einseitig auf falsche Wege führen kann. Intensive Arbeit kann dazu verleiten, müde und schlecht gelaunt oder auch erfolgsbesessen und eitel und manches mehr dieser Art zu werden.

Wer ein guter Arbeiter sein will, der muss auch ein guter Beter sein; wie auch umgekehrt. Das Beten ist insofern das einzig wirklich Notwendige und Bessere, weil jeder Arbeiter die Perspektive Gottes benötigt, um sich in und durch seine tägliche Arbeit nicht auf Abwegen zu verlieren.

Der guten Marta ist offenbar genau das widerfahren. Als Jesus mit seinen Jüngern bei ihr eintraf, hat sie völlig richtig reagiert: Die Ärmel hoch gekrempelt und aufgetragen, was die Speisekammer hergab. Aber dabei hat sie sich ereifert und ‚im Eifer des Gefechts’ ihrer Schwester Maria unrecht getan, die „das bessere gewählt hat, das ihr nicht genommen werden soll.“

Lassen wir uns von niemandem, auch nicht von uns selbst, die Zeiten des Gesprächs mit Gott nehmen, die notwendig sind, um unser Leben und Arbeiten aus seiner Perspektive zu sehen, damit alles wieder ins rechte Lot kommt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne Sommer- und Urlaubszeit.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 28 / 2010 - 15. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Ein Reisender wurde von Räubern brutal niedergeschlagen, ausgeraubt und schwer verletzt in der sengenden Wüstensonne halbtot liegen gelassen. Hintereinander kamen zwei scheinbar fromme Männer am Ort des Geschehens vorbei. Sie sahen den Verletzten, gingen jedoch davon unberührt weiter, ohne sich um den Schwerverletzten zu kümmern.

Danach kam jemand vorbei, der als einer aus Samarien zu Unrecht als unfrommer Außenseiter galt. Als er den Ausgeraubten sah, empfand „er Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie“ (Lukasevangelium, 10, 33f). Diese Erzählung gehört als Gleichnis vom barmherzigen Samariter mit zu den bekannten und sprichwörtlich gewordenen Lehrgeschichten, mit denen Jesus seinen Zuhörern etwas erklären möchte.

Ein Gesetzeslehrer hatte um Auskunft gebeten, wie man das ewige Leben gewinnt. Jesus verwies ihn auf das doppelte Gebot: ‚Gott mit ganzem Herzen und aus ganzer Seele lieben, und den Nächsten wie sich selbst.’

Der Gesetzeslehrer gab sich damit noch nicht zufrieden. „Wer ist mein Nächster?", wollte er wissen.

Hier geht es um ein bekanntes Phänomen. Nicht nur Prominente, die schon gerne einmal Gutes tun und dann auch möglichst viel darüber reden und berichten lassen, sondern auch „Normalsterblichen“ widerfährt es leicht: Durch Gefühle des Mitleids und der Anteilnahme bewegt setzt man sich in Wort und Tat ein für die Ärmsten der Armen. Aber in der eigenen Familie, im Kreis derer, mit denen man zusammen lebt, kommt man nicht so gut zurecht. Das fällt es einem merkwürdigerweise schwer, seinen Nächsten heute, morgen, übermorgen und alle Tage aus ganzem Herzen zu lieben.

Da gibt es einen Zusammenhang mit jener scheinbar frommen Frau, die bekennt: „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie heiß und innig ich alle Menschen liebe und wie sehr mich jedes Unrecht zu Tränen rührt. …

Aber meine Nachbarin: Das ist eine ganz unmögliche, unausstehliche Frau. Wenn ich die schon sehe .…“

Mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter erklärt Jesus, dass jeder einem der Nächste ist. Auch die Nachbarin. Diese gewöhnlich sogar noch mehr als all die Armen, die man nur über Fernsehen und Nachrichten kennt. Diese Art von Mitgefühl kostet einen nichts. Sie ist nicht gerade anspruchsvoll.

Von der heiligen Therese von Lisieux wird folgendes erzählt. Eine ältere Mitschwester aus ihrem Kloster besaß einen äußerst schwierigen Charakter. Sie wurde von allen anderen gemieden. Keine aus dem Frauenkloster kam mit ihr und sie kam mit keiner anderen gut zurecht. Als die blutjunge Therese das bemerkte, leistete sie der älteren Mitschwester über die Maßen oft Gesellschaft und war in ihrer Gegenwart immer besonders gut gelaunt.

Die ältere Mitschwester war darüber so verwundert, dass sie die jüngere fragte, was sie angesichts ihres verschrobenen Charakters denn so besonders an ihr fände. Die kleine Therese soll sich geschickt aus der Affäre gezogen haben. Sie wollte nur eines: Um der Liebe Jesu Christi willen auch dieser Außenseiterin als von Gott geliebtes Kind die dem Nächsten geschuldete Liebe und Zuneigung erweisen.

Tatsache ist: Bin ich gegenüber demjenigen aus meiner Nähe, bei dem es mir am schwersten fällt, in ganz besonderer Weise freundlich und zuvorkommend, dann strahle ich in meiner Umgebung auch allen anderen gegenüber eine überdurchschnittliche Sympathie aus. Dann kann Gottes Liebe in ganz besonderer Weise gegenwärtig sein.

Genau das ist im doppelten Gebot gefordert: ‚Gott mit ganzem Herzen und aus ganzer Seele lieben, und den Nächsten wie sich selbst.’ So konkret kann und sollte man es anpacken. Alles andere ist Gerede und bloßes Getue.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 27 / 2010 - 14. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freude von St. Pantaleon!

„Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus!“ Mit diesen Worten sendet der Herr zweiundsiebzig seiner Jünger „wie Schafe mitten unter die Wölfe“ in alle Städte und Ortschaften aus, in die er dann selbst gehen will. Sie sollen überall Frieden hinbringen und seine Ankunft vorbereiten.

Angesichts der anspruchsvollen Aufgabe ermutigt der Herr die Seinen: Wenn in dem Ort, zu dem sie gehen, „ein Mann des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr im wünscht, auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.“

Nach vollbrachter Mission kehrten die Zweiundsiebzig zurück und berichteten voll Freude: „Herr, sogar die Dämonen gehorchen uns, wenn wir deinen Namen aussprechen.“

Hier wird deutliche: Es ist ein großes Geschenk, sich als Mitarbeiter Gottes wissen und am Aufbau seines Reiches mitwirken zu dürfen. Jeder soll in der Welt als Jünger Jesu den Frieden ausrufen; und kein Jünger Jesu wird dies vergeblich tun. Das Bemühen als Jünger Jesu wird vom Rest der Menschheit positiv aufgenommen und so viele und gute Früchte bringen, dass man als Jünger Jesu darüber erstaunt und überrascht ist, weil man eine so gute Reaktion und Wirksamkeit selber nicht erwartet hatte.

Wo das Bemühen gegen alle Erwartungen auf Ablehnung stößt, wird kein Jünger Jesu deshalb den eigenen Frieden verlieren (s.o.). – Erklärbar ist dies alles, weil man als Jünger Jesu nicht im eigenen Namen und aus eigener Kraft sondern im Namen Gottes und mit seinem Beistand für den Frieden arbeitet.

Ein aktuelles Beispiel: Aufmerksamen Beobachtern der Fußballweltmeisterschaft wird nicht entgangen sein, dass die letzte, noch im Wettbewerb stehende Fußballnationalmannschaft des afrikanischen Kontinents, die ‚Black Stars’ aus Ghana, miteinander singt, tanzt und betet. Kaum ein Team ist so religiös wie das aus dem westafrikanischen Land Ghana. Journalisten sind beeindruckt.

Ein Reporter des amerikanischen Sportmagazin "ESPN The Magazine", Jeff Bradley, berichtete kürzlich, was er beim Besuch der ghanaischen Nationalmannschaft erlebte. Schon von weitem könne man die Freude der Spieler spüren. "Praktisch alles, was an den 'Black Stars' auffällt, ist, dass sie ein Team sind, im wahrsten Sinne des Wortes", schreibt Bradley.

Die Gemeinschaft umfasse auch das gemeinsame Gebet. "Wir lieben es, zusammen zu singen, zu tanzen und zu beten. Das bringt Freude in unsere Herzen. Das ist unser Team", sagt der Stürmer der Mannschaft, Asamoah Gyan.

Und Kapitän John Mensah sagte in einem Interview mit der deutschen Presseagentur dpa: "Wir sind Christen, und wir alle wissen, wie wichtig Gott ist. Wir respektieren alle Gott, und wir beten jedes Mal vor einem Spiel und nach einem Spiel. Wir preisen Gott für das, was er für uns getan hat." Er fügte hinzu: "Wir beten zu Gott, bevor wir aufs Spielfeld gehen." Auch nach dem Training singen sie zusammen. "Nicht immer, aber auf jeden Fall am Tag vor einem Spiel."

In einer Verkündigungssendung der evangelischen Kirche habe ich das folgende Gebet der Nationalmannschaft aus Ghana gefunden: „Herr, lass uns fair spielen. Lass unser Spiel in deinen Augen gut sein. Lass unser ganzes Leben ein faires Spiel sein, eine Augenweide für dich und die Mitmenschen. Und Herr, wenn du gnädig bist, dann lass uns gewinnen, hier im Spiel und später, wenn das Spiel und das Leben zu Ende sind. Amen.“

Uns allen wünsche ich ein schönes und gelungenes Pfarrfest, einen guten weiteren Verlauf der Fußballweltmeisterschaft … und dass auch Sie als Jünger Jesu die Ärmel hochkrempeln und ihm, dem Herrn, als Botschafter des Friedens vorausgehen. Bleiben Sie nicht nur Zuschauer, wenn andere es erfolgreich vormachen.

Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 26 / 2010 - 13. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am Samstag, dem 26. Juni jährt sich zum 35. Mal der Todestag des heiligen Josefmaria Escrivá, der als Gründer des Opus Dei weltweit bekannt und verehrt wird. Auch in Sankt Pantaleon ist zu seinen Ehren – gestiftet von der Dr. Zieseniß-Krambo-Stiftung – in der Apsis des nördlichen Seitenschiffes eine Kapelle zu seinen Ehren durch die Künstler Elmar und Klemens Hillebrand entstanden. Papst Benedikt XVI. war einer der ersten, der bei seinem Besuch in Sankt Pantaleon während des Weltjugendtages 2005 in Köln in der zu diesem Zeitpunkt gerade fertig gestellten Josefmaria-Kapelle für einen kurzen Augenblick des Gebetes und Gedenkens an diesen Heiligen hat innehalten können.

Es ist für uns in Sankt Pantaleon eine große Ehre, dass fast genau fünf Jahre später der Vertreter des römischen Pontifex, der apostolische Nuntius Erzbischof Dr. Jean-Claude Périsset, am 35 Todestag des heiligen Josefmaria zu seinen Ehren ein großes feierliches Hochamt feiern wird.

Man muss Gott wirklich dankbar für diese zwei großen Geschenke päpstlichen Besuches sein. Der Besuch von Papst Benedikt galt den Priesteramtskandidaten auf dem Weltjugendtag, was in der Presse oft übersehen und mit Blick auf das Opus Dei schief dargestellt wurde. Erst der jetzige Besuch seines Vertreters in Deutschland, des päpstlichen Nuntius, fünf Jahre später, gilt nun dem heiligen Josefmaria und seiner Gründung, dem Opus Dei.

Man muss zum zweiten Gott auch sehr dankbar für das sein, was er durch das vorbildhafte Mitwirken des Heiligen Escrivá der Kirche als Gabe und Auftrag hat schenken können. Josefmaria Escrivá hat besonders den Menschen, die aufgrund ihres familiären, beruflichen und gesellschaftlichen Engagements darüber klagen mussten, keine Zeit und Möglichkeit für ein geistliches Leben zu haben, neue Horizonte eröffnet. Er hat ihnen in Wort und Tat vermittelt, im hektischen Alltag im ständigen Bewusstsein von Gottes Gegenwart zu leben, und ihm gerade dort zu begegnen. Damit hat er die Menschen „vor der damals wie heute so häufigen Versuchung bewahren, eine Art Doppelleben zu führen: auf der einen Seite das Innenleben, der Umgang mit Gott, und auf der anderen Seite, säuberlich getrennt davon, das familiäre, berufliche und soziale Leben, ein Leben voll irdischer Kleinigkeiten.“

Diesem Dualismus hat Escrivá vom Heiligen Geist explizit gewollt und inspiriert ein klares Nein entgegengesetzt: „Es darf kein Doppelleben geben. Wenn wir Christen sein wollen, können wir diese Art von Bewusstseinsspaltung nicht mitmachen. …

Es gibt keinen anderen Weg“, hat Escrivá konkretisiert. „Entweder lernen wir, den Herrn in unserem alltäglichen Leben zu entdecken, oder wir werden ihn niemals finden. Es tut unserer Zeit not, der Materie und den ganz gewöhnlich erscheinenden Situationen ihren edlen, ursprünglichen Sinn zurückzugeben, sie in den Dienst des Reiches Gottes zu stellen und sie dadurch, dass sie zum Mittel und zur Gelegenheit unserer ständigen Begegnung mit Jesus Christus werden, zu vergeistigen.“

Soweit zur Kernbotschaft dieses bedeutenden und außergewöhnlich sympathischen Heiligen. Dann noch in eigener Sache zum Pfarrfest am Sonntag, dem 4. Juli: Bitte haben Sie vor Augen, dass an diesem Sonntagvormittag nur eine einzige Hl. Messe und zudem schon um 9.30 Uhr gefeiert wird. Zur anschließenden Pfarrprozession lade ich Sei alle herzlich ein und bitte die Anwohner um ein Zeichen der Sympathie gegenüber dem eucharistischen Herrn in der Monstranz: Eine Kerze im Fenster, eine kleine Figur oder eine kleines Altärchen o.ä.

Der Prozessionsweg verläuft in diesem Jahr wie folgt: Von der Kirche zur 1. Station in der Katholischen Grundschule „Trierer Straße“; dann über die Straßen „Am Pantaleonsberg“, „Vor den Siebenburgen“, „Am Trutzenberg“, „Martinsfeld“, “Heinrichstraße“, „Steinstraße“, „Schnurgasse“ zur 2. Station in der Kirche Maria im Frieden (Karmel). Von dort über die Straßen „Vor den Siebenburgen“, „Am Pantaleonsberg“ und „durch den Torbogen Am Weidenbach“ wieder zurück in die Kirche.


Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 25 / 2010 - 12. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Am Mittwoch, dem 16. Juni, wurde der Raum hinter dem Hochaltar nach aufwendigen und mit hoher Sachkompetenz durchgeführten Restaurationsarbeiten erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Was ist das für ein Raum? – Ich möchte es Ihnen kurz wie folgt erklären.

Der Nachkriegs-Wiederaufbau von St. Pantaleon ließ verschiedene Bereiche notgedrungen unberücksichtigt; unter anderem den Bereich hinter dem Hochaltar. Viele Jahre war dieser Raum zweckentfremdet Abstell-, fast schon eine Rumpelkammer; was der ursprünglichen Bedeutung dieses Ortes natürlich überhaupt nicht entsprach.

Der Bereich um den Altar ist nach ältester Tradition „heiliger Ort“ und gehört den Heiligen. Er ist Ruhestätte derer, die Großes geleistet haben: Heilige, deren sterbliche Überreste (Reliquien) hier einen Ehrenplatz erhielten.

Nur noch wenigen war bekannt, dass St. Pantaleon zwei große und kostbare Wandreliquienschränke in säulenflankierten Steinrahmen aus der Zeit der ersten barocken Chorumgestaltung unter Abt Spichernagel (1607-1640) besitzt. In Vergessenheit geraten waren auch die Nischen im Hochaltar, in denen einmal die kostbaren mittelalterlichen Reliquienschreine der Heiligen Albanus und Maurinus gestanden haben.

Der Hochaltar entstand in der zweiten Barockisierungsphase unter Abt Everhard von Schallenberg (1747-49). Die in diesem Hochaltar eingelassenen Nischen für die Schreine waren zum Kirchenschiff hin geöffnet, wurden aber nach dem Krieg durch geschickt im Barockstil übermalte Sperrholzplatten provisorisch geschlossen. Auch von der Rückseite waren sie, wie die gesamte Rückfront des Hochaltars, mit Sperrholzplatten vernagelt. Bei der Restaurierung des Umganges hinter dem Hochaltar wurden sie wiederentdeckt.

Man erkennt hier die schon in der Antike belegte, im Mittelalter intensivierte und im Barock ungebrochen weiter gepflegte Gewohnheit, die größten Schätze der Kirche, die sterblichen Überreste (Reliquien) der Heiligen, in größter Nähe zum Altar zu verehren. Mit dem nun vollständig wiederhergestellten Raum hinter dem Hochaltar ist diese Tradition bis in unsere Zeit nun fortgeführt.

Die Stelle der vor etwa 10 Jahren im Kirchenschiff aufgestellten Schreine der Heiligen Albanus und Maurinus, rechts und links neben dem Zelebrationsaltar unter der Orgel, füllen in den Hochaltarnischen nun zwei hölzerne Sammelreliquienschreine des frühen 17. Jahrhunderts aus der Kölner Jesuitenkircheh St. Mariä Himmelfahrt aus.

Der Umgang hinter dem Hochchor lockt mit zusätzlichen Besonderheiten. Künstlerisch hochwertig und aufwendig in Vollglasvitrinen werden hier nun kostbare Gegenstände präsentiert, die den wechselvollen Verlauf der Jahrhunderte überstanden und nicht nur wegen ihrer Einmaligkeit hohen Wert haben: Unter anderem zwei wunderschöne Vortragekreuze.

Das älteste, das sogenannte Albertuskreuz, mit eingraviertem Reliquienverzeichnis, entstand um 1170 in Köln. Das jüngere, aus dem 13. oder 14. Jahrhundert, schmückt ein mit höchster Qualität gemalter „Corpus Christi“, der in mühevoller Restaurierung hinter einem stark verkrusteten und kaum noch durchsichtigen Balsamharzfirnis wieder zum Vorschein kam.

Nach den aufwändigen Restaurierungs- und Instandsetzungsarbeiten sind dem Raum hinter dem Hochaltar seine ursprüngliche Würde und sein geheimnisvoller Glanz zurückgegeben. Alle an diesem Projekt Beteiligten haben eine Arbeit geleistet, die sich sehen lassen kann. Sie stellt einen beachtlichen Gewinn für die romanischen Kirchen Kölns und das einzigartige Kunstprofil dieser Stadt dar.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 24 / 2010 - 11. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Mit dem zu Ende gehenden Priesterjahr am Herz Jesu Fest (Freitag, 11. Juni 2010) werden die Christen wohl noch lange dunkle und beschämende Monate für die Kirche verbinden. In dem Jahr der Priester sollte die Heiligkeit der im Dienste Gottes Stehenden gestärkt und neu ins Bewusstsein gerückt werden. Herausgekommen sind für den oberflächlichen Betrachter Missstände auch unter Priestern und Bischöfen, die abscheulich und in jeder Hinsicht verwerflich sind.

Wer sich an Kindern und jungen Menschen vergreift und ihnen für den Rest ihres Lebens schwersten seelischen Schaden zufügt, für den gilt das Wort des Herrn: »Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.« (Matthäus 18,6)

Mit der nüchternen Tatsache, dass Kirche und Gesellschaft seit Menschengedenken sich gegen schwere Verbrechen immer wieder neu haben verteidigen müssen, und es Missbräuche dieser Art immer schon gegeben hat – mit Abstand am häufigsten in der eigenen Familie, darf nicht ein einziger Verbrecher entschuldigt und nicht ein einziges Opfer weniger Zuwendung, Schutz und Hilfe erfahren. Aber der nüchterne Blick auf die Wirklichkeit ist heilsam und bewahrt davor, den Missbrauch für etwas ganz anderes, etwa für eine verlogene und böswillige Kritik an der Kirche zu missbrauchen.

Gibt es denn jemanden, der ein wirksameres Rezept als die Kirche gegen die Versuchung hat, sich von den Neigungen der gebrechlichen Natur des Menschen in sündhafter und menschenverachtender Form verleiten zu lassen? Das Rezept der Kirche ist Gott selber, der Mensch geworden ist, um uns zu sagen und vorzuleben, wie der Mensch gut und richtig ist.

Der menschgewordene Gott hat der Kirche die unverzichtbare Aufgabe anvertraut, diese Realität unter den Menschen ganz wach und lebendig zu halten. Sie tut es unter anderem mit dem Herz Jesu-Fest. Im Mittelpunkt dieses Hochfestes steht das Geheimnis des Herzens Jesu, das die Kirche durch die Jahrhunderte hindurch, seit den Anfängen des Glaubens, beschäftigt.

Wenn die Kirchenväter über dieses Geheimnis nachsinnen, dann sprechen sie von dem Durchbohrten. Damit wird unser Blick dahin gelenkt, wo sich dieses Geheimnis entbirgt und doch zugleich verbirgt, wo es sich entschlüsselt und doch zugleich verschlüsselt bleibt: auf das Kreuz, auf den Gekreuzigten mit seinem durchbohrten Herzen. Offenbar und entschlüsselt wird hier die unermessliche, unendliche, unbegreifliche Liebe Gottes, die sich nicht scheut, die Mühsal und Beschwernis eines menschlichen Lebens auf sich zu nehmen, und nicht davor zurückschreckt, Leiden, Schmach und Tod zu erdulden.

Doch zugleich bleibt diese Liebe verschlüsselt und verborgen. Denn: Wer kann sie begreifen? Wer kann begreifen, dass Gott dies tut, dass Gott sich in seinem einzigen, innigstgeliebten Sohn so sehr entäußert und erniedrigt? Ist das nicht ausgesprochene Dummheit? Muss das nicht allen vernünftig und weise denkenden Menschen töricht erscheinen? So wird ja auch Paulus von den klugen Korinthern die Torheit des Kreuzes vorgeworfen (vgl. 1 Korinther 1, 18 f).

Die Heilige Schrift bezeugt es uns genügend: Liebe ist das Geheimnis dieser unbegreiflichen Wirklichkeit von Kreuz und Tod! Liebe ist damit aber auch zugleich das Geheimnis der Wirklichkeit überhaupt.

Und diese Liebe war, ist und wird auch in Zukunft ganz die Mitte der Kirche sein. Wer etwas genauer hinblickt, den werden die schmerzlichen, notwendigen und von Gott gewollten „Enthüllungen“ (s.o.) eine ganz besondere Hilfe sein, jetzt erst recht aus dieser Mitte zu leben. Ohne diese Mitte wären die Menschen verloren und würden sich vergeblich gegen immer wieder neue und vielfältige Missbräuche zu wehren versuchen.

So ist dieses nun zu Ende gehende Priesterjahr ein Segen gewesen. In ganz unerwarteter Weise ist die von Gott gewollte Heiligkeit, besonders auch der Priester, wieder ins Zentrum gerückt.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 23 / 2010 - 10. Woche im Jahreskreis (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Am vergangenen Samstagvormittag fand im Petersdom eine ganz außergewöhnliche Veranstaltung statt: Eine eucharistische Anbetung zur Sühne für die Sünden der Priester. Darin wurde die Tragödie, die in den letzten Monaten mit Schmerzen die ganze Kirche erfüllte, vor Gott gebracht: Das Schicksal vieler Kinder, deren Vergangenheit von pädophilen Priestern „zertreten“ worden war, und die die Worte Jesu „Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran!“ verraten haben. (…)

Der eucharistischen Anbetung (…) folgte eine Betrachtung des „Staatsanwaltes“ im Vatikan für Fälle sexuellen Missbrauchs von Geistlichen, Monsignore Charles Scicluna, der offiziell verantwortlich für den Gerichtshof der Kongregation für die Glaubenslehre ist. Monsignore Scicluna fand klare Worte: „Wie viele Sünden werden in der Kirche durch Arroganz, unersättliche Gier, Missbrauch und Ungerechtigkeit derer begangen, die ihren Dienst dazu ausnutzen, Karriere zu machen, etwas darzustellen, aufgrund einer sinnlosen und erbärmlichen Ruhmsucht.“

Der maltesische Priester, der schon seit Jahren Fälle von Pädophilie und Kindesmissbrauch durch Priester untersucht und überprüft, stellte fest, dass Christus seine härtesten Worte gegen die Urheber dieser Verbrechen gebraucht. „Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde“, zitierte er Jesu Wort aus dem Markusevangelium (Mk 9, 42).

Das Kind sei „kostbar in den Augen Gottes und in den Augen eines wahren Jüngers Jesu“, betonte der Bischof während dieses Gottesdienstes am Ende des Priester-Jahres. Msgr. Scicluna prangerte an: „Wie dürr wird jedoch die Erde und wie traurig die Welt, wenn dieses so wunderbare Bild und diese heilige Ikone zertreten, zerbrochen, beschmutz, missbraucht, zerstört wird!“

Die anwesenden Gläubigen (…) erinnerte Bischof Scicluna an die Worte Jesu: „Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab“. Er deutete diese „Hand“, die man abtrennen muss, als „den lieben Freund, mit dem wir unser Leben verbringen und mit dem uns die Bande der Zuneigung, Harmonie und Solidarität verbindet. Es gibt eine Grenze in dieser Verbindung“, so Sciluna.

„Die christliche Freundschaft ist dem Gesetz Gottes unterworfen. Wenn mein Freund, mein Begleiter oder der geliebte Mensch für mich ein Anlass zur Sünde wird oder zu einem Hindernis auf meiner Pilgerreise, habe ich keine andere Wahl, entsprechend dem Maßstab des Herrn, als diese Verbindung zu trennen. Wer würde die Qual einer solchen Entscheidung leugnen?

Handelt es sich nicht um eine grausame Amputation?“, stellt der Staatsanwalt des Vatikans zur Frage. „Der Herr spricht jedoch eindeutig: Es ist besser für mich allein ins Reich Gottes zu kommen (ohne eine Hand, ohne ein Auge, ohne einen Fuß), als mit meinem Freund »in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer«.“

Angesichts der schwierigen Situation der Kirche in dieser Zeit schloss der Bischof mit der Bitte aus der Messbuch: „Herr Jesus Christus, du hast den Apostel gesagt: »Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.« Schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche, und schenke ihr nach deinem Wort Einheit und Frieden.“

Diesen vom Nachrichtendienst „Zenit“ wörtlich übernommen Bericht möchte ich Ihnen zum Ende des „Jahres der Priester“ mit auf den Weg geben. Dass es gerade Kinder als Opfer und diese unsäglichen Verbrechen sind, mit denen wir in diesem Priesterjahr konfrontiert wurden, ist für mich nur als vom Heiligen Geist ausdrücklich so gewollt und zugelassen zu verstehen, damit wir alle – jeder in seiner Weise – dem Leitwort dieses Priesterjahres uneingeschränkt entsprechen: „Treue in Christus, Treue des Priesters“, und Sühne tun für jene, die es missbraucht haben.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 22 / 2010 - Dreifaltigkeitssonntag (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

In diesen Tagen wird das Glaubensleben geprägt von einer Abfolge größerer Feste, die nachvollziehen lassen, in welch intensiver Weise Gott zum Heil der Menschen da ist. Auf das Fest der Auferstehung folgt der Tag der Himmelfahrt, an dem unser Herr Jesus Christus das gesamte irdische Leben gewissermaßen erneut in die Höhen des Himmels hebt und dabei die Erde wieder mit dem Himmel verbindet.

10 Tage später feiert die Kirche mit dem Pfingstfest das endgültige Herabsteigen Gottes von den Höhen des Himmels hinunter zur Erde. Damit stellt Gott sicher, dass die Verbindung zwischen Himmel und Erde, wie auch umgekehrt, nicht noch einmal hoffnungslos verloren geht.

Von daher ist es konsequent, dass die Kirche am Sonntag nach Pfingsten das Fest der Dreifaltigkeit feiert. Denn „das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens ist das Mysterium der heiligsten Dreifaltigkeit.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Kompendium, Nummer 44).

Von klein an ist zwar allen Christen das Geheimnis der Dreifaltigkeit irgendwie bewusst – wenn Christen beten, beginnen sie meist mit dem Kreuzzeichen und bekennen dabei ihren Glauben an den dreifaltigen Gott: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ –, aber zugleich ist die Bedeutung dieses zentralen Geheimnisses des christlichen Glaubens und Lebens vielen so gut wie kaum bekannt.

Das liegt primär am Geheimnischarakter, zum anderen aber auch an einer bedauerlichen religiösen Unwissenheit.

In der Dreifaltigkeit offenbart sich der eine und einzige Gott als personales Wesen in drei Personen. Dieser dreipersonaler Gott ist eine einzige und innige Gemeinschaft, die zeitlos und damit ewig ist. Der immerwährende und ewige Austausch der drei Personen in dem einen und einzigen Gott spiegelt sich wider in dem auf Gemeinschaft hin geschaffenen Menschen.

In besonderer Weise ist die Familie Abbild der göttlichen Dreifaltigkeit. Von daher ist sie in der Natur des Menschen vorgegeben und nicht beliebig. Familie ist die Verbindung eines Mannes mit einer Frau und ihren gemeinsamen Kindern. Alles andere ist nicht wirklich Familie.

Zu diesem Zusammenhang zwischen dem Urbild der Dreifaltigkeit als himmlische Personengemeinschaft und ihrem Abbild in der irdischen Familie kennt die christliche Kunst die Darstellung der Dreifaltigkeit im Himmel und der „Dreifaltigkeit auf Erden“, die in der Heiligen Familie zugleich Vorbild aller Familien ist.

Dargestellt wird in vertikaler Linie, wie auf dem Bild der Pfarrnachrichten erkennbar, der Vater, der Heilige Geist und Sohn, der als der menschgewordene Jesus Christus eine Doppelfunktion als Bindeglied ausfüllt. Jesus Christus verbindet die himmlische Dreifaltigkeit als Urbild mit der irdischen Dreifaltigkeit als ihr erstes und schönstes Abbild in der Heiligen Familie.

Damit zeigt sich zugleich die Bedeutung des zentralen Geheimnisses des christlichen Glaubens und Lebens: Die Dreifaltigkeit ist der Ursprung und zugleich das Ziel jeder menschlichen Gemeinschaft, die auf die Familie zurückgeht. Vieles wäre hierzu noch zu sagen.

Auf das Hochfest der Dreifaltigkeit folgt das Fest Fronleichnam, das aus einer Perspektive die besondere Gegenwart unseres Gottes unter der Gestalt des Brotes als Stärkung und Nahrung für uns in den Mittelpunkt rückt. Auch hierzu wäre noch so vieles zu sagen.

Von Herzen lade ich Sie dazu ein, am Fronleichnamstag nach der Hl. Messe um 9:30 Uhr gemeinsam mit uns zum Roncalliplatz, und von dort aus in der zentralen Fronleichnamspression mit zu gehen. Darüber hinaus wünsche ich Ihnen Kraft, Trost und Zuversicht; denn Gott ist uns wirklich überaus nahe und zugleich als unsere Orientierung immer ansprechbar.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 21 / 2010 - Pfingstwoche (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Eines der biblischen Symbole für den Heiligen Geist ist das Feuer. In dieser Gestalt kam er am Pfingsttag auf die Apostel herab. „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder“, so berichtet von jenem Ereignis die Apostelgeschichte (2,3).

Feuer ist ambivalent. Es bewirkt sowohl Gutes wie auch Böses. Es kann Leben erhalten und erretten wie auch vernichten und zerstören. Schon in manchen Redewendungen wird das deutlich: „In Liebe entbrennen“; „Feuer und Flamme sein“; „Feuertaufe“ wie auch „mit dem Feuer spielen“; „Feuer gefangen haben“; „sich die Finger verbrennen“ usw. Auch manche Begriffe werden in beiderlei Richtung mit Feuer in Verbindung gebracht: „Begeisterung“, „Liebe“, „Hass“, „Zorn“, „Leiden“, „Läuterung“, „Reinheit“ usw.

Das Evangelium Jesu Christi verkündet die Erlösung. Erlösung ermöglicht, dass der Mensch aus seiner Ambivalenz herausfindet und von ihr befreit wird. Jeder Mensch weiß sehr gut, dass er sowohl Gutes wie auch Böses tun kann. Wer sich Gott anvertraut, der spürt immer mehr eine Kraft, eine göttliche Kraft in sich, aus der heraus er sich dem Böse ab- und dem Guten immer endgültiger zuwenden kann.

So wird auch all das im Menschen, was mit Feuer in Verbindung gebracht werden kann, „erlöst“ und damit immer weniger ambivalent. Wer sich Gott anvertraut, ihm gehören möchte, sich mit Ausdauer und Gottes Kraft von der Gottlosigkeit abwendet, sich die Vater-unser-Bitte „Dein Wille geschehe“ auf die Fahnen schreibt, der lässt sich ein auf einen Prozess geheimnisvoller und doch zugleich wirklicher und spürbarer Reinigung und Läuterung. Er nimmt wahr und erfährt, wie seine Leidenschaften immer eindeutiger werden im Guten und immer geringer in ihrer Zweideutigkeit.

Auch hier gibt uns die Bibel ein wundervolles Bild an die Hand. Im Alten Testament, im Buch Exodus (3,1 ff), wird Mose von einem Dornenbusch in Bann gezogen, der „brannte und doch nicht verbrannte.“ In diesem Dornenbusch offenbarte sich Gott. In dieser Offenbarung können wir eine Vorbereitung auf das Pfingstfest sehen. Im Bild vom brennenden Dornenbusch, der nicht verbrannte, können wir auch sehen, wie Gott den Menschen durch die Kraft seines Geistes verändert und umgestaltet: Wie er ihn erlöst.

Wer sich von Gott nicht erlösen lassen möchte, und sich damit selber zur Gottlosigkeit verdammt, wird über eine gewisse Entwicklungsstufe aus eigener Kraft nicht hinaus kommen. Er wird feststellen müssen, dass seine Leidenschaften, wofür er sich mit Feuer und Flamme eingesetzt hat, mehr Schutt und Asche hinterlassen, als ihm lieb ist.

Nur in und mit der Kraft Gottes vermag der Mensch „zu brennen ohne zu verbrennen“; zu entzünden ohne zu verletzen; Feuer und Flamme ohne Schutt und Asche zu sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes und gnadenreiches Pfingstfest.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 20 / 2010 - 7. Osterwoche (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Im Monat Mai loben und verehren die katholischen Christen in besonderer Weise die Gottesmutter und Jungfrau Maria. Weithin sichtbar schmücken sie vielfältig ihre Mariendarstellungen. Dabei sind Blumen und Blüten Symbole für Maria in ihrer Gnadenfülle. Die Gottesmutter wird verehrt als „Rose ohne Dornen“ und „schönste Blume“, wie es in einem Marienlied heißt. Schwertlilien, Anemonen und Nelken wiederum weisen auf Maria als schmerzhafte Mutter hin. Das Maiglöckchen – als beliebte Heilpflanze – steht für das Heil, das endgültig durch Maria in die Welt gekommen ist.

Schon im frühen Mittelalter stellten Künstler Maria häufig inmitten von Blumen dar. Sie sollten zudem das verloren gegangene Paradies versinnbildlichen, das uns durch Maria als Mutter Gottes nun in anderer Weise zurückgeschenkt ist. Darüber hinaus steht die im Frühling erwachende Natur mit ihrer Blütenpracht für neues Leben und Fruchtbarkeit. Auch dies ist in besonderer Weise durch Maria als der Mutter Gottes ermöglicht und Wirklichkeit geworden.

Von daher erklärt sich, dass auf der Südhalbkugel nicht der Mai, sondern der dortige Frühlingsmonat November als Marienmonat begangen wird.

Das Leben Mariens lädt dazu ein, es in der Beziehung zu ihrem Sohn zu betrachten. Viele Künstler haben das in ihren Kunstwerken getan. So wird Maria oft als junges Mädchen dargestellt: bei der Verkündigung, neben der Krippe, im Tempel. Eine ganz andere Maria begegnet uns in den Darstellungen von Leidensweg und Kreuz: eine erfahrene, reife und treue Mutter, die den Lebensweg des Sohnes bis zum Ende mitging.

Die letzte Station dieses Weges stellte Michelangelo (1475-1564) in seiner berühmten Pieta dar. Als Papst Paul VI. vor dem restaurierten Werk stand, sagte er: Hier ist Arbeit Gebet geworden.

Neben dem friedvollen Gesicht der Gottesmutter fällt dem Betrachter ihre Jugendlichkeit auf. Man fragt unwillkürlich, weshalb Michelangelo einer Mutter mit einem über dreißig Jahre alten Sohn ein so jugendliches Gesicht geben konnte.

Seinem Schüler Ascanio Condivi gab Michelangel darauf die Antwort: „Weißt du nicht, dass die keuschen Frauen sich viel frischer erhalten als die unkeuschen? Um wie viel mehr also eine Jungfrau, welche niemals auch nur der geringste wollüstige Gedanke befiel, der ihren Leib hätte entstellen können. (...) Das war bei dem Sohn nicht nötig; vielmehr eher das Gegenteil, weil zu zeigen war, dass der Sohn Gottes wirklich einen menschlichen Körper angenommen hat. (...) Darum steht's dir nicht zu, dich zu wundern, wenn mich diese Einsicht bewog, die Allerheiligste Jungfrau, die Mutter Gottes, im Vergleich zu ihrem Sohn weit jünger zu gestalten, als es jenes Alter gewöhnlich fordert, dem Sohn aber sein Alter zu lassen.”

Hier klingt eine tiefe Einsicht an: die Jugendlichkeit eines Menschen entscheidet sich in seiner Einstellung und Lebenshaltung. Dabei sind auch die Gedanken besonders wichtig. Nicht wenige Ärzte und Psychologen behaupten: „Die unheilvollste Krankheit des heutigen Menschen ist die Negativität seines Denkens. Vielen Patienten fehlt nichts außer gesunden Gedanken.”

Maria macht Mut und erwirkt von ihrem Sohn die Gnade, Gedanken und Gefühle von allem Ungesunden, Unsinnigen und Destruktiven zu reinigen und weit von sich zu weisen. Maria bezog ihre Frische daraus, dass Gott für sie alles zum Positiven gewendet hat; auch das Kreuz und alle anderen negativen Lebenserfahrung.

Alles mit den Augen Gottes sehen, das könnte ihr unausgesprochenes Lebensmotto sein. Das könnte auch unsere Regel sein, um Unausgegorenes zu klären und zu reinigen, etwa Egoismus, ungeordnete Selbstwertgefühle oder vagabundierende Sexualität.

Auch wenn wir altern, wir bleiben doch jung. Die Jugendlichkeit der Pieta des Michelangelo hat einen tiefen und schönen Sinn.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 19 / 2010 - 6. Osterwoche (C)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

An diesem 6. Ostersonntag hören wir als Evangelium einige Verse aus den sogenannten Abschiedesreden Jesu. Zwischen den Zeilen nimmt der aufmerksame Zuhörer eine gewisse Angst und Unruhe der Jünger wahr, auf die der Herr im 14. Kapitel des Evangeliums nach Johannes wie folgt antwortet:

„Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch zurück. Wenn ihr mich lieb hättet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich. Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.“

Es sind beruhigende Worte des Herrn, die vor allem auch den Grund für die Zuversicht nennen: Die Liebe.

Blind macht nur die unreife Liebe. Die gereifte Liebe hingegen macht sehend. Wenn wir dem Herrn mit wirklicher, das heißt mit gereifter Liebe verbunden sind, dann ist der Abstand zwischen uns und ihm kein Hindernis; im Gegenteil: Er hilft der Liebe reif zu werden.

Auch wenn der Sohn Gottes nicht mehr als der Mensch Jesus von Nazareth unter uns ist, sind wir keine Waisenkinder Gottes. Wir sind nicht alleine. Und auch die Kirche ist nicht alleine, mag sie auch im Laufe ihrer zweitausendjährigen Geschichte immer wieder erschüttert und bis an den Abgrund getrieben worden zu sein. Der Heilige Geist, den das Pfingstereignis bezeugt, steht den Seinen zur Seite und leistet der Kirche seinen Beistand.

„Beistand“ ist eigentlich ein zu schwacher Ausdruck. Im griechischen Original steht das Wort „parakletos“, das ist der Herbeigerufene, der hilfreiche Berater, aber auch der Handhalter, der ganz in der Nähe ist und die Hand hält, wenn es darauf ankommt. Wir kennen so etwas z.B. wenn man krank ist: Wie froh ist man dann, wenn ein lieber Mensch bei einem ist und die Hand hält!

Der Beistand, den Jesus den Seinen zusichert, nimmt sie also an die Hand, und setzt auf diese Weise Jesu Werk fort. Er bringt den Seinen die Botschaft Jesu noch näher, wie der Herr es an dieser Stelle dann auch ausdrücklich erklärt: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“

Die Himmelfahrt Jesu und seine von da an scheinbar größere Distance zu den Menschen ist Chance und Herausforderung zugleich, dass die Liebe zu ihm reift und in die Tiefe geht. Bei diesem Prozess, in dem natürlich auch der Glaube sich entfalten und in die Tiefe wachsen muss, bleibt die Herde Jesu nie ohne himmlischen Helfer, Hirten und „Handhalter“.

Jesus erklärt im dem oben genannten Evangelium auch, was der einzelne Christ dazu konkret tun soll: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“

Jesus Worte dienen dem heutigen Jünger Jesu wie eine Art Treppen-Geländer, das vor dem Absturz bewahrt und unaufdringlich nach oben führt. Dabei muss man sich am Geländer aber auch festhalten; sonst drohen Stolpern und Lebensgefahr!

Interessant dabei ist der ursprüngliche Ausdruck für „festhalten“ im Neuen Testament. Man kann diesen Vers nämlich auch so übersetzen: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort bewachen.“ – Jesus spricht also nicht von einem passiven Festhalten, sondern von einem aktiven Handeln: Damit das Wort des Herrn im alltäglichen Leben nicht verloren geht, muss jeder diesen Schatz auch aktiv bewachen und behüten.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 18 / 2010 - 5. Osterwoche (C)

Der Heilige Paulus, Mosaik aus dem 5. Jh., Ravenna

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

An diesen Sonntagen in der Osterzeit wird uns im Gottesdienst aus der Apostelgeschichte vorgetragen, wie sich das Reich Gottes durch die Glaubensstärke der Apostel und der frühen Christen beständig ausgebreitete. Die Berichte vermitteln dem Leser oder Hörer eine positive Grundstimmung und enthalten versteckte Impulse, die den christlichen Gemeinden von heute sehr gut tun.

Obwohl die christlichen Gemeinden damals ganz geringe Zahlen aufwiesen, blies ihnen der Wind einer ganz anders denkenden Umwelt wesentlich kräftiger ins Gesicht als uns heute. Materielles Wohlergehen, religiöse Vielfalt und Beliebigkeit, Individualismus und Werteverfall waren damals so überwältigend groß, dass die Kulturen der Antike daran untergegangen sind.

Unser Problem heute besteht darin, dass die Kirche in unseren Tagen nicht nur von außen infrage gestellt wird. So ist es unter anderem nicht korrekt, nur mit Blick auf Priester und Bischöfe vom „Bodenpersonal“ zu sprechen. Zum „Bodenpersonal“ der Kirche gehören schließlich alle Christen. Uneinigkeit und Beliebigkeit, gegenseitige Vorwürfe und Unwille zur Kooperation sind nur einige Aspekte, die das Licht und den Segen, die von der Kirche für die Welt ausgehen, in der Öffentlichkeit verdunkeln und trüben.

Die Berichte der Apostelgeschichte verschweigen nicht die vielen Schwierigkeiten, äußere wie innere, die auch damals bestanden. Allen zum trotz sprachen Paulus und Barnabas den anderen „Jüngern Mut zu und ermahnte sie, treu am Glauben festzuhalten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen.“ (vgl. Apostelgeschichte, 14. Kapitel, Vers 22)

Entscheidend und ausschlaggebend war eine wichtige Grundüberzeugung, welche die christlichen Gemeinden des Anfangs ganz wesentlich geprägt hat. Die frühen Christen, allen voran die Apostel, verstanden sich als Werkzeuge Gottes. Sie ließen Gott ganz bewusst durch sich handeln; was auch auf eine innige und tiefe Gottesbeziehung schließen lässt.

Darin liegt das eigentliche Mutmachende; und wenn wir so wollen, das Erfolgsrezept. Paulus und Barnabas berichteten alles, wie es in der Apostelgeschichte wörtlich heißt, „was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.“

Das Leben eines jeden, der sich Christ nennt, muss davon geprägt sein, wenn man nicht nur ein Taufscheinkatholik sein möchte.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 17 / 2010 - 4. Osterwoche (C)

Der gute Hirt – Fresko in der Priscilla-Katakombe, Rom, Ende des 3. Jh.

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Im Kommunionvers an diesem Sonntag, dem 4. in der Osterzeit, betet die Kirche: „Auferstanden ist der Gute Hirt. Er gab sein Leben für die Schafe. Er ist für seine Herde gestorben, Halleluja.“ Hier wird die Gestalt des guten Hirten angesprochen, die im Sonntags-Evange­lium im Mittelpunkt steht.

Er, Jesus, der gute Hirt hat durch sein aufopferndes Leben bis zum Tod den Schafen das Leben gerettet und wiedergeschenkt. Wir können auch sagen: Die Hingabe des guten Hirten hat Rettung und Erlösung gebracht.

Jahre später stärkt Petrus den Glauben der Christen daran. Er erinnert an die Taten Jesu und wofür er gelitten hat (1 Petr 2,24-25): „Durch seine Wunden seid ihr geheilt. Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber seid ihr heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen.“

Ganz ähnlich betet die Kirche auch heute, und erinnert damit zugleich die Gläubigen unserer Tage an das bis zum Ende der Zeit fortdauernde segensreiche Tun des guten Hirten: Allmächtiger, ewiger Gott, dein Sohn ist der Kirche siegreich vorausgegangen als der Gute Hirt. Geleite auch die Herde, für die er sein Leben dahingab, aus aller Not zur ewigen Freude. (Tagesgebet vom 4. Sonntag)

Aus den ersten christlichen Jahrhunderten sind uns vor allem in Fresken und Mosaiken zahlreiche Darstellungen vom guten Hirten überliefert. Sie veranschaulichen die barmherzige Güte des menschgewordenen Gottes, der die Seinen nicht im Stich lässt. Darüber hinaus können und sollen diese Darstellungen auch Assoziationen mit Blick auf diejenigen wecken, die im Auftrag Gottes das Hirtenamt vor Christus ausübten, und nach Christus in anderer Form weiterhin ausüben.

Im Alten Testament ist Mose der Hirt der Herde Gottes (vgl. Jes 63,11), und David wird von Gott von seinen Schafen weggeholt, um das Volk Israel zu weiden (vgl. Ps 78(77),70 ff). Aber auch Gott selber ist der Hirte Israels (Ps 80(79),2), der das zerstreute und versprengte Volk wieder sammelt. Alle Verheißungen und Erwartungen an den vollkommenen Hirten, die im Alten Testament anklingen, erfüllen sich im Neuen Testament in der Gestalt Jesu.

Vor allem im Johannes-Evangelium erkennen wir neue Züge. Jesus ist keine Herrschergestalt, wie der messianische König es ist. Er ist der gute Hirt, der sein Leben für die Schafe hingibt und Hirten einsetzt, damit diese sein Werk weiterführen. Im Gegensatz zum Mietling, der im Augenblick der Gefahr die Schafe im Stich lässt, um sein eigenes Leben zu retten, setzt Jesus sein Leben für die Schafe ein und zeigt damit, dass sie seine Schafe sind.

Damit ist nicht ein materielles Eigentumsverhältnis gemeint. Hier geht es vielmehr um ein wechselseitiges Verhältnis zwischen Hirt und Herde. Dieses Verhältnis wird durch zusätzliche Bilder vom Rufen des Hirten und dem Hören bzw. Kennen seiner Stimme durch die Schafe als sehr innig beschreiben. Jesus ist der eine und – wie es im 1. Petrusbrief (5,4) heißt – der oberste Hirt.

Jesus Christus wiederum, der eine und oberste Hirt, hat weiter Hirten eingesetzt, die in seinem Namen sprechen und handeln und ihn dabei auf eine ganz besondere Weise nicht nur vertreten sondern auch gegenwärtig machen. Nach katholischem Glauben wird das Priesteramt (= das Amt des [guten] Hirten) durch ein besonderes Sakrament übertragen. Dieses zeichnet die Priester, und in einem noch umfassenderen Maß die Bischöfe und den Papst aus und prägt als „Salbung des Heiligen Geistes“ dem zum Priester Geweihten ein unauslöschbares „Prägemal“ ein.

Durch diese „Besiegelung“ ist der Priester, und noch umfassender der Bischof, Christus gleichförmig, so dass er beim Verkünden und der kirchentreuen Auslegen des Evangeliums wie beim Spenden der Sakramente „in der Person Christi des Hauptes“ handelt.

Auch wenn diese Tatsache durch Priester und Bischöfe, die sich des sehr großen und verabscheuungswürdigen Verbrechens von sexuellem Kindesmissbrauch schuldig gemacht haben, in der oberflächlichen Wahrnehmung fast gänzlich verdunkelt wird, bleibt sie im Kern davon unberührt und darf deshalb im gläubigen wie auch – mit Blick auf religiöse Toleranz – im öffentlichen Bewusstsein nicht verdrängt oder gar geächtet werden.

„Die Mächte der Unterwelt werden sie (die Kirche) nicht überwältigen.“ (Mt 16,18). Die Missbrauchsfälle, und dass es dazu kommen konnte, sind ein Signal für sehr sehr viele, die Schuld ihrer Gottvergessenheit und ihre Gottlosigkeit zu er- und zu bekennen und umzukehren.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 16 / 2010 - 3. Osterwoche (C)

Der nachösterliche Fischfang - Konrad Witz (+1444)

Ostern und Auferstehung waren vorbei. Nun hatte der Alltag die übriggebliebenen Jünger wieder fest im Griff. Sieben der Jünger waren in der Nähe der Stadt Tiberias am See Genesareth zusammen und wussten nicht so recht, wie es nun weitergehen sollte. Es ist der Evangelist Johannes, der uns davon berichtet (vgl. Joh. 21,1 ff).

Petrus als temperamentvolle und ungeduldige Führernatur hielt die Ungewissheit eines Abends nicht mehr aus: „Ich gehe fischen.“ Ohne Diskussion stimmten alle zu, und fuhren mit hinaus auf den See. „Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.“

Wenn sie doch wenigstens einen ganz kleinen Fang gemacht hätten! … Aber sie fingen nichts. Gar nichts! … Umsonst hatten sie sich abgeplagt! Sie standen mit leeren Händen da. Was haben sie bloß falsch gemacht?

Die Frage des Auferstandenen, den sie wieder einmal nicht erkannten, brachte sie in zusätzliche Verlegenheit: „Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen?“ Bei Ihrer Antwort: „Nein“ hört man es förmlich knistern. Es ist zugleich Eingeständnis des eigenen Unvermögens und der Unfähigkeit, einen hungrigen Fremden zu sättigen.

Wie schon einmal, als sie drei Jahre zuvor Jesus zum ersten Mal begegneten, lassen sie sich ein auf die sonderbare Aufforderung: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen.“

Fischfang bei Tag – das hat noch nie funktioniert! Eine solche Aufforderung ist so abwegig wie die Anweisung, beim Bau eines Hauses mit dem Dach anzufangen!

Dann aber war der Fang so überwältigend groß, dass sie wie vor drei Jahren Schwierigkeiten hatten, das Netz einzuholen. Da gingen ihnen die Augen auf. Sie erkannten die „Handschrift“ des Herrn. Wieder einmal zeigte sich Petrus, wie wir ihn kennen: In Ufernähe angekommen, konnte er es nicht abwarten. Er sprang in den See, um schneller beim Herrn zu sein!

Als sie an Land gingen, wartete die nächste Überraschung auf sie: Jesus hatte ein Feuer gemacht, und über den Flammen garten Fisch und frisches Brot. Da wird ihnen die wunderbare Brotvermehrung wieder in den Sinn gekommen sein.

Der überraschende Gastgeber ist der Herr selber!

Wie lange brauchen auch wir, um zu verstehen, wenn das Netz des eigenen Lebens manchmal so leer oder nur mit so wenig gefüllt zu sein scheint; wenn man scheinbar mit leeren Händen da steht, obwohl man sich doch so bemüht hat!

Damals haben die Jünger für sich gelernt und verstanden: Unser Wissen und Können alleine ist bei weitem nicht alles! Wer auf den Herrn hört, sich ihm anvertraut und auf sein Wort baut, nur der wird reich beschenkt. Er geht ganz gewiss nicht mehr leer aus.

Nicht wie man selber, sondern wie Gott denkt und lenkt, sollen wir leben: „Dein Wille geschehe!“

Das Netz der Jünger war mit 153 großen Fischen gefüllt. Eine symbolische Zahl. Sie ergibt sich aus 3 x 3 x 17, was in der Zahlensymbolik der Bibel Vollkommenheit bedeutet. Darüber hinaus nahm man damals an, es gäbe 153 verschiedene Völker auf der Erde. Damit also sagt der Herr seinen Jüngern, die bis dahin ja nur arme Fischer waren, dass der Missionsauftrag, allen Völkern das Evangelium zu verkünden, sie dann nicht überfordern wird, wenn sie sich getreu an sein Wort halten. Dann würden die Netze wirklich voll werden.

Halten auch wir uns daran.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 15 / 2010 - 2. Osterwoche (C)

"Großer Gott, du offenbarst deine Macht vor allem im Erbarmen und im Verschonen" betet die Kirche in ihren liturgischen Texten (Tagesgebet vom 26. Sonntag im Jahreskreis). Und im Gebet nach dem Te deum bete sie: "Großer Gott, dein Erbarmen und deine Güte sind unerschöpflich."

Papst Johannes Paul II. war es ein großes, durch den Heilige Geist bewirktes Anliegen, das unerschöpfliche Erbarmen Gottes tief in die Herzen der Gläubigen einzusenken. So hat er bestimmt, Gottes Barmherzigkeit am zweiten Sonntag der Osterzeit besonderes zu verehren und diesem Tag die Bezeichnung zu verleihen: »Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit« (Dekret Misericors et miserator, 5. Mai 2000).

Gottes unermessliche Zuwendung leuchtet vor allem dann auf, wenn der Sünder nach der Vergebung inniger als zuvor in der väterlichen Freundschaftsliebe mit Gott leben darf, die er verdientermaßen verloren hatte.

Gott vergibt auch die schwersten Sünden und bewegt gleichzeitig den Gläubigen dazu, einen übernatürlichen, nicht nur psychologischen Schmerz über die eigenen Sünden zu verspüren. Nur so kann der Gläubige, immer mit Hilfe göttlicher Gnade, den festen Vorsatz fassen, nicht mehr zu sündigen.

Mit einer solchen inneren Haltung“, wird im genannten Dekret erklärt, „erlangt der Gläubige wirklich die Vergebung der Todsünden, wenn er das Bußsakrament fruchtbringend empfängt oder sie in einem Akt vollkommenen Schmerzes und vollkommener Liebe bereut mit dem Vorsatz, baldmöglichst das Bußsakrament zu empfangen. Denn unser Herr Jesus Christus lehrt uns im Gleichnis des verlorenen Sohnes, dass der Sünder sein Elend vor Gott mit den Worten »Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein« (Lk 15, 18–19) bekennen und auch spüren muss, dass es Gottes Werk ist: Er »war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden« (Lk 15, 32).“

Ergänzend dazu wird im Evangelium vom zweiten Sonntag der Osterzeit, dem Barmherzigkeitssonntag, berichtet, wie Jesus seine Jünger anhauchte und zu ihnen sprach: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Joh 20, 19–23).

Wer uneingeschränkt und vorbehaltlos die mit dem Bußsakrament zuinnerst verwobene über jede Vorstellung erhabene Barmherzigkeit Gottes im Glauben nachvollzieht, der weiß sich mit Papst Johannes Paul II. im Innersten des Herzens zutiefst berührt, angesprochen und gedrängt, das Geheimnisse der göttlichen Vergebung andächtig zu feiern und seiner besonders zu gedenken.

Vor diesem Hintergrund hat die Apostolische Pönitentiarie am 29. Juni 2002 ein Dekret über mit Ablässen verbundenen Andachtsübungen zu Ehren der Göttlichen Barmherzigkeit erlassen und darin bestimmt, dass das Volk Gottes seinen Glauben an Gottes Barmherzigkeit „durch besondere Gebetstexte“ ausdrücken und sie dabei zugleich lobpreisen soll. Es sei angebracht, so das Dekret weiter, dass das Volk Gottes „nachdem es die erforderlichen Werke dankbaren Herzens vollbracht und die notwendigen Bedingungen erfüllt hat, geistlichen Gewinn aus dem Schatz der Kirche ziehen kann.“

Folgerichtig wird dann im Dekret erklärt: „Damit die Gläubigen diese Feier mit ganzem Herzen begehen, hat der Papst festgelegt, dass der vorgenannte Sonntag … mit dem vollkommenen Ablass ausgestattet wird. Das hat den Zweck, dass die Gläubigen das Geschenk des Trostes des Heiligen Geistes in höherem Maß empfangen und so eine wachsende Liebe zu Gott und zum Nächsten entfalten können und, nachdem sie selbst die Vergebung Gottes empfangen haben, ihrerseits angeregt werden, sogleich den Brüdern und Schwestern zu vergeben.“

Die Bedingungen zum Empfang des vollkommenen Ablasses werden gesondert ausgelegt. Herzlich lade ich Sie zum Erwerb des vollkommenen Ablasses ein. Diesem Anliegen dient auch die Abendandacht am Barmherzigkeitssonntag.

Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

===========================================================

Ablässe am Barmherzigkeitssonntag

Mit dem brennenden Wunsch, im christlichen Volk die Verehrung der Göttlichen Barmherzigkeit zu fördern, hat Papst Johannes Paul II. am 13. Juni 2002 folgende Ablässe gemäß der unten genannter Bedingungen gewährt:

Der vollkommene Ablass wird unter den gewohnten Bedingungen (Empfang des Bußsakraments, der heiligen Eucharistie und Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters) dem Gläubigen gewährt, der mit reinem, jeder, auch der lässlichen Sünde abgewandtem Herzen am zweiten Sonntag der Osterzeit, das heißt, dem »der Göttlichen Barmherzigkeit«, in einer Kirche oder einem Oratorium an den zu Ehren der Göttlichen Barmherzigkeit durchgeführten Andachtsübungen teilnimmt oder wenigstens vor dem Allerheiligsten Sakrament der Eucharistie – öffentlich ausgesetzt oder im Tabernakel aufbewahrt – das »Vater unser« und das »Credo« betet mit dem Zusatz einer kurzen Anrufung des Barmherzigen Herrn Jesus (z.B. »Barmherziger Jesus, ich vertraue auf dich!«)

Ein Teilablass wird dem Gläubigen gewährt, wenn er mit reuigem Herzen an den Barmherzigen Herrn Jesus eine der rechtmäßig genehmigten Anrufungen richtet.

Die Seefahrer, die ihre Pflicht im weiten Meer tun; die zahllosen Brüder und Schwestern, die durch das Unheil des Krieges, die politischen Wirrnisse, die Unbarmherzigkeit der Orte und aus anderen Gründen ihre Heimat verlassen haben; die Kranken und ihre Pfleger und alle, die aus berechtigten Gründen nicht außer Haus gehen können oder zugunsten der Gemeinschaft eine unaufschiebbare Tätigkeit ausüben, können den vollkommenen Ablass am Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit gewinnen, wenn sie unter vollständiger Abkehr von jeder Sünde, wie zuvor gesagt, und mit dem Vorsatz, baldmöglichst die drei gewohnten Bedingungen zu erfüllen, vor dem Bild Unseres Barmherzigen Herrn Jesus das »Vater unser« und das Glaubensbekenntnis beten und eine Anrufung an den Barmherzigen Herrn Jesus hinzufügen (z.B. »Barmherziger Jesus, ich vertraue auf dich«).

Sollte den Gläubigen auch das nicht möglich sein, können an demselben Tag den vollkommenen Ablass erlangen, die sich in der Absicht und Gesinnung des Herzens geistig mit denen vereinen, die in ordentlicher Weise das für den Ablass vorgeschriebene Werk erfüllen und dem Barmherzigen Gott ein Gebet und die Leiden, die Krankheit und die Beschwerlichkeiten ihres Lebens aufopfern, wobei auch sie den Vorsatz haben, baldmöglichst die für die Gewinnung des vollkommenen Ablasses vorgeschriebenen drei Bedingungen zu erfüllen.

Die Priester, die den pastoralen Dienst versehen, vor allem die Pfarrer, sollen ihre Gläubigen in der angemessensten Weise von dieser heilsamen Verfügung der Kirche unterrichten; sie sollen selbstlos und hilfsbereit deren Beichte hören und am Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit nach der Feier der heiligen Messe oder der Vesper oder während einer Andacht zu Ehren der Göttlichen Barmherzigkeit die vorgenannten Gebete mit der dem Ritus entsprechenden Würde leiten; sie sollen, gemäß dem Wort des Herrn: »Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden« (Mt 5, 7), die Gläubigen in der Katechese behutsam dazu drängen, so häufig wie möglich Werke der Barmherzigkeit zu tun und dem Beispiel und Auftrag Jesu Christi folgen, wie es in der zweiten allgemeinen Gewährung des Enchiridion Indulgentiarum angegeben ist.

Das vorliegende Dekret bleibt immer in Kraft, ungeachtet jeglicher gegenteilig lautenden Vorschrift. – Rom, beim Sitz der Apostolischen Pönitentiarie, am 29. Juni 2002, am Hochfest der hll. Apostel Petrus und Paulus 2002.

 

 

Pfarrnachrichten 14 / 2010 - 1. Osterwoche (C)

Matthias Grünewald (+ 1528), Isenheimer Altar

Was würden Sie einem Reporter im Anschluss eines Ostergottesdienstes antworten, der auf Sie zukäme, Ihnen sein Mirkofon unter die Nase hielte und Sie fragen würde: Warum feiern Sie Ostern?

Vielleicht würde Sie interessieren, was auch andere darauf antworten würden.

Aber zugunsten der Antwort eines Prominenten, des Heiligen Paulus nämlich, wollen wir darauf verzichten, hierüber weiter zu spekulieren.

Paulus antwortet auf diese Frage nämlich nicht, wie es wohl viele von uns tun würden: Wir feiern Ostern, weil Jesus von den Toten auferstanden ist. – Paulus würde dem Reporter antworten: Wir feiern Ostern, weil auch Du als Christ von den Toten auferweckt wurdest, und weil auch Du nach Ostern als neuer Mensch leben kannst und leben sollst.

Im Brief an die Römer – wir hören ihn der Osternacht – erzählt Paulus keine Geschichten von Ostern. Er erzählt nicht – wie Matthäus, Markus oder Lukas – von einem leeren Grab. Auch nichts von Engel, die Frauen an das erinnern, was der Herr schon in Galiläa vorausgesagt hatte, dass er den Sündern ausgeliefert und gekreuzigt werde und am dritten Tage auferstehe (vgl. Lk 24,7).

Ganz anders der Heilige Paulus. Er kreist immer wieder um das eine Thema: Was bedeutet Ostern, was bedeutet die Auferstehung Jesu für uns?

Paulus geht dabei so weit, dass er behauptet: Hätte die Auferweckung Jesu keine Folgen für uns, dann wäre unser ganzer Glaube sinnlos und nichtig.

In der Osternachtslesung formuliert Paulus das so: „Wir wurden mit Christus begraben durch die Taufe auf den Tod, damit wir – wie Christus auferweckt wurde – auch in dieser neuen Wirklichkeit leben“ (nach Röm 6,4).

Leben in einer neuen Wirklichkeit: Das ist nicht abgehoben! Das kann und soll der Gläubige Tag für Tag ganz unmittelbar und so lebendig erfahren, wie das im Ritus der Taufe, schon zur Zeit des Heiligen Paulus, vollzogen und zelebriert wurde.

Zu Beginn der Taufe legten die Erwachsenen ihre alten Kleider ab, und mit ihren alten Kleidern auch ihr altes Leben. Davon entledigt stiegen sie in die Taufanlage hinab und wurden für eine gewisse, meist auch längere Zeit unter Wasser getaucht. Damit wurden sie zeichenhaft, aber zugleich auch existentiell erfahrbar, in die Nähe des Todes gebracht.

Paulus sagt im Römerbrief (6,3.6): „Wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, sind auf seinen Tod getauft. Wir wissen doch: Unser alter Mensch wurde mitgekreuzigt, damit der von der Sünde beherrschte Leib vernichtet werde und wir nicht Sklaven der Sünde bleiben. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde.

Aus dieser auch längeren Zeit unter Wasser und in Todesnähe wurde der Täufling dann befreit. – „Wenn wir Christus gleich geworden sind in seinem Tod“, sagt wiederum Paulus, „dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein.“

Beim Auftauchen erlebte der Getaufte im Durch- und Aufatmen das neue Leben, das ihm in der Taufe geschenkt worden war. – „Ihr sollt euch als Menschen begreifen, die für die Sünde tot sind“, lesen wir noch einmal bei Paulus (Röm 6,11), „aber für Gott leben in Christus Jesus.“

Christen haben immer wieder erfahren, dass dies keine Theorie sondern gerade auch im Alltag lebbare Wirklichkeit ist.

So wünsche ich uns allen, dass wir beständig und ausdauernd sind in dem, was wir in der Fastenzeit und jetzt zu Ostern ganz einfach und direkt tun und aus ganzem Herzen feiern und erleben: Wir sind mit Christus gestorben und könne nun mit ihm leben.

Das ist Ostern! Und darum feiern wir Ostern.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 13 / 2010 - Karwoche (C)

Giotto di Bondone: Einzug in Jerusalem, 1304 - 1306, Fresko in der Cappella Scrovegni in Padu

Predigtauszug, Palmsonntag 2007, Papst Benedikt XVI.

In der Palmsonntagsprozession schließen wir uns der Schar seiner Jünger an, die den Herrn in festlicher Freude nach Jerusalem geleiten. Wie sie loben wir den Herrn mit lauter Stimme für all die Wunder, die wir erlebt haben. Ja, auch wir haben die Wohltaten Christi gesehen und sehen sie: Wie er Menschen dazu bringt, auf ihr eigenes bequemes Leben zu verzichten und sich ganz in den Dienst der Leidenden zu stellen; wie er Menschen den Mut gibt, der Gewalt und der Lüge zu widerstehen und der Wahrheit in der Welt Raum zu schaffen; wie er ganz im stillen Menschen bewegt, einander Gutes zu tun, Versöhnung zu schaffen, wo Hass war; Friede zu schaffen, wo Feindschaft herrschte.

Die Prozession ist zuallererst ein freudiges Bekenntnis zu Jesus Christus, in dem uns das Antlitz Gottes sichtbar geworden ist; durch den das Herz Gottes für uns offensteht. Im Lukas-Evangelium ist der Anfang der Prozession zum Teil wörtlich nach dem Krönungsritual gestaltet, mit dem – dem Buch der Könige zufolge – Salomon zum Erben von Davids Königtum bestellt wurde (1 Kön 1, 33 – 35). So ist die Palmprozession auch eine Christkönigsprozession: Wir bekennen uns zum Königtum Jesu Christi, bekennen ihn als den Davidssohn, den wahren Salomon – den König des Friedens und der Gerechtigkeit. Ihn als König anerkennen heißt: Ihn als den Wegweiser annehmen, dem wir trauen und dem wir folgen. Es heißt: Sein Wort als gültigen Maßstab für unser Leben annehmen Tag um Tag. Es bedeutet, in ihm die Autorität zu sehen, der wir uns beugen. Ihm beugen wir uns, weil seine Autorität die Autorität der Wahrheit ist.

Die Palmprozession ist – wie damals bei den Jüngern – zunächst einfach Ausdruck der Freude darüber, dass wir Jesus kennen dürfen; dass wir ihm Freunde sein dürfen; und dass er uns den Schlüssel zum Leben geschenkt hat. Diese Freude, die am Anfang steht, ist aber auch Ausdruck unseres Ja zu Jesus und unserer Bereitschaft, mit ihm zu gehen, wohin er uns führt. Der Aufruf, mit dem die Liturgie heute begonnen hat, deutet deswegen die Prozession auch als symbolische Darstellung dessen, was wir Nachfolge Christi nennen: „Bitten wir um die Gnade, ihm zu folgen“, heißt es da. Das Wort Nachfolge Christi ist eine Beschreibung des Ganzen der christlichen Existenz überhaupt. Worin besteht sie? Was heißt das praktisch „Christus nachfolgen“?

… Nachfolge ist etwas Äußerliches und zugleich etwas ganz Innerliches... Etwas Äußerliches: das Nachgehen hinter Jesus auf seinen Wanderungen durch Palästina; etwas Innerliches: die neue Orientierung der Existenz, die nicht mehr im Geschäft, im Broterwerb, im eigenen Wollen ihre Leitpunkte hat, sondern weggegeben ist an den Willen eines anderen. Ihm zur Verfügung stehen ist nun Lebensinhalt geworden. Wieviel Verzicht auf das Eigene, welche Wendung von sich selbst das für die Jünger einschloss, können wir aus einzelnen Szenen der Evangelien recht deutlich erkennen.

So wird aber auch schon sichtbar, was Nachfolge für uns bedeutet und was für uns ihr eigentliches Wesen ist: Es geht um eine innere Verwandlung der Existenz. Es geht darum, dass ich nicht mehr in mein Ich eingeschlossen bin und meine Selbstverwirklichung als meinen hauptsächlichen Lebensinhalt annehme. Es geht darum, dass ich mich frei gebe an einen anderen hin – für die Wahrheit, für die Liebe, für Gott, der mir in Jesus Christus vorausgeht und den Weg zeigt. Es geht um die Grundentscheidung, nicht Nutzen und Erwerb, Karriere und Erfolg als letztes Ziel meines Lebens anzusehen, sondern Wahrheit und Liebe als die eigentlichen Maßstäbe anzuerkennen. Es geht um die Wahl, nur für mich selber zu leben oder mich wegzugeben – an das Größere hin. Und bedenken wir dabei, dass Wahrheit und Liebe nicht abstrakte Größen sind, sondern in Jesus Christus sind sie Person. Wenn ich ihm folge, dann trete ich in den Dienst der Wahrheit und der Liebe. Mich verlierend finde ich mich.

 

Pfarrnachrichten 12 / 2010 - 5. Fastenwoche (C)

In drastischer Weise stellt Max Beckmann 1917 die Erzählung von Jesus und der Ehebrecherin dar: Die Sündern, als rothaarige, schamentblößte Prostituierte auf Knien betend dargestellt, wird von Jesus gegen die Heuchelei der sündigen Pharisäer in Schutz genommen.

Der fünfte Fastensonntag greift in der Erzählung von der Ehebrecherin das Anliegen Jesu vom vergangenen Sonntag (Gleichnis vom barmherzigen Vater und seinen zwei Söhnen) auf und führt es fort: Gott verurteilt und verstößt den Sünder nicht. Er hält seine Hand schützend über ihn So kann er umkehren und sich von seiner Sünde lossagen.

Die Erzählung von der Ehebrecherin gehört zu den eindrucksvollsten Texten des Johannesevangeliums. Unter den Bibelstellen, die Jesu Umgang mit Frauen zum Thema haben, nimmt sie einen hervorragenden Platz ein. In ihr kommt das gegenüber der jüdischen Tradition völlig neue Verhältnis Jesu zu den Frauen überzeugend zum Ausdruck. Ohne diese Geschichte würde uns etwas Wesentliches über die beispielhafte Haltung und Predigt Jesu in Wort und Tat fehlen.

Die Erzählung besteht aus zwei Teilen und hat zwei Höhepunkte.

Jesus wird von den Pharisäern mit einer „auf frischer Tat ertappten“ Ehebrecherin konfrontiert, die nach jüdischem Gesetzt zu steinigen wäre. Die Konfrontation erreicht ihren Höhepunkt in der Erwiderung Jesu: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie“ und klingt damit aus, dass „einer nach dem anderen fort ging“.

Der zweite Teil schildert die kurze, aber umso intensivere Begegnung mit der Frau, die mit dem Freispruch, mit der Lossprechung endet: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr.“

Auffallend ist, dass die Schuld des beteiligten Mannes überhaupt nicht erwähnt wird. So steht die Frau mit ihrer Sünde alleine da, ausgesetzt der öffentlichen Meinung. Die Schuld des mitverantwortlichen Mannes wird stillschweigend übergangen.

Wird der Ehebruch eines Mannes oft nicht weiterhin als Kavaliersdelikt angesehen und die Frau mit strengeren Maßstäben gemessen? Ganz abwegig ist die Tendenz, Ehebruch mit allerlei Geschwätz sogar zu legitimieren.

Die Pharisäer stellen die Frage nach der Schuldigkeit der Frau, um Jesus eine Falle zu stellen. Entscheidet er sich für ein mildes Vorgehen, stellt er sich gegen das Gesetz. Entscheidet er sich für die strikte Anwendung des Gesetzes, widerspricht er seiner Predigt von Gottes Barmherzigkeit.

Jesus durchschaut ihre Absicht. Er reagiert mit Stillschweigen und lässt sich nicht auf eine spitzfindige Diskussion ein. Gelassen und souverän „schreibt“ er mit dem Finger „auf die Erde“.

Als die Ankläger hartnäckig weiterfragen, lenkt Jesus ihre Aufmerksamkeit von der Frau weg und konfrontiert sie mit sich selber: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“ – Im Hintergrund steht der Brauch, dass die ersten Zeugen auch den ersten Stein zu werfen hatten (vgl. Lev 24,10‑16; Dtn 17,2‑7) und damit die volle Verantwortung für die Hinrichtung übernahmen. Eine derartige Verantwortung könnte aber nur übernehmen, wer selber „ohne Sünde ist.“

Dieses Wort Jesu wirkt. Er hat die Ankläger im Innersten getroffen. Einer um den anderen geht. Sie müssen anerkennen, dass sie als Sünder nicht das Recht haben, andere zu richten. Das setzt voraus, dass sie ihre eigenen Sünden anerkennen.

In den aktuellen Diskussionen um die Moral liegt hier das Problem: Die eigene Sünde wird mit dem legitimiert, was doch alle tun. Um so gnadenloser und alles Anspruchsvolle und Hohe der Moral pauschal gleich mit über Bord werfend rechnet man mit diesen Sünden und schweren Verbrechen ab, die im gegenwärtigen Trend nicht alle, aber immer noch viel zu viele begehen.

Am Ende seht die Frau Jesus in ihrer Menschlichkeit und ihrer menschlichen Schwäche, in ihrer Scham und ihrer Schuld ganz alleine gegenüber. Er stellt ihr die Schuldfrage nicht. Kein Wort der Verurteilung, auch keine Moralpredigt, sondern nur die Frage „Hat dich keiner verurteilt?“ Mit dieser Frage holt er sie aus der Verlegenheit und Unsicherheit heraus. – Die befreiende Erleichterung ist in ihrer Antwort zu spüren. „Keiner, Herr.“

Jesus entscheidet die kritische Situation der Frau durch die Worte: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige fortan nicht mehr!“

Jesus schenkt mit dieser Entscheidung der Frau ein neues Leben. – Es wird gelingen, wenn die Frau fortan Gottes Wirken in ihrem Inneren zulässt, Gott um Beistand bittet und sich aus dieser inneren Kraft heraus an seine Weisungen, seine Gebote hält.

Jesus verhält sich hier wie der barmherzige Vater mit seinen zwei Söhnen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 11 / 2010 - 4. Fastenwoche (C)

Die Gesamtschau nimmt uns als Rückenbild mit dem heimkehrenden Sohn mit hinein in die Barmherzigkeit des vergebenden Vaters. Im Hintergrund sind die Knechte und der zweite Sohn zu erkennen. - Das vergrößerte Detail zeigt die unterschiedlichen Hände des Vaters (vgl. Text).

In seinem apostolischen Schreiben über Buße und Versöhnung aus dem Jahre 1984 erläutert Papst Johannes Paul II. das Gleichnis vom verlorenen Sohn: Der barmherzige Vater „hatte den Sohn keineswegs vergessen. Im Gegenteil“, so Johannes Paul II., „er hatte ihm unverändert Liebe und Achtung bewahrt. So hatte er immer auf ihn gewartet, und so umarmt er ihn jetzt, während er zum großen Fest für denjenigen auffordert, der tot war und wieder lebt, der verloren war und wiedergefunden wurde.

Der Mensch – ein jeder Mensch – ist ein solcher verlorener Sohn: betört von der Versuchung, sich vom Vater zu trennen, um ein unabhängiges Leben zu führen; dieser Versuchung verfallen; enttäuscht von der Leere, die ihn wie ein Blendwerk verzaubert hatte; allein, entehrt, ausgenutzt, als er sich eine Welt ganz für sich allein zu schaffen versucht; auch in der Tiefe seines Elendes noch immer gequält von der Sehnsucht, zur Gemeinschaft mit dem Vater zurückzukehren. Wie der Vater im Gleichnis erspäht Gott den heimkehrenden Sohn, er umarmt ihn bei seiner Ankunft und lässt die Tafel herrichten für das Festmahl ihrer neuen Begegnung, mit dem der Vater und die Brüder die Wiederversöhnung feiern.

Was an diesem Gleichnis am meisten beeindruckt, ist die festliche und liebevolle Aufnahme, die der Vater dem heimkehrenden Sohn bereitet: ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes, der immer bereit ist zu verzeihen. Sagen wir es gleich: Die Versöhnung ist in erster Linie ein Geschenk des himmlischen Vaters.“ Soweit Papst Johannes Paul II.

Rembrandt (1606-166) hat passend hierzu in dem bekannten Bild „Die Heimkehr des verlorenen Sohnes“, das in der Eremitage von St. Petersburg zu bewundern ist, die barmherzige Versöhnung des Vaters in interessanter Weise visuell erschlossen.

Das Bild drückt das Verhältnis des Sohnes zu seinem Vater als Verhältnis des Gläubigen zu Gott aus. Durch den als Rückenfigur dargestellten Sohn fühlt der Betrachter sich in Rembrandts Bild und hierdurch in Gottes Barmherzigkeit hineingenommen und von den väterlichen Armen sanft umschlossen. Im Detail wird gut sichtbar, dass die Hände des Vaters unterschiedlich sind: Rembrand hat eine Frauen- und eine Männerhand gemalt, um die umfassende Größe und Weite des göttlichen Erbamens sichtbar zu machen.

Das Gemälde ist eine der letzten biblischen Darstellungen Rembrandts.

Johannes Paul II. lenkt im oben genannten Schreiben den Blick auch auf den zweiten Sohn: „Das Gleichnis lässt aber auch den älteren Bruder auftreten, der seinen Platz beim Festmahl verschmäht. Er wirft dem jüngeren Bruder dessen lockeres Treiben vor und dem Vater den Empfang, den dieser dem verlorenen Sohn vorbehalten habe, während es ihm selbst, immer beherrscht und fleißig und treu zum Vater und zum Hause stehend, niemals erlaubt worden sei – wie er sagt –, mit seinen Freunden ein Fest zu feiern.

Ein Zeichen, dass er die Güte des Vaters nicht versteht.

Solange dieser Bruder, von sich selbst und seinen Verdiensten allzu sehr überzeugt, eifersüchtig und verächtlich, voller Bitterkeit und Zorn, sich nicht bekehrt und mit dem Vater und dem Bruder versöhnt, ist dieses Mahl noch nicht ganz das Fest der Begegnung und des Sichwiederfindens.

Der Mensch – ein jeder Mensch –„ so Papst Johannes Paul II, „ist auch ein solcher älterer Bruder. Egoismus macht ihn eifersüchtig, lässt sein Herz hart werden, verblendet und verschließt ihn gegenüber den anderen und vor Gott. Die Güte und Barmherzigkeit des Vaters reizen und ärgern ihn; das Glück des heimgekehrten Bruders schmeckt ihm bitter. Auch in dieser Hinsicht hat der Mensch es nötig, sich zu bekehren, um sich auszusöhnen.“

Vertiefen wir uns zuerst in die Größe und Weite der entgegenkommenden Barmherzigkeit Gottes. Bekehrung und Umkehr werden daraufhin viel leichter folgen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 10 / 2010 - 3. Fastenwoche (C)

Im Sonntagsevangelium geht es um eine der ganz großen, immer wieder gestellten Fragen: Warum lässt Gott das Leid zu? Warum Erdbeben, Tsunamis, Kriege und noch Schlimmeres?

Im Sonntagsevangelium bezieht Jesus sich auf zwei Ereignisse, die aktuell zum Hauptgesprächsthema gehörten, und wieder einmal diese große Frage aufwarf: Warum wurden einige Galiläer von Pilatus umgebracht und warum wurden achtzehn Menschen von einem einstürzenden Turm erschlagen?

Warum? Das fragen wir nach jeder Katastrophe immer wieder.

Jesus erklärt seinen Zuhörern (Lukas, 13,2-5): „Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? … Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.“

Das Leid hat nach dieser Erklärung also ursächlich mit der Sünde des Menschen zu tun, ist mit ihm ursächlich verwoben. Wäre die Sünde nicht in die Welt gekommen, dann wäre das Paradies dem Menschen wohl erhalten geblieben und er hätte nicht in der Form leiden müssen, wie er das nach dem Sündenfall nun erlebt.

Damit ist die Frage nach dem „Warum?“ allerdings noch lange nicht beantwortet. Der Katechismus der Katholischen Kirche holt zu dieser Frage weiter aus und erklärt: „Jede vorschnelle Antwort auf diese ebenso bedrängende wie unvermeidliche, ebenso schmerzliche wie geheimnisvolle Frage wird unbefriedigt lassen.“ (Nr. 309)

Im Folgenden weist der Katechismus darauf hin, dass die Antwort auf diese Frage „der christliche Glaube als ganzer“ ist: „Das Gutsein der Schöpfung, das Drama der Sünde, die geduldige Liebe Gottes, der dem Menschen entgegenkommt.“ (ibid.) Die Beantwortung dieser Frage ist also in den komplexen Zusammenhängen der Schöpfung und der Freiheit des geschaffenen Menschen zu suchen, wie sie sich im Licht des Glaubens zeigen.

Der große, christliche Denker des Mittelalters, Thomas vom Aquin, hat darüber nachgedacht, dass Gott in seiner unendlichen Macht stets etwas Besseres schaffen könnte (vgl. Thomas v. A., s. th. 1,25,6). In seiner unendlichen Weisheit und Güte jedoch wollte Gott aus freiem Entschluss eine Welt erschaffen, die „auf dem Weg“ zu ihrer letzten Vollkommenheit ist. Dieses Werden bringt nach Gottes Plan mit dem Erscheinen gewisser Daseinsformen das Verschwinden anderer, mit dem Vollkommenen auch weniger Vollkommenes mit sich, mit dem Aufbau auch den Abbau in der Natur. So kommt der heilige Thomas  zu dem Schluss: Solange die Schöpfung noch nicht zur Vollendung gelangt ist, gibt es mit dem physisch Guten folglich auch das physische Übel (vgl. Thomas v. A., s. gent. 3,71).

Weitaus schlimmer ist es mit dem (moralisch) Bösen / Übel, das die mit Geist und Freiheit ausgestatten Geschöpfe verursachen. Gegenüber dem physischen Übel, etwa einem Erdbeben, ist das moralische Übel unvergleichlich schlimmer.

„Gott ist auf keine Weise, weder direkt noch indirekt, Ursache des moralischen Übels. Er lässt es jedoch zu, da er die Freiheit seines Geschöpfes achtet, und er auf geheimnisvolle Weise weiß, daraus Gutes zu ziehen.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 311)

Der heilige Augustinus erklärt das mit folgenden Worten: „Der allmächtige Gott ... könnte in seiner unendlichen Güte unmöglich irgend etwas Böses in seinen Werken dulden, wenn er nicht dermaßen allmächtig und gut wäre, dass er auch aus dem Bösen Gutes zu ziehen vermöchte“ (Augustinus, enchir. 11,3).

Das hat etwas sehr tröstliches an sich und ist zur Bewältigung von Leid und Übel sehr hilfreich. Auf diese Sichtweise hat etwa der hl. Thomas Morus kurz vor seinem Martyrium seine Tochter Margret tröstend hingewiesen: „Es kann nichts geschehen, was Gott nicht will. Was immer er aber will, so schlimm es auch scheinen mag, es ist für uns dennoch wahrhaft das Beste.“ – So ist also die Antwort auf die Frage nach dem „Warum?“ des Bösen „der christliche Glaube als ganzer.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 9 / 2010 - 2. Fastenwoche (C)

Die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor ist ein Schlüsselereignis in seinem Leben und in dem seiner Jünger. Aus diesem Grund nimmt Jesus auch drei besonders ausgesuchte Zeugen mit. Bevor sein Leidensweg beginnt, sollen sie die göttliche Herrlichkeit und Größe Jesu ganz intensiv erfahren. Sie sollen das Ziel erkennen, das der Herr durch den erlösenden Tod hindurch ansteuert. In seiner Verklärung nimmt Jesus die Auferstehung vorweg. So festigt er den Glauben der Jünger, damit sie nicht ganz verwirrt sind, wenn er leidend am Kreuz sein Leben hingibt.

Petrus erinnert an dieses Tabor-Erlebnis in seinem zweiten Brief als Augenzeuge: „Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe. Er hat von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit empfangen; denn er hörte die Stimme der erhabenen Herrlichkeit, die zu ihm sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. Diese Stimme, die vom Himmel kam, haben wir gehört, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren.“ (2 Petr 1,16-18)

Die Verklärung ruft bei den drei Aposteln zuerst ein Gefühl der Geborgenheit hervor, das dann überwechselt in Staunen und Furcht. Die Drei sind fasziniert und erschrocken zugleich. Das entspricht voll und ganz einem Erscheinen Gottes: Gott ist „mysterium fascinosum et tremendum“, ein faszinierende Geheimnis, das zugleich erzittern lässt. Diese Wirklichkeit Gottes, seine unser Fassungsvermögen weit überschreitende Majestät und Erhabenheit, ist uns heute fremd geworden. Gott wurde über Jahre verniedlicht. Für viele ist er nur noch der nette alte Herr, der dem Treiben der Menschen, wenn überhaupt, dann nur vergnüglich zuschaut.

Kaum jemand versucht noch, sich heranzutasten an die unendliche Erhabenheit Gottes, an seine majestätische Größe, Herrlichkeit und Macht, an seine absolute Heiligkeit. Daraus folgt, und es liegt in der Natur einer falschen und unzureichenden Gottesvorstellung: Verflachung und Banalisierung aller Lebensvollzüge, eine ungeheure geistige Verarmung, schließlich eine falsche Selbstsicherheit, wovor Paulus im Brief an die Philipper warnt: Viele leben als Feind des Kreuzes Christi; alles dreht sich um Essen und Trinken und irdische Vergnügen: „Ihr Gott ist der Bauch“.

Christen fasten, damit genau das nicht geschieht. Sie fasten, um frei zu bleiben – oder wieder frei zu werden – für die Erhabenheit und Größe Gottes. Die drei Jünger damals haben sie „erlebt“ und „verstanden“: Die Begegnung mit der umwerfenden Wirklichkeit Gottes, die alles Bekannte in den Schatten stellt, hat sie gerüstet für die kommende Zeit, die nicht einfach war.

Nutzen deshalb auch wir diese Fastenzeit, um uns für die Aufgaben des Lebens zu rüsten. Auch wir sollen wie die Apostel Zeugnis ablegen: Für Jesus Christus. Das ist nicht immer leicht und kostet mitunter Mut.

Jeden von uns erwarten früher oder später allerlei Leiden oder Krankheiten. Wir werden sie besser bestehen und anders mit ihnen umgehen, wenn unsere Beziehung zu Gott stimmt, wenn sie in der Vertrautheit mit Gott gefestigt wurde.

Die Verklärung lässt auch uns Mut fassen und Kraft schöpfen für die Selbstdisziplin und bewahrt vor der Verwirrung der Geister. Sie schenkt uns Zuversicht und Gewissheit, dass die Mühe um ein gutes Leben nicht vergeblich bleiben und keine Träne umsonst geweint wird: Gott hat denen Großes bereitet, die ihn lieben. (Vgl. 1 Kor 2,9)

Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 8 / 2010 - 1. Fastenwoche (C)

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei“, so haben es nicht wenige von uns in den letzten Tagen gesungen und geschunkelt. Vorbei ist die ausgelassene Fröhlichkeit, die mit dem Beginn der Fastenzeit nun übergegangen ist in die 40-tägige Zeit der Besinnung. Der Besinnung auf die Wurzeln und die Verankerung des Lebens in Gott, dem Schöpfer und Erlöser. Diese Besinnung ist nicht möglich ohne Umkehr.

Jeder Mensch kennt in sich den Geist der Auf- und Ablehnung, den „Un-Geist“ des Verneinens. Dieser Geist ist mit allen Wassern gewaschen. Heute tarnt er sich zunehmend als Geist der Bejahung, als „Un-Geist“ vermeintlichen Lebens.

Dieser Ungeist bejaht das Leben nur vordergründig. Er propagiert nicht das Verschenken sondern das Verschleudern. Er steht nicht wirklich für das Leben, sondern immer mehr nur für das Ausleben: Für ein Leben, das wie ein Strohfeuer hell aufflackert, dann aber ohne jede Wärme und Glut als kalte und fade Asche für immer verlischt.

Dieser Tendenz, von der keiner frei ist und die mit ihrem äußeren, vergänglichen Schein leicht blind macht, kann nur durch Umkehr Einhalt geboten werden. Durch notwendige Umkehr, die zugleich eine Bekehrung zur unverrückbaren Wahrheit über das Leben des Menschen ist.

Diese Wahrheit über den Menschen wird in einzigartiger Weise in Jesus Christus offenbar. Wer den Menschen und sich selber als Mensch verstehen will, muss auf Christus schauen. Nur in seinem Geheimnis, im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes klärt sich „das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf.“ (2. Vatikanische Konzil, Gaudium et spes, Nr. 22)

Gott ist Mensch geworden, um allen Menschen zu sagen und vorzuleben, wie sie als Geschöpfe Gottes richtig, wahr und gut sind. So macht Christus „dem Menschen den Menschen selbst voll kund und erschließt ihm seine höchste Berufung.“ (ibid.)

Leider steckt im Leben jedes Menschen „der Wurm drin“. Die Theologie spricht von Erbsünde. Jeder Mensch ist durchaus und in gewisser Weise auch ehrlich auf der Suche danach, wie sein Leben wirklich gelingt. Und er weiß auch, dass er dabei auf Orientierung und Hilfe angewiesen ist. Niemand kann sich alleine und aus sich selber heraus verwirklichen.

Zugleich aber hat jeder Mensch erfahren, dass er sich wiederholt getäuscht hat, falschen Idealen nachgelaufen ist und wegen seiner Begrenztheit falsche Kompromisse eingegangen ist. Bis dahin, dass er sogar ausreichend „Gründe“ gefunden hat, faule Kompromisse zu legitimieren und als richtig, wahr und gut hinzustellen.

Das ist die erbsündliche Tragik aller Menschen: Aus eigener Kraft findet kein Mensch zum dem Heil, das ihm entspricht. Um nicht zu resignieren und der Hoffnungslosigkeit zu verfallen, wird das aus eigener Kraft unerreichbare Heil sogar zum Gegner erklärt. Wie „über Nacht“, fast unbemerkt, tritt ein Pseudo-Heil an seine Stelle, das dem wirklichen nur noch in der Perversion ähnelt. Es lässt den Menschen taumeln und stürzen.

Das Heil findet er nur in Jesus Christus. Dafür muss er Christus aber annehmen, und sich abwenden von der tragischen Verstrickung in sich selber. Das ist Umkehr und Bekehrung.

Im Kreuzwegbild der ersten Station – 1933 von Professor Robert Seuffert geschaffen und neu aufgehängt im nördlichen Seitenschiff von St. Pantaleon – kommt manches davon eindrucksvoll zum Ausdruck.

Pilatus, als kleine Figur auf dem Richterstuhl sitzend rechts im Bild dargestellt, will nichts damit zu tun haben. Er weist zurück und lehnt ab. Vergeblich lässt er sein Personal kommen (links im Bild dargestellt), um sich die Hände in Unschuld zu waschen. Er ahnt und scheint zu wissen, dass er nicht nur bei diesem Urteil das Rechte verdreht und dem „Un-Geist“ vermeintlichen Lebens huldigt.

Pilatus hat seine Chance gehabt. Er hätte den wie einen majestätischen König dargestellten Christus und damit die Wahrheit über das Leben des Menschen annehmen können. Er ist beidem ja begegnet.

Jeder Mensch hat diese Chance. Du und ich, wir haben sie jetzt in dieser Fastenzeit.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 7 / 2010 - 6. Woche im Jahreskreis (C)

Im Sonntagsevangelium stehen vier Seligpreisungen vier Wehrufe gegenüber. „Selig seid ihr!“ so ruft der Herr den einen zu. Die anderen hingegen mahnt er, wenn er sagt: „Weh euch!“

„Weh euch!“ das ist in der Sprache der Hl. Schrift der Beginn einer Totenklage. – Mit den Wehrufen erklärt der Herr somit jene für tot, die reich und satt sind, die lachen und allen sympathisch sind! Also gerade die, die in unseren Augen das Glück scheinbar auf ihrer Seite haben.

Denen gegenüber stehen die Armen, die Hungernden, die Weinenden, die Ausgestoßenen. Die nennt der Herr selig. Also jene, die vom Leben scheinbar nichts haben und zu kurz kommen.

Selig ist in der Sprache der Bibel jedoch nicht mit „glücklich“ gleichzusetzen. Selig drückt vielmehr die Nähe zu Gott aus. Somit sind jener selig, der Gott nahe sind.

Gott nahe zu sein, dass muss nicht einhergehen mit irdischen Erfolgen, mit Spaß, mit Geld und Ruhm. Ein Seliger ist kein Glückspilz, dem alles zu Füssen liegt.

Die von der Kirche Selig und Heiliggesprochen waren weiß Gott nicht alle samt und sonders Glückspilze. Aber sie alle besaßen eine innere Freude und Zuversicht, eine inner Heiterkeit und Leichtigkeit mit dem Leben umzugehen, dass äußere Bedrängnis und Not ihnen letztlich nichts anhaben konnten.

Jeder einzelne ohne Ausnahme macht die Erfahrungen:

Wer alles hat, wer nur noch darauf aus ist, seine Güter immer noch weiter zu vermehren und besser zu bewahren, wer nicht genug von all dem bekommen kann, was uns diese Welt bietet, der hat Kopf und Herz nicht frei für das, was das Leben eigentlich ausmacht, der kann auch nach dem Tod nichts mehr für sich erwarten. Deshalb ruft der Herr: Weh euch, die ihr reich seid, denn ihr habt keinen Trost mehr zu erwarten

Wer sich immer anpasst, wer sein Fähnchen immer in den Wind hängt, wer nicht zu seiner Verantwortung steht, wer den anderen immer nach dem Mund redet, der wird sich irgendwann selbst in Widersprüche verwickeln. Deshalb ruft der Herr: „Weh euch, wenn euch alle Menschen loben, denn ebenso haben es eure Väter mit den falschen Propheten gemacht.“

In den Augen Jesu sind tot, die so leben, als ob es Gott, den Urheber allen Lebens nicht gäbe.

Anders verhält es sich mit denen, die der Herr selig preist: „Selig seid ihr.“ – Gemeint sind jene, die nicht auf sich und die eigene Stärke allein vertrauen. In den Augen Jesu sind sie Gott und damit dem Leben sehr nah. Und wenn das Leben sie nicht sonderlich verwöhnt, dann betrübt sei das auch nicht sonderlich. Ihre Stärke liegt im Vertrauen und Glauben an Gott.

Wer bereit ist, die Bedürftigkeit des Menschen und damit seine eigene anzuerkennen, der kann abgeben und verzichten. Der muss nicht alles haben. Der lässt sich beschenken und erwartet letztlich alles von Gott, dem Schöpfer aller Dinge. Deshalb ruft der Herr: „Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.“

Das alles gehört zum Grundbestand des christlichen Glaubens und ist denen, die ihn praktizieren, wohl bekannt.

Auf dieser Grundlage geht dann etwa die christliche Art und Weise zurück, mit einer bewundernswerten und ausgelassenen, eben nicht zügellosen, Leichtigkeit zu feiern und sich zu freuen, wie es an den Wurzen des Kölner Karnevals unverkennbar auszumachen ist.

Es lohnt sich, mit Einsatz und Anstrengung diese christlichen Wurzeln aufzuzeigen, sie zu verteidigen und einzufordern. – Es wäre doch Schade, wenn der Kölner Karneval „vor die Hunde ginge“, weil viel zu oft nur „die Sau rausgelassen wird.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 6 / 2010 - 5. Woche im Jahreskreis (C)

Der Herr schenkt in überreichem Maß. Sein Geschenk besteht darin, dass er ruft, auffordert und den Berufenen in die Verantwortung nimmt. So führt es uns das Evangelium vom 5. Sonntag im Jahreskreis vor Augen.

Simon Petrus und die beiden Söhnen des Zebedäus hatten die ganze Nacht vergeblich gefischt. Die Netze waren leer geblieben. – Als am anderen Morgen viele Menschen Jesus am Ufer des Sees bedrängten, sie wollten das Wort Gottes hören, bat er die müden und enttäuschten Fischer, ihm ihr Boot zur Verfügung zu stellen. Einige Meter vom Ufer entfernt konnten ihn dann alle sehen, hören und verstehen.

Als Jesus seine Predigt beendet hatte und die Fischer aufforderte, noch einmal die Netze auszuwerfen, obwohl das angesichts der erfolglosen Nacht nun völlig sinnlos erschien, gingen so viele Fische ins Netz, dass die Netze zu zerreißen drohten und ein zweites Boot bis zum äußersten Rand gefüllt wurde.

Petrus, der anfing zu begreifen, bat Jesus von ihm abzusehen: „Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder.“ Der Herr aber sprach ihm gut zu, forderte ihn auf und nahm ihn in eine besondere, in eine heilige Verantwortung: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen.“ – Petrus und die beiden anderen ließen sich darauf ein. „Sie zogen die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm nach“, berichtet der Evangelist.

An das rechts dargestellte Bild muss sich das Auge erst ein wenig gewöhnen, so wie der Mensch sich an seine Berufung, an die Art wie Gott ihn ruft, stetig neu gewöhnen und sich darauf einlassen muss. – Beim näheren Hinsehen erkennt man zwei Bilder, die ineinander gefügt sind.

In der Mitte des Bildes sieht man, wie die drei zukünftigen Apostel sich abmühen. Sie haben mit den drei Fischen, die ihnen ins Netzt gegangen sind, schon mehr als genug zu tun. Aber über ihnen beugt sich ein anderer hinunter, der kräftig mit anpackt und nicht nur weitere, noch viel größere Fische, sondern mit ihnen auch die drei zukünftigen Apostel „ins Boot holt“.

Es ist ein Bild der Kirche, ein Bild vom Reich Gottes, das schon mitten unter den Menschen ist.

Jesus sagt nicht „Menschen fischen“, denn das Gefischte wird am Ende in die Pfanne gehauen. Er sagt „fangen“. Das Netz, das diese „Fische“ fängt, fängt sie auf, gibt ihnen Orientierung und trägt sie durch dieses bis hin zum Ewigen Leben.

Jeder Getaufte ist nicht nur hineingenommen in dieses rettende Boot, das sich weder verliert in den Launen des irdischen Ozeans noch untergeht. Jeder Getaufte ist auch mit hineingenommen in die Verantwortung, was ihm von Gott geschenkt wurde weiterzugeben und seinen Beitrag am Fangen, am Ein- wie am Auffangen zu leisten.

Das Bild drückt es aus: Wer diese Verantwortung wie die ersten Jünger auf sich nimmt, der ist dem Herzen Jesu besonders nahe. Die durchaus mit Arbeit und Mühe verbundene Bitte des Herrn „Werft eure Netze zum Fang aus“ ist nicht auf die ersten Jünger, und auch nicht nur auf Priester und Ordensleute beschränkt. Diese Bitte ist nichts anderes als die an alle Menschen guten Willens, vor allem an jeden Getauften ergangene Berufung Gottes, die adelt und zur Mitarbeit im Weinberg des Herrn bestellt.

Man sagt: „Adel verpflichtet.“ – Es wäre dumm und schade, und man würde sich vom Herzen Gottes wieder entfernen, ließe man sich zurückfallen in die scheinbar bequemen, aber trügerischen und jeder beliebigen Strömung ausgesetzten Gewässer irdischer Niedrigkeiten. – Jeder verfügt über ein Netzt von ausreichendem Charme, von Begabung, Wertschätzung und Hochachtung seinem Nachbarn gegenüber, um ihn mit diesem Netz und dann mit Gottes Hilfe zu „fangen“ und aufzufangen, und den rechten Weg zu weisen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 5 / 2010 - 4. Woche im Jahreskreis (C)

Im letzen Pfarrbrief haben wir in einem ersten Schritt erklärt, dass die Bibel Gottes Wort im Menschen Wort ist. Dies soll in einem zweiten Schritt, spezifisch für die Evangelien, weiter erläutert werden. – Man unterscheidet drei Phasen in der Entstehungsgeschichte der Evangelien:

1. Das irdische Leben Jesu: Jesus hat selbst nichts geschrieben, nur mündlich gelehrt. Dabei wandte er vielfach eine Sprachtechnik an, die es sehr erleichterte, das Gesagte im Gedächtnis zu behalten, vor allem Bilder, Gleichnisse, rhythmische Wiederholungen sowie Parallelismen und Antithesen, z.B. „Die Ersten werden die Letzten sein, und die Letzten die Ersten.“ (Mt 20,16) Solche Sätze prägen sich ein wie markige Werbesprüche, und die Apostel, die sie häufiger hörten, brauchten sie gar nicht aufzuschreiben, sondern konnten sie ohne Mühe im Gedächtnis behalten.

2. Die mündliche Predigt der Apostel: Bald nach der Auferstehung und Himmelfahrt Jesus begannen die Apostel damit, überall von Jesus zu predigen. Sie schöpften aus ihren reichen Erfahrungen mit Jesus und erzählten das Erlebte so lebendig wie möglich, jedoch nicht in der Absicht, eine genaue historische Abfolge vom Leben Jesu zu geben. Sie betonten hingegen mal dies, mal jenes – je nach dem, was für die Hörer gerade nützlich erschien –, um ihren Glauben zu stärken. Nicht die Oberfläche der Geschehnisse war ihnen wichtig, sondern der tiefe Sinn, der dahinter steckte und den sie nach Ostern durch Gottes Gnade klar erkannt hatten. In all dem, was für den Glauben wichtig ist, waren Ihre Predigten vom Heiligen Geist gelenkt. Ob es also 4.000 oder 5.000 Männer waren, die Jesus bei der Brotvermehrung gespeist hat, oder ob es solche Wunder mehr als eines gegeben hat, ist für die Zuverlässigkeit des Evangeliums in Fragen des Glaubens unwichtig.

3. Die geschriebenen Evangelien: Ungefähr 30 Jahre nach dem Tod Jesu begannen einige Autoren, die apostolische Predigt, die auf mündlichem Weg zu ihnen gelangt war, schriftlich festzuhalten. Vermutlich gab es zu der Zeit schon einige kleinere schriftliche Sammlungen von Einzelberichten. Lukas erwähnt im Vorwort zu seinem Evangelium, dass es „viele“ waren, die es bereits unternommen haben, erste Zusammenfassungen in schriftlicher Form abzufassen. Einige dieser Berichte hat er vor sich, anderem ist er selber genauer nachgegangen, „von Grund auf“, wie er sagt, um es vom Anfang der Überlieferungskette her, d.h. von den Augenzeugen zu verifizieren. Selbstverständlich musste er für sein Werk in den literarischen Stoff selbst stark gestaltend eingreifen: durch Auswahl des Wichtigeren und Auslassung des Nebensächlichen; durch Einpassung in eine sinnvoll erscheinende Ordnung, die nicht unbedingt die chronologische sein musste; durch eine Färbung und Gewichtung nach persönlicher Vorliebe und im Hinblick auf den Leserkreis. Lukas z.B. schreibt vor allem für die Armen und Geringen, und darum liegt ihm die Herausstellung der Barmherzigkeit Gottes am Herzen, worin er  „eine gute Nachricht für die Armen“ sieht (Lk 4,18). Matthäus hingegen, da er für Judenchristen schrieb, hat viele Vorraussagen aus dem Alten Testament „eingebaut“, um zu „beweisen“, dass sie in Jesus erfüllt sind.

Solche Unterschiede zeigen, dass die Evangelien keine Geschichtsbücher in dem Sinne sind, dass sie die Vergangenheit möglichst genau zu rekonstruieren versuchen. Die Evangelien sind Glaubensbücher. Durch den Bericht über das, was Jesus gesagt und getan hat, geben sie zuverlässig seine Botschaft von der Erlösung und dem Reich Gottes weiter. Diese Botschaft ist frei von Irrtum. Dafür hat der Heilige Geist gesorgt, als die Evangelisten sie niederschreiben. – Das Bild von Rembrandt drückt deshalb viel besser als die beiden Bilder im letzen Pfarrbrief aus, wie es zu verstehen ist, dass die Bibel Gottes Wort im Menschen Wort und dass sie ganz frei von Irrtum in all dem ist, was Gott zum Heil der Menschen durch Jesus Christus geoffenbart hat: Der Heilige Geist – als Engel – inspiriert den Evangelisten: Er nimmt ihm als „Redakteur“ das eigene Tun nicht ab, garantiert aber die Irrtumslosigkeit in all dem, was zum Heil der Menschen wichtig ist.

Das Neue Testament ist in der Weltliteratur einmalig. Religiöse Tiefe und historische Zuverlässigkeit treffen hier zusammen, wie sonst nirgendwo. Als Christ muss man sich gerade mit der Bibel vor niemandem verstecken!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 4 / 2010 - 3. Woche im Jahreskreis (C)

Der Evangelist Lukas beginnt sein Evangelium mit einer interessanten Vorbemerkung. Sie macht deutlich, wozu er den Bericht über das Leben Jesu verfasst, welche Informationen er dazu eingeholt und welche Zeugen er befragt hat. So erfahren wir, wie sein Evangelium zu verstehen ist.

Die interessante Vorbemerkung ist Teil des Sonntagsevangeliums: „Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.“ (Lk 1,1-4)

Wir fragen manchmal: Sind die neutestamentlichen Berichte auch wahr? Während in früheren Zeiten hieran überhaupt kein Zweifel bestand und man eine solche Frage schon für skandalös hielt, scheint es heute von einem kritischen Geist zu zeugen, wenn man die biblischen Erzählungen ins Reich der Legende verweist. Es handle sich nicht um Geschichte, sondern nur um Geschichten.

Doch Lukas will offensichtlich nicht bloße Geschichten erzählen, so wie auch der Autor des 2. Petrusbriefes klarstellt. „Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe.“ (2 Petr 1,16) Dasselbe Wort von den Augenzeugen verwendet auch Lukas in seiner kurzen Vorbemerkung. Am Anfang der Überlieferungen, die Lukas gesammelt hat, müssen Augenzeugen stehen, damit sein Bericht auch zuverlässig und glaubwürdig ist.

Freilich ist das geschriebene Evangelium nicht ein vom Himmel gefallenes Dokument, in dem uns Wort für Wort detailgetreu berichtet wird, was Jesus gesagt und getan hat. Vielmehr ist es in einem Überlieferungsprozess entstanden.

Mit den beiden Bildern auf dieser Seite lässt sich zu diesem Überlieferungsprozess folgendes verdeutlichen: Die mittelalterliche Miniatur legt nahe, ein Engel sei vom Himmel gekommen und habe dem Evangelisten Wort für Wort das Evangelium „diktiert“. Das stimmt so nicht. Die moderne Darstellung hingegen legt nahe, die Evangelisten hätten ausschließlich wie Redakteure gearbeitet, die alle vorhandenen Erzählungen und Berichte über Jesu Leben und Wort gesammelt, zusammengefasst und dann der Reihe nach logisch und sinnvoll aufgeschrieben hätten. Das deutet Lukas ja an. Aber das alleine stimmt auch nicht.

Das Evangelium, wie die gesamte Heilige Schrift, ist sowohl Wort Gottes – was die mittelalterliche Miniatur einseitig betont – aber zugleich auch Menschenwort, nämlich das der Verfasser und Autoren der biblischen Bücher – was die moderne Karikatur einseitig betont.

Die Bibel ist beides. Sie ist das unfehlbare Wort Gottes, das alles für uns Menschen zum Heil notwendige unfehlbar enthält, das sich zugleich aber in dem begrenzten und gebrechlichen Wort der menschlichen Verfasser eingeschlossen hat, denn nur so kann es uns erreichen.

Die Bibel ist deshalb Gottes Wort im Menschen Wort. Da zeigt sich eine Parallele zu Gottes Menschwerdung in Jesus Christus: Der ewige unsterbliche und unbegrenzte Gott hat sich „eingeschlossen“ in dem der Zeit unterliegenden, und damit sterblichen und begrenzten Menschen Jesus Christus, der Gott und Mensch zugleich ist.

Wie sich das mit der Schrift als Wort Gottes im Wort der Menschen genauer verhält, erfahren sie im Pfarrbrief der kommenden Woche.

 

Pfarrnachrichten 3 / 2010 - 2. Woche im Jahreskreis (C)

Gebetsoktav für die Einheit der Christen

Vom 18. bis zum 25. Januar 2010 hält die Kirche weltweit die traditionelle jährliche Gebetsoktav für die Einheit der Christen. Sie wird seit 1908 gemeinsam vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) und der Römisch-Katholischen Kirche vorbereitet und steht in diesem Jahr unter dem Thema: „Er ist auferstanden – und ihr seid Zeugen“. Thema und Impulse wurden von den Kirchen in Schottland erarbeitet, die gleichzeitig auch das hundertjährige Jubiläum der Weltmissionskonferenz vorbereiteten, die 1910 zum Thema: „Heute Zeugnis von Christus ablegen“ stattfand.

Die Versöhnung der Christen untereinander hat im Laufe des 20. Jahrhunderts sehr unterschiedliche Formen angenommen. Die spirituelle ökumenische Bewegung hat gezeigt, wie wichtig das Gebet für die Einheit der Christen ist. Große Energie wurde auf das wissenschaftlich-theologische Gespräch verwendet, was zu zahlreichen Übereinstimmungen in Lehrfragen geführt hat. Die praktische Zusammenarbeit der Kirchen auf sozialem Gebiet hat fruchtbare Initiativen hervorgebracht. Neben diesen wichtigen Leistungen nahm die Frage der Mission eine besondere Stellung ein. Heute betrachtet man die Missionskonferenz, die 1910 in Edinburgh stattfand, als den Beginn der modernen ökumenischen Bewegung.

Zum Erbe und zur Tradition der Kirche Sankt Pantaleon gehören seit Jahren die ökumenischen Akzente, sowohl im Kontext des jährlichen Theophanu-Gedenkens (um den 15. Juni) wie auch des monatlichen Albanusgedenkens in der Abendmesse jeweils am 22igsten des Monats mit der besonderen Gebetsintention „für die Einheit der Christen in Ost und West“.

Darüber hinaus werden wir auch diesmal der Gebetsoktav für die Einheit der Christen, die alljährlich vom 18. bis 25. Januar stattfindet, in den täglich zwei Eucharistiefeiern besonderen Raum geben und uns dabei an die vom Päpstlichen Rat für die Förderung der Einheit der Christen und von der Kommission "Glaube und Verfassung" des Ökumenischen Rates der Kirchen vorbereiteten Themen und Leitgedanken halten:

  1. Tag (Montag, 18. Januar) Zeugnis durch die Feier des Lebens: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ (Lk 24, 5)
  2. Tag (Dienstag, 19. Januar) Zeugnis durch das Teilen von Lebensgeschichten: „Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“ (Lk 24, 17)
  3. Tag (Mittwoch, 20. Januar) Zeugnis durch Achtsamkeit: „Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist?“ (Lk 24, 18)
  4. Tag (Donnerstag, 21. Januar) Zeugnis durch die Feier des Glaubenserbes: „Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazareth“ (Lk 24, 19)
  5. Tag (Freitag, 22. Januar) Zeugnis im Leiden: „Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen?“ (Lk 24, 26)
  6. Tag (Samstag, 23. Januar) Zeugnis durch Treue zur Schrift: „Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?“ (Lk 24,32)
  7. Tag (Sonntag, 24. Januar) Zeugnis durch Hoffnung und Vertrauen: „Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen?“ (Lk 24,38)
  8. Tag (Montag, 25. Januar) Zeugnis durch Gastfreundschaft: „Habt ihr etwas zu essen hier?“ (Lk 24, 41)

In der römischen Basilika vom hl. Paulus vor den Mauern wird Papst Benedikt XVI. am 25. Januar, dem Fest der Bekehrung des Apostel Paulus, die Gebetswoche mit einer feierlichen Vesper beschließen, an der auch ökumenische Vertreter teilnehmen werden.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 2 / 2010 - Ende der Weihnachtszeit (C)

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Das Fest, Taufe des Herrn, das wir diesen Sonntag feiern, drückt in anderer Weise das noch einmal aus, was uns am Fest der Heiligen Drei Könige, dem Fest der Erscheinung des Herrn, vor Augen geführt wurde.

Die Weisen aus dem Morgenland brachen auf und nahmen eine beschwerliche Reise in Kauf, um dem „neugeborenen König der Juden“ (Mt 2, 2) die Ehre zu erweisen. Den Neugeborenen finden Sie jedoch nicht in einem königlichen Palast, umgeben von großer Dienerschaft und in einer prachtvollen Königswiege, sondern in einem Stall, umgeben von Tieren und Stallgeruch in deren Futterkrippe.

Durch Gottes Gnade geht Ihnen auf, wie unendlich groß dieses Königskind ist. Gott selber ist in ihm zum kleinsten unter den menschlichen Geschöpfen geworden: Ein hilfloses Kind; ganz angewiesen auf die Geborgenheit bei seiner Mutter und allen Menschen. Die Macht seiner Herrschaft ist die Liebe, die all jene anspricht, die – im Gegensatz zu Herodes – um aufrichtige Menschlichkeit bemüht bleiben.

Um die Menschlichkeit zu bewahren müssen wir zugleich die „Pietas“, die Frömmigkeit und Ehrfurcht Gott gegenüber kultivieren. Das eine geht nicht ohne das andere. Ohne Menschlichkeit verlieren wir die „Pietas“, ohne „Pietas“ die Menschlichkeit.

Das wird bei den Königen im Gegensatz zu Herodes konkret. Sie brachten Gold, Weihrauch und Myrre dar: Geschenke, die den alltäglichen Bedürfnissen nicht gerade entsprechen. In diesem Augenblick hätte die Heilige Familie bestimmt etwas anderes dringender gebraucht: Weihrauch und Myrre, und auch das Gold, konnten sie nicht unmittelbar gebrauchen.

Diese Geschenke haben einen tieferen Sinn: Sie drücken „Pietät“, Ehrfurcht und Wertschätzung aus, und in der Folge Gerechtigkeit.

In jener Zeit bedeuten die Gaben von Gold, Weihrauch und Myrre die Anerkennung einer Person als König und Gott. Mit ihren Geschenken stellen sich die Weisen unter das neugeborene Kind, dessen Göttlichkeit ihnen erschien und offenbar wurde. Ihr Kniefall ist als Akt der Unterwerfung Ausdruck ihrer Gerechtigkeit Gott gegenüber, dem wir alles verdanken.

Als Folge davon können sie nun auch den Mitmenschen in ganz neuer Weise sehen: In Ehrfurcht und Wertschätzung, durch die sich die Gerechtigkeit auch zwischen den Menschen ausdrückt. Von dieser göttlichen Begegnung im Stall an können die Weisen nicht mehr auf ihrem bisherigen Weg weitergehen. Sie können nicht mehr zu Herodes zurückkehren. Sie können nicht mehr als Verbündete gemeinsam mit einem so mächtigen und grausamen Herrscher dessen gottlose Wege gehen. Sie haben sich auf den Weg des Jesuskindes begeben und folgen fortan ihm.

Bei seiner Taufe erscheint Jesus durch die Offenbarung aus dem Himmel erneut als Sohn Gottes. Als der ganz Sündenlose reiht er sich ein in die Schar der Sünder: Aus Wertschätzung, aus Ehrfurcht und Liebe sowohl gegenüber Gottvater, dem Schöpfer aller Menschen, wie auch gegenüber dem – weil es vom ersten nicht zu trennen ist –, was in jedem Menschen trotz seiner Sünden an unzerstörbarem Rest, an wahrer Menschlichkeit bleibt und geblieben ist.

Von da an ruft Jesus auf zu Umkehr und Bekehrung, für die in der Taufe der Grund gelegt wird.

Gegenwärtig verstehen viele diese Botschaft nicht mehr, die aus dem Stall von Bethlehem und von der Taufe des Herrn an von ihm dann unmittelbar verkündet wird. Den Unverständigen fehlt die Fähigkeit, im Herzen ein Kind zu bleiben. Übersteigerte Selbstsicherheit und Eigenmächtigkeit machen nicht nur blind für all das, was von Gott kommt. Sie trüben auch die Gerechtigkeit, die Wertschätzung und Pietät Gott und dem Nächsten gegenüber.

Zu viele maßen sich gegenwärtig an, die Realität gänzlich zu kennen, und haben bereits ihr endgültiges Urteil über die Dinge gefällt. Das verschließt ihre Herzen für die Neuheiten Gottes und die individuelle Würde des Menschen. Zu viele vertrauen eher sich selbst als Gott und können nicht glauben, dass er die Größe besitzt, sich klein zu machen, um uns nah zu sein.

So fehlt es dann auch an echter Demut, sich dem unterzuordnen, was größer ist. Was fehlt, ist echter Mut, an das zu glauben, was wirklich groß ist, auch wenn es sich in einem wehrlosen Kind offenbart. Damit fehlt es auch an der typisch christgläubigen Fähigkeit, im Herzen ein Kind zu bleiben, sich zu wundern und aus sich heraus zu gehen, um dem Weg zu folgen, den der Stern von Bethlehem aufzeigt, dem Weg Gottes.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 1 / 2010 - Weihnachtszeit (C)

Orantenhaltung - Frühchristlich römische Katakombenmalerei

Liebe Mitchristen und liebe Freunde von St. Pantaleon!

Am 9. Januar begehen wir in St. Pantaleon wieder den Tag des Ewigen Gebetes. An jedem Tag des Jahres beten Gläubige in einer anderen Pfarrkirche unseres Erzbistums füreinander.

So möchte ich Ihnen weitergeben, nicht nur mit Blick auf diesen Tag, was der spätere Kardinal Franz Xaver Nguyên van Thuân nach 13 Jahren Gefangenschaft als Erzbischof, davon 9 Jahre in absoluter Einzelhaft, in vietnamesischen Gefängnissen der Kommunisten zwischen 1975 bis 1988 niedergeschrieben hat.

Er schildert unter anderem, dass seine Freude unbeschreiblich war, als es Freunden gelungen war, ihm ein kleines Medizinfläschchen mit einigen Milliliter Wein zukommen zu lassen, als Tropfen gegen Bauchschmerzen deklariert. Von da an, schreibt Bischof van Thuân, »feierte ich jeden Tag die heilige Messe in der hohlen Hand mit drei Tropfen Wein und einem Tropfen Wasser.« Die hohle Hand diente ihm als Kelch; und einige Brotreste konnte er sich immer zur Seite legen.

Alle seine Bewacher hat er durch seine Liebe, seine Freude und Zuversicht „angesteckt“, weshalb sie alle zwei Wochen ausgewechselt wurden, bis die Vorgesetzen darauf verzichteten, damit nicht alle Wachbeamten „angesteckt“ würden.

In der Gefangenschaft schrieb Van Thuân über das Gebet: »Behüte dein Geheimnis, deinen Schlüssel zum Leben: das Gebet. Niemand ist stärker als der Betende, weil der Herr versprochen hat, ihm alles zu geben, worum er bittet. Wenn ihr euch im Gebet versammelt, dann ist Gott mitten unter euch (vgl. Mt 18,20). Ich ermahne Dich inständig: außer dem „offiziellen“ Gebet sollst du täglich eine oder besser zwei Stunden dem persönlichen Gebet widmen. Das ist keine verlorene nutzlose Zeit. Auf meinem Lebensweg habe ich die Wahrheit eines Wortes von Theresia von Avila erfahren: ‚Es bedarf keiner Bemühungen des Teufels, um einen Nichtbetenden in die Hölle zu treiben. Er wird aus eigenem Antrieb hineinstürzen.’«

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt